Zum Inhalt wechseln

Kommentar des GdP-Landesvorsitzenden

Und täglich grüßt das Murmeltier

- Landesjournal 10-2021 -

Schwerin.

Die Landtags- und Bundestagswahlen sind gelaufen. Noch weiß keiner, wie sich die zukünftige Regierung zusammensetzten oder welchen Stellenwert die Innere Sicherheit im Koalitionsvertrag einnehmen wird. Eines ist aber gewiss: Es wird nicht einfacher für die Polizei. Personal fehlt an allen Ecken und Kanten. Ein älterer Kollege meinte vor kurzem zu mir: „Eigentlich ist es doch egal, ob das Finanzministerium die Stellen streicht oder wir einfach den dringend benötigten Nachwuchs nicht bekommen. Das Ergebnis ist das gleiche.“ Oder anders ausgedrückt: Man muss nur jahrelang bei der Nachwuchsgewinnung sparen, dann regelt sich das mit der Stellenstreichung von alleine.

Historie

Hauptverantwortlich für die jetzige Situation ist das durch fast alle damaligen Landtagsparteien mitgetragene Personalentwicklungskonzept (PEK) 2001-2010. Das PEK kannte nämlich nur eine „Entwicklung“ – die Stellenstreichung, wenn Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand gingen.
Die Folgen des Konzeptes - dass kein Nachersatz erfolgt und schlussendlich die Dienststellen personell ausdünnen und überaltern - waren bereits im Jahr 2000 vorhersehbar, „dank“ der GdP allseits bekannt und trotzdem für die Politik uninteressant.
Zur Polizeistrukturreform (PSR) 2010 hatte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wieder massiv den Finger in die Wunde gelegt und deutlich gemacht, dass die Anzahl der Polizeiauszubildenden spürbar steigen muss, da sonst die wenigen positiven Effekte der PSR schnell verfliegen. Schon damals fragte die GdP ironisch, ob man unter den damals bekannten Voraussetzungen einer neuen Polizeistrukturreform 2020 zuarbeite, wenn damals bereits absehbar war, dass der Landespolizei MV zukünftig ungefähr 1.000 Polizisten fehlen und die Aufgaben und Organisation dann den Gegebenheiten nicht mehr entsprechen werden. Auf politischer Seite führte dies zu einem müden Lächeln und dem Hinweis, dass es ja normal sei, dass eine Gewerkschaft mehr Personal fordere.
Erst 2016 kam es zu einem halbherzigen Umdenken in der Landespolitik und ein Stellenaufwuchs der Polizei wurde geplant. Wohlgemerkt: geplant. Das Ziel war es nämlich, dass aufgrund der zweijährigen Ausbildung bzw. des dreijährigen Studiums im Jahr 2021 insgesamt 6.200 Stellen in der Polizei besetzt sind. Die GdP begrüßte dies als Schritt in die richtige Richtung, machte aber immer wieder auf die desolate Situation in den Dienststellen aufmerksam. Nun ist das Jahr 2021 fast vorbei und die Situation in den Dienststellen ist euch allen bekannt.

Fehler oder Absicht?

Bedenkt man, dass in den jeweiligen Finanz- bzw. Innenministerien keine Laien, sondern Fachleute sitzen und saßen, die mit einem Blick auf die Altersstruktur bzw. die Alterspyramide der Landespolizei hätten erkennen müssen, wo sich das Personal der Polizei hin entwickeln würde, wenn Einstellungen vernachlässigt werden, lässt dies nur einen Schluss zu: Die derzeitige Personalsituation der Polizei war kein Fehler, sondern beabsichtigt!
Dafür spricht auch, dass man die kleinen Anfragen des Landtages zwar immer formal richtig beantwortet hatte, dabei aber Beschäftigte in der Polizei, Stellen, Polizeiliche Kriminalstatistik, Beamte, Auszubildende, Stichtage, Krankenstände, Polizisten, nicht Vollzugsdienstfähige und planbare Ruhestände aber so bunt durcheinandermischte, dass jeder alles daraus erkennen konnte. Nur eines nicht: Wie ist die die tatsächliche Situation in der Polizei.
Diese ist im Grunde ganz einfach zu beschreiben: Die Aufgaben für die Polizei nehmen zu. Wenn mehr Polizeibeschäftigte in den Ruhestand gehen, als Anwärter die Ausbildung erfolgreich bestehen, wird defacto Personal abgebaut. Dies führt zu Überlastungen und einen hohen Krankenstand. Und in deren Folge wird es noch weniger Personal geben.
Das Ergebnis dieses politischen Versagens ist eindeutig: In den nächsten Jahren wird eine qualifizierte Aufgabenerledigung durch die Altersabgänge und den daraus tatsächlich zu erwartenden Personalabbau nicht leistbar sein.

Lösungsansätze

    • Wir brauchen eine schonungslose Aufarbeitung der tatsächlichen Lage in der Polizei.
    • Die Landesregierung muss ganz klar benennen, welche Aufgaben muss, soll und kann die Polizei zukünftig leisten.
    • Die Politik muss dies auch der Bevölkerung mitteilen.
    • Aufgrund dieser Aufgabenkritik muss die Polizeistärke für jeden Bereich ermittelt werden.
    • Die Soll- und die Ist-Anzahl von Beschäftigen muss in den jeweiligen Bereichen deckungsgleich werden.
    • Die Möglichkeit der Entlastung von Beamten durch Einstellung von Tarifbeschäftigten ist anzuwenden.
    • Für die bereits in der Polizei beschäftigten Mitarbeiter sind alle Möglichkeiten zu nutzen, damit die Überlastung nicht zur Krankheit führt.
    • Die seit Jahren stattfindende Überlastung in der Polizei muss honoriert werden.
    • Instrumente des Tarif-, des Beamten- und des Laufbahnrechtes sind dabei konsequent zu nutzen.
Euer Christian Schumacher
This link is for the Robots and should not be seen.