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Ein Erfolg der Gewerkschaft der Polizei

Altersversorgung im Tarifbereich

- Keine Fristenwahrung für Widerspruch -

Berlin/Schwerin:.

Die Altersversorgung im Tarifbereich ist weiterhin in Bewegung. Die Zusatzversicherung "VBL" bleibt bei der Bonusregelung umstritten. Jedoch brauchen keine Fristen beachtet werden, um Widersprüche zum Erhalt der Bonuspunkte zu stellen. Der neuste Stand wird von uns umfangreich dargestellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Altersversorgung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst wurde mit Ablauf des 31. Dezember 2000 von der Gesamtversorgung auf ein Punktemodell umgestellt. Versorgungspunkte ergeben sich gem. § 8 Abs. 1 UA 1 ATV / ATV-K

a) für das zusatzversorgungspflichtige Entgelt,
b) für soziale Komponenten (§ 9) und
c) als Bonuspunkte (§ 19).

Die Verpflichtung zur Zuteilung von Bonuspunkten aus Überschüssen ist in den Organen der VBL zwischen Versicherten und Beteiligten streitig.

Die Regelung des § 8 ATV / ATV-K betrifft die Pflichtversicherung. Die Tarifregelung ist in das Satzungsrecht der Zusatzversorgungseinrichtungen überführt worden (vgl. §§ 68f. VBLS). Für die Geschäftsjahre 2002, 2003 und 2004 sind in der VBL und dem Vernehmen nach auch bei den Zusatzversorgungskassen keine Bonuspunkte zugeteilt worden.

Für das Geschäftsjahr 2005 hat der Verwaltungsrat der VBL am 30. November 2006 be­schlossen, Bonuspunkte in Höhe von 0,25 Prozent der bis zum 31. Dezember 2005 insge­samt erworbenen Versorgungspunkte zuzuteilen.

Die Versichertenvertreter im Verwaltungsrat der VBL haben diesem Beschluss zugestimmt. Sie vertreten jedoch weiterhin die Auffassung, dass eine Zuteilung von Bonuspunkten in Höhe von etwa 4 Prozent im Abrechnungsverband West und etwa 6 Prozent im Abrechnungsverband Ost rechtlich geboten ist. Dies entspricht den in den versicherungstechnischen Bilanzen ausgewiesenen Rückstellungen aus Überschüssen, die nach Auffassung der Versichertenvertreter nach Abzug bestimmter Aufwendungen für soziale Komponenten und Verwaltungskosten in Bonuspunkte generiert und zugeteilt werden müssen.

Versorgungspunkte und Bonuspunkte werden in den jährlich zu erstellenden Versicherungs­nachweisen ausgewiesen. Die Versicherungsnachweise können gegenüber der VBL beanstandet werden (§ 51 Abs. 2 VBLS). Gegen einen ablehnenden Bescheid ist die Klage möglich. Die Vielzahl der Beanstandungen und Klagen hat die VBL auf Initiative der Versichertenvertreter im Ver­waltungsrat nunmehr veranlasst im Internet eine Erklärung zu veröffentlichen, wonach auf die Berufung auf Fristen verzichtet wird (Anlage 1).

Nachstehend werden Einzelheiten zur Zuteilung von Bonuspunkten und zur Berechnung dargestellt, die grundsätzlich auch für die Zusatzversorgungskassen gelten. Da diese jedoch im Zustän­digkeitsbereich der Landesbezirke liegen und die versicherungstechnischen Bilanzen dort vorlie­gen, wird eine Beratung über das Vorgehen auch dort erfolgen müssen.

Einzelheiten zur Vergabe und Berechnung von Bonuspunkten
Die Vergabe von Bonuspunkten in der Pflichtversicherung ist in § 19 ATV/ATV-K geregelt. Die Zusatzversorgungseinrichtung stellt jährlich bis zum Jahresende für das vorangegangene Geschäftsjahr fest, in welchem Umfang aus verbleibenden Überschüssen Bonuspunkte vergeben werden können. Über die Vergabe von Bonuspunkten entscheidet das zuständige Gremium der Zusatzversorgungseinrichtung (VBL: Verwaltungsrat) auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars der Zusatzversorgungseinrichtung. Grundlage für die Feststellung und Entscheidung ist eine auf anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzenberuhende durch den Verantwortlichen Aktuar erstellte fiktive versicherungstechnische Bilanzfür die Verpflichtungen gegenüber den Pflichtversicherten und den beitragsfrei Versicherten mit erfüllter Wartezeit. Soweit eine Kapitaldeckung vorhanden ist, werden dabei die tatsächlich erzielten Kapitalerträge veranschlagt. Soweit keine Kapitaldeckung vorhanden ist, wird die durchschnittliche Verzinsung der zehn nach der Bilanzsumme größten Pensionskassen zugrunde gelegt (vgl. § 9 Abs. 1 ATV/ATV-K).

Ergibt die versicherungstechnische Bilanz einen Überschuss, wird dieser Überschuss um den Aufwand für soziale Komponenten nach § 9 ATV/ATV-K und um die Verwaltungskosten der Zusatzversorgungseinrichtung vermindert, gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 ATV/ATV-K nach Maßgabe des Absatzes 1 verwendet, d. h. ggf. in Bonuspunkte umgerechnet und zugeteilt. Ergibt die versicherungstechnische Bilanz eine Unterdeckung, wird diese vorgetragen (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 ATV/ATV-K).

Bevor es zu einer Verteilung des Überschusses in Form von Bonuspunkten auf die Versicherten kommen kann, wird also der Aufwand für die in § 8 ATV/ATV-K tarifvertraglich in der Altersfaktorentabelle bestimmte Verzinsung von 3,25 v. H. in der Anwartschaftsphase und 5,25 v. H., in der Rentenphase sowie die jährliche Dynamisierung der Betriebsrenten um 1 v. H. (also insgesamt die tarifvertraglich bestimmten 4 v. H.) abgezogen sowie der ebenfalls tariflich bestimmte Aufwand für soziale Komponenten und Verwaltungskosten.
Beispiel:
Wird eine durchschnittliche Verzinsung bei den 10 größten Pensionskassen von 6,5 v. H. unterstellt und setzt man als hiervon abzuziehende Beträge für die sozialen Komponenten 0,5 v. H. und Verwaltungskosten von 0,15 v. H. sowie die in dem System zugesagte Verzinsung von 4 v. H. ab, so ergibt sich ein Überschuss von 1,85 v. H. Mit diesem Überschuss können Bonuspunkte an die Versicherten weitergegeben werden (vgl. Kiefer/Langenbrinck, ATV Kommentar, Erl. 2 zu § 19 ATV).

Die fiktive versicherungstechnische Bilanz wird für die Abrechnungsverbände West und Ost getrennt aufgestellt, mit der Folge, dass die Überschussverteilung in den einzelnen Abrechnungsverbänden grundsätzlich in unterschiedlicher Höhe erfolgen kann.

Für die Erstellung der versicherungstechnischen Bilanz gelten die Versicherungs-mathematischen Grundsätze für die Bewertung der Verpflichtungen im Rahmen der versicherungstechnischen Bilanz, die in Anlage 4 zum ATV/ATV-K dargestellt sind.

Da nach Auffassung des Verantwortlichen Aktuars die fiktive Deckungsrückstellung wegen der zu geringen Verzinsung bei den 10 größten Pensionskassen (bei tatsächlicher Kapitaldeckung) nicht ausreichen würde, um die Leistungen auch künftig zu finanzieren, bildet der Aktuar auf der Passivseite der Bilanz aus den anfallenden Überschüssen Rückstellungen für Überschussverteilung.

Die durchschnittliche laufende Verzinsung der 10 größten Pensionskassen (2002: 5,46 v. H., 2003: 5,16 v. H., 2004: 5,23 %) reiche bei einer angenommenen Kapitaldeckung nicht aus, um die Leistungen zu erbringen. Erforderlich sei eine laufende Verzinsung von etwa 6,3 v. H. Gehe man durchschnittlich von einem mittleren jährlichen Überschuss in der fiktiven versicherungs­technischen Bilanz aus, so wäre für weitere fünf bis sechs Jahre das „Aufsparen“ von Überschüssen zur Abdeckung der bestehenden Finanzierungsrisiken notwendig, ehe danach mit der Verteilung darüber hinausgehender Beträge begonnen werden könne.

Für die Bildung einer Rückstellung für die Bonuspunkteverteilung in der versicherungstechnischen Bilanz in den Versorgungskonten I gibt es keine tarifvertraglichen und satzungsrechtlichen Grund­lagen. Überschüsse sind als Bonuspunkte zuzuteilen, da diese Leistung gem. § 19 Abs. 2 ATV/ATV-K zugesagt ist.

Die Regeln für die Erstellung der Versicherungstechnischen Bilanz in Kapital gedeckten Systemen können bei fiktiver Kapitaldeckung nur zur Orientierung dienen und nicht im Verhältnis 1 : 1 übertragen werden.

Eine Rückstellung von fiktiven Überschüssen für die Verteilung von Bonuspunkten verhindert die Generierung von fiktivem Kapital in reales Kapital. Diese Generierung ist aber der Sinn der tariflichen Regelung sowohl für Versorgungspunkte als auch für Überschüsse. Genauso wenig, wie es zulässig wäre Versorgungspunkte zurückzustellen, ist es zulässig Überschüsse zurückzustellen.

Die fiktiven Überschüsse würden damit, anders als von den Tarifvertragsparteien gewollt und vereinbart, nicht oder nur in geringem Umfang in reales Kapital generiert werden. Die Beteiligten (Arbeitgeber) würden dadurch doppelt begünstigt:
  1. Durch die niedrigen realen Zinserträge bei den 10 größten Pensionskassen fallen relativ geringe fiktive Überschüsse an. Es müsste also auch ohne Rückstellung relativ wenig fiktives Kapital in reales Kapital generiert werden.
  2. Die niedrigen Zinsen sollen nun aber auch der Grund dafür sein, dass für viele Jahre überhaupt keine oder nur in geringem Umfang Bonuspunkte zugeteilt werden. Weil die fiktiven Überschüsse bei echter Kapitaldeckung nach Auffassung des Verantwortlichen Aktuars nicht ausreichen würden um Bonuspunkte zuzuteilen, werden die fiktiven Überschüsse über mehrere Jahre eingefroren und verbleiben voraussichtlich als Sockel in der Bilanz, d.h. sie werden nie in echtes Kapital generiert.

Hohe Zinserträge führen in einem Kapital gedeckten System zu real existierenden Überschüssen, die an die Versicherten in Form von Bonuspunkten weitergegeben werden. Für die Beteiligten (Arbeitgeber) ist dies kostenneutral.

Hohe fiktive Zinserträge würden dagegen im umlagefinanzierten Versorgungskonto I zu hohen fiktiven Überschüssen führen, die nachdem sie in reales Kapital generiert worden sind, zu einem re­alen Finanzbedarf des Versicherungsträgers führen. Sie sind also für die Beteiligten (Arbeitgeber) nicht kostenneutral.

Diese Besonderheit der umlagefinanzierten Versorgungskonten I sind bei der Versicherungstechnischen Bilanz nicht berücksichtigt worden.

Eine Rückstellung für die Verteilung von Bonuspunkten benachteiligt überdies während des Zeit­raums der Rückstellung ausgeschiedene Beschäftigte. Diese erhalten für die in einem Zeitraum von etwa 10 Jahren anfallenden fiktiven Überschüsse keine Bonuspunkte. Da die Rückstellungen während der aktiven Beschäftigungszeit angefallen sind, sind auch die in reales Kapital zu generierenden Bonuspunkte in dieser Zeit erdient worden. Eine Verweigerung der Zuteilung der Bonuspunkte ist wegen des Entgeltcharakters bereits erdienter Anwartschaften unzulässig. Die Bonuspunkte sind deshalb für den Zeitraum zuzuteilen, in dem die Überschüsse entstanden sind.

Die Auswirkungen einer unterlassenen Zuteilung von Bonuspunkten sind in dem nachfolgenden Beispiel (I. ATV-Kommentar, Langenbrinck/Kiefer, Erl. 4 zu § 19 ATV; II. eigene Berechnungen) dargestellt. Das Beispiel orientiert sich an einem Beschäftigten im Abrechnungsverband West, der im Jahre 2001 ein Lebensalter von 28 Jahren vollendet hatte. In der Tabelle I ist die Anwartschaftsentwicklung ohne Bonuspunkte und in der Tabelle II mit einem durchschnittlichen Überschuss von 1,1 v. H. je Geschäftsjahr (wie etwa Abrechnungsverband West) dargestellt.

I. ohne Bonuspunkte
Alter (A)Entgelt (E)
1/12 Jahresentgelt
Referenzent-
gelt
(RE)
E/REAltersfaktor
(AF) gem.
§ 8 ATV
Versorgungs-punkte
(VP)
Versorguns-konto
(VK)
Anwart-
schaft
28
2500,00
1000,00
2,50
2,2
5,50
5,50
22,00
29
2550,00
1000,00
2,55
2,1
5,36
10,86
43,44
30
2601,00
1000,00
2,60
2,0
5,20
16,06
64,24
31
2653,01
1000.00
2,65
2,0
5,31
21,37
85,48
32
2706,08
1000,00
2,71
1,9
5,14
26,51
106,04
33
2760,20
1000,00
2,76
1,9
5,24
31,75
127,00
34
2815,41
1000,00
2,82
1,8
5,07
36,82
147,28
35
2871,71
1000,00
2,87
1,7
4,88
41,70
166,80
36
2929,15
1000,00
2,93
1,7
4,98
46,68
186,72
37
2987,73
1000,00
2,99
1,6
4,78
51,46
205,84
38
3047,49
1000,00
3,05
1,6
4,88
56,34
225,36
39
3108,44
1000,00
3,11
1,6
4,97
61,31
245,24
40
3170,60
1000,00
3,17
1,5
4,76
66,07
264,28


II. Überschuss für Bonuspunkte 1,1 % v. H.
Alter (A)Entgelt (E)
1/12 Jahresentgelt
Referenzent-
gelt
(RE)
E/REAltersfaktor
(AF) gem.
§ 8 ATV
Versorgungs-punkte
(VP)
Versorguns-konto
(VK)
Anwart-
schaft
28
2500,00
1000,00
2,50
2,2
5,50
5,50
22,00
29
2550,00
1000,00
2,55
2,1
5,36
10,92
43,68
30
2601,00
1000,00
2,60
2,0
5,20
16,24
64,96
31
2653,01
1000.00
2,65
2,0
5,31
21,73
86,92
32
2706,08
1000,00
2,71
1,9
5,14
27,11
108,44
33
2760,20
1000,00
2,76
1,9
5,24
32,65
130,60
34
2815,41
1000,00
2,82
1,8
5,07
38,07
152,28
35
2871,71
1000,00
2,87
1,7
4,88
43,37
173,48
36
2929,15
1000,00
2,93
1,7
4,98
48,83
195,32
37
2987,73
1000,00
2,99
1,6
4,78
54,14
216,56
38
3047,49
1000,00
3,05
1,6
4,88
59,62
238,48
39
3108,44
1000,00
3,11
1,6
4,97
65,25
261,00
40
3170,60
1000,00
3,17
1,5
4,76
70,33
281,32

Der Versorgungskontostand (VK) des Vorjahres wird um 1,1 v. H. erhöht. Zum Ergebnis hinzu addiert wer­den die Versorgungspunkte (VP) des Bilanz-Geschäftsjahres. Das Ergebnis ist der Versorgungskontostand (VK) des Bilanz-Geschäftsjahres.

Die Auflösung der Rückstellung, der 3,3 v. H. betragenden Überschüsse im Abrechnungsverband West würde für einen 39jährigen Beschäftigten mit einem berücksichtigungsfähigen Einkommen von 3108,44 Euro im Geschäftsjahr 2004 und einem Versorgungspunktestand von 56,34 zu 63,17 Versorgungspunkten und damit zu einer Zunahme des Entgeltpunktestandes um 6,83 führen. Ohne diese Bonuspunkte würde der Entgeltpunktestand lediglich auf 61, 31 (vgl. Tabelle I) zuneh­men. Der Wert eines Versorgungspunktes beträgt 4 Euro.

I. ohne Bonuspunkte
383047,491000,003,051,64,8856,34225,36
393108,441000,003,111,64,9761,31245,24

II. mit Bonuspunkten für 3,3 v. H. Überschuss
383047,491000,003,051,64,8856,34225,36
393108,441000,003,111,64,9763,17252,68

Für das Geschäftsjahr 2005 werden nun aufgrund des Beschlusses des VBL-Verwaltungsrates vom 30.11.2006 0,25 Prozent als Bonuspunkte zugeteilt. Bei einem Versorgungspunktestand von z. B. 61,31 am 31.12.2005 (s. o. I.) sind dies 0,15 Bonuspunkte = 0,60 Cent zusätzliche Betriebsrente monatlich. Bei einer Zuteilung von 4 Prozent wären es 2,45 Bonuspunkte = 9,8 Euro zusätzlich.

Mit freundlichen Grüßen
Der Bundesvorstand
i. A.


Alberdina Körner
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