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Polizeitag Hannover

Bürgernah, robust, digital: Wie sich Niedersachsens Polizei auf die Zukunft vorbereitet

Teilnehmende2 Foto: Philipp Mantke
Teilnehmende2 Foto: Philipp Mantke
Hannover.

Beim diesjährigen Polizeitag in Hannover standen am 4. September 2018 die Themen Bürgernähe, das neues Polizeigesetz für Niedersachsen sowie die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Polizeiarbeit im Mittelpunkt. Zudem gab es Informationen über Einsatzmittel und deren Weiterentwicklung. GdP-Landesvorsitzender Dietmar Schilff begrüßte zu der Tagung, die gemeinsam von der GdP und dem "Behördenspiegel" veranstaltet wurde, etwa 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer - darunter Landespolizeipräsident Axel Brockmann, Landespolizeidirektor Knut Lindenau, mehrere Referatsleiter aus dem Innenministerium, mehrere Polizeipräsidenten, den Vorsitzenden des PHPR, Martin Hellweg, weitere Vertreter/-innen aus den Personalräten sowie auch die innenpolitischen Experten mehrerer Landtagsfraktionen zu einer Diskussionsrunde.

Landespolizeipräsident Axel Brockmann Foto: Philipp Mantke
Landespolizeipräsident Axel Brockmann Foto: Philipp Mantke
Sicherheitspolitische Themen seien zurzeit in den Medien und in der Politik sehr präsent, sagte der GdP-Landesvorsitzende. Die objektive Sicherheit sei verbessert worden, aber „das subjektive Sicherheitsgefühl, das ist problematisch. Es muss verbessert werden. Und das geht nicht ohne Geld.“ Deshalb müsse in Bildung und Infrastruktur, aber auch in die Ausstattung der Polizei und die Attraktivität des Polizeiberufs investiert werden. Was diesbezüglich im Haushalt 2019 vorgesehen sei, reiche bei weitem noch nicht aus.

Eröffnungsrede durch Landespolizeipräsident Brockmann

Landespolizeipräsident Axel Brockmann streifte in seiner Eröffnungsrede die Schwerpunktthemen der Tagung. Zum Thema Bürgernähe sagte er: „Es ist gerechtfertigt, situationsgerecht robust aufzutreten. Ich bin überzeugt, dass Bürger dieses robuste Bild tolerieren und in besonderen Situationen sogar erwarten“. So könnten auch Vorgänge wie aktuell in Chemnitz nur durch konsequentes und robustes Auftreten der Polizei unterbunden werden. Man werde dabei für den bestmöglichen Schutz der Kolleginnen und Kollegen sorgen. Deshalb sei es zu begrüßen, dass das neue Polizeigesetz den Einsatz von Body-Cams inklusive Tonaufnahmen und Pre-Recording-Funktion regele und die polizeilichen Befugnisse erweitert werden. Die zunehmende Digitalisierung mit großen Mengen an Daten und Datenquellen sowie höheren Anforderungen an den Datenschutz bedeuteten eine große Herausforderung für die Polizei – sowohl in der Kriminalitätsbekämpfung wie auch intern. Die Polizei Niedersachsen trage dem mit dem eigenen Messengersystem NIMes wie auch einem internen soziales Netzwerk Rechnung. Brockmann mahnte zudem eine bessere IT-Architektur an, die für einen besseren nationalen und internationalen Austausch sorgen.

Zur Debatte über die neuen Polizeigesetze

GdP-Landesvorsitzender Dietmar Schilff Foto: Philipp Mantke
GdP-Landesvorsitzender Dietmar Schilff Foto: Philipp Mantke
In seinem Vortrag über „Polizeiaufgabengesetz – Notwendige Veränderungen oder politische Verschärfung“ betonte der GdP-Landesvorsitzende Dietmar Schilff, dass Prävention und Gefahrenabwehr die wichtigsten Aufgaben der Polizei sind und dafür ein verfassungsgemäßes und rechtssicheres Instrument notwendig sei, das die Freiheit der Bürger nicht über die Maßen hinaus einschränke. Als problematisch bezeichnete er die Tatsache, dass die Länder sich nicht auf ein einheitliches Polizeigesetz einigen konnten. In Niedersachsen gebe es zurzeit eine intensive Debatte über das neue „NPOG“. Es sei wichtig, dass viele Menschen dabei zu Wort kommen, so Schilff. Es gebe durchaus Ängste und Verunsicherung. Schilff betonte auch, dass die Polizei nicht für das verantwortlich gemacht werden dürfe, was die Politik entscheidet. Das Gesetz sei die Arbeitsgrundlage der Polizei - und diese müsse rechtlich und verfassungsgemäß sauber sein. Falls daran Zweifel bestünden, seien die Gerichte gefragt.

Digitalisierung und die Verantwortung der Personalräte

Auf die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeit und die Beschäftigten aus Sicht der Personalräte ging der PHPR-Vorsitzende Martin Hellweg ein. Demnach überwiegen trotz der Möglichkeit des Missbrauchs die Vorteile. Personalräte hätten dabei die Aufgabe, auf die Risiken hinzuweisen und den Kolleginnen und Kollegen zu vermitteln, was Digitalisierung für sie bedeutet, und sich für entsprechende Dienstvereinbarungen hinzuwirken. Der PHPR habe dies zum Beispiel im Zusammenhang mit der Nutzung und Speicherung von Positionsdaten im Einsatzleitsystem getan. Diese Daten dürfen nicht zur personenbezogenen Leistungs- und Verhaltenskontrolle genutzt werden und werden regelmäßig überschrieben. Im Zusammenhang mit der Nutzung von Messengerdiensten gelte es zu gewährleisten, dass die Ruhe- und Erholungszeiten möglichst eingehalten werden. Das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen, löse Stress aus, erklärte Hellweg. Für NIMes wurde geregelt, dass die Nutzung auf freiwilliger Basis erfolgt. Nach einem Jahr soll evaluiert werden. Die GdP Niedersachsen begleitet den Prozess. Hellweg appellierte an Führungskräfte, mit gutem Beispiel voran zugehen, und an die Beschäftigten, selbst auch konsequent zu sein, um der voranschreitenden Entgrenzung von Arbeit und Freiheit entgegenzutreten.

Robuste Polizei versus Bürgerpolizei?

Den Ausführungen und Mahnungen zum Thema Digitalisierung von Martin Hellweg schloss sich Gwendolin von der Osten, Sprecherin des Arbeitskreises h.D. der GdP Niedersachsen, in ihrem Vortrag an. Stets „in der Lage“ zu leben und bereit zu sein, Entscheidungen zu treffen, könne das Ende der echten Freizeit bedeuten. Desweiteren blickte sie auf die aktuellen Investitionen in die Polizei. In personeller Hinsicht sei die Durststrecke noch nicht überwunden und weitere marode Dienststellen müssten saniert werden. Bei der Anschaffung neuer Ausstattungsgegenstände mahnte die Sprecherin des Arbeitskreises h.D. zur Besonnenheit. Ihrer Erfahrung nach würden oft reflexartig Forderungen erhoben, ohne die Tragweite zu bedenken. Doch Ausstattung sei nur ein Teil der Lösung. Hinsichtlich der Wahrnehmung der Polizei in der Öffentlichkeit müsse hinterfragt werden: Sind wir Terrorbekämpfer oder Freund und Helfer? Führungskräfte müssten beim Umgang mit solchen Widersprüchen behilflich sein. Es gelte, innerhalb der Polizei über Werte zu reden, wie z.B. über Gerechtigkeit, und politische Bildung nicht nur in der Ausbildung zu forcieren.

Weitere Fachvorträge und Abschlussdiskussion

Ergänzt wurde das Tagungsprogramm des Polizeitags von Fachvorträgen, u.a. über Titanhelme, Sicherheitsglas für Polizeiautos und einen ausführlichen Überblick über aktuellen Einsatzmittel der niedersächsischen Polizei. Außerdem ging es um die Vorteile moderner Technik für die Polizeiarbeit, den Umgang mit digitalen Quellen und die Analyse von Massendaten sowie die Möglichkeiten mobiler Identitätsfeststellung (Fingerabdruckscanner u.ä.).

Zum Abschluss diskutierte der GdP-Landesvorsitzende Dietmar Schilff unter Leitung von R. Uwe Proll, dem Chefredakteur und Herausgeber des Behördenspiegels, mit den innenpolitischen Experten Thomas Adasch (CDU, Vorsitzender des Innenausschusses), Karsten Becker (SPD) und Belit Onay (Bündnis 90/Die Grünen) über das neue Polizeigesetz für Niedersachsen. Schilff betonte dabei, dass es nicht hilfreich sei, wenn die Kritiker vom "Polizeistaat" redeten. Eine derartige Emotionalisierung sei einer sachlichen Debatte abträglich.
AH
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