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GdP-Tagung höherer Dienst

Gewalt gegen Polizeibeamte: Prof. Pfeiffer stellt qualitative Studienergebnisse des KFN vor

Hannover, 02.07.2011.

Zu einem hochaktuellen Vortrag lud die GdP ihre Mitglieder aus dem höheren Dienst nach Hannover ein. Der Landesvorsitzende Dietmar Schilff begrüßte im Künstlerhaus Hannover in der Sophienstraße den Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN), Prof. Dr. Christian Pfeiffer. Der Kriminologe präsentierte - kurz vor der Veröffentlichung der schriftlichen Berichte am kommenden Dienstag (05.07.2011) - die neuesten Analyseerkenntnisse der Studie „Gewalt gegen Polizeibeamte“.


Dietmar Schilff (re.) begrüßt die Tagungsteilnehmer (Foto: Uwe Robra)
Dietmar Schilff (re.) begrüßt die Tagungsteilnehmer (Alle Fotos: Uwe Robra)

Prof. Dr. Christian Pfeiffer (Foto: Uwe Robra)
Vertiefte Einblicke in Gewaltkonfrontationen des polizeilichen Einsatzalltages: Prof. Dr. Christian Pfeiffer

In eindrucksvoller Weise legte er nicht nur schlichte repräsentative Zahlen der Befragungsergebnisse vor, sondern erläuterte die Erkenntnisse und analytischen Rückschlüsse aus den Zahlen und den anonymisierten Schilderungen der befragten Polizeibeamtinnen und -beamten. Einer der zentralen Befunde war bei der Zahl der Gewalttäter der hohe Anteil der jungen Männer bis 25. Unter anderem wurde auch untersucht, wie sich die Einsatzverläufe im Vergleich darstellen, wenn ausschließlich männliche und wenn gemischte Streifenbesatzungen in einen solchen Einsatz gehen. Signifikante Unterschiede lägen darin, dass bei Familienstreitigkeiten mit gewaltbereiten Männern das Erscheinen der Polizei zu weiteren Aggressionen führe, so Pfeiffer. Diese richten sich umso mehr gegen männliche Polizisten, je größer und kräftiger diese sind. Das Erscheinen von Polizistinnen im Einsatz dagegen führe erheblich seltener zu körperlicher Gewalt. Frauen würden ein höheres Maß an Kommunikationsbereitschaft aufweisen. Insgesamt führe ihr Auftreten häufiger zu einem deeskalierenden Verlauf des Einsatzes. Dabei sei nicht nur die niedrigere Hemmschwelle für Gewalt gegen Frauen ursächlich, sondern eben diese erhöhte Kommunikationsbereitschaft. Große kräftige männliche Polizisten zögen dagegen offenbar stärker die Gewalt auf sich, da sich die Täter nicht die vermeintlich schwächsten Personen für Angriffe aussuchen würden.

Beim Einsatz von Polizeibeamten mit Migrationshintergrund lägen ebenfalls Erkenntnisse vor. Diese Strategie, in Einsatzsituationen mit gewalttätigen Beteiligten mit gleichem Migrationshintergrund entsprechende Beamte einzusetzen, stelle sich als meist sehr hilfreich dar, weil dies akzeptanzsteigernd wirken könne. Bei ausländerfeindlichen Beteiligten würde sich dies allerdings auch eher ins Gegenteil verkehren können.


Prof. Dr. Christian Pfeiffer (Foto: Uwe Robra)
Prof. Dr. Christian Pfeiffer

Pfeiffer vertrat die Überzeugung, dass Gewalt gegen Polizeibeamte als neuer Straftatbestand im Strafgesetzbuch aufgenommen werden müsste, weil damit ein deutliches Zeichen gesetzt werden könnte, dass mit diesem Angriff auch der gegen den Staat verbunden sei. Damit unterstützte der KFN-Direktor die Forderungen der GdP. Professor Pfeiffer setze sich auch für eine verstärkte Sensibilisierung der Staatsanwälte und Richter für dieses Wertesystem in der Aus- und Fortbildung ein.

Der Kriminologe schlussfolgerte aus den Studienergebnissen außerdem den Vorschlag, bei Konfrontationen nach Einsätzen mit Gewaltverlauf, die auch eine hohe Zahl von Strafanzeigen nach sich ziehen, ein Mediationsprogramm zu erproben und einzuführen, das anstelle der routinemäßigen Einleitung von Disziplinarverfahren erfolgen sollte. Erst beim Scheitern käme das Disziplinarrecht zum Zuge. Damit folge das Modell der in New York bereits eingeführten Praxis.

In der anschließenden Diskussionsrunde trugen die Teilnehmer mit Schilderungen aus Ihrer Führungsverantwortung zum Thema bei und nahmen u. a. Bezug auf die Vorlage des ersten bundesweiten Lagebilds „Gewalt gegen Polizeibeamte“ (BLPG), das auch auf der 192. Sitzung der Innenministerkonferenz (http://www.bundesrat.de/cln_161/nn_8780/DE/gremien-konf/fachministerkonf/imk/Sitzungen/11-06-22-termin.htm), diskutiert worden war. Dabei wurden auch Anregungen für weitere Auswertungen vorgetragen.

Prof. Pfeiffer erklärte, dass im Herbst eine Fortsetzung der Studienreihe erfolgen werde und dabei die Anregungen Berücksichtigung finden würden.

Wesentliche Erkenntnis war in der Diskussion, dass eine Intensivierung der psychologischen Nachsorge für Beamte nach Einsätzen mit Gewaltanwendung sowie die Optimierung des präventiven Trainings und der Fortbildungsmaßnahmen erfolgen müssten.

Dietmar Schilff begrüßte als zweiten Referenten den stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Landesvorsitzenden der GdP Saarland, Hugo Müller. Dieser referierte über Sicherheitspolitik und ein faktisches Wachstum und die zunehmende Bedeutung des privaten Sicherheitsgewerbes. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels werde es zunehmend Schwierigkeiten geben, für die Polizei in ausreichender Quantität und Qualität Nachwuchs zu erhalten, zumal die tendenziell finanzkräftigere gewerbliche Wirtschaft ebenso um Nachwuchs aus geburtenschwächeren Jahrgängen werben und konkurrieren wird.


Stellv. Bundesvorsitzenden und Landesvorsitzender der GdP Saarland, Hugo Müller (Foto: Uwe Robra)
Stellv. Bundesvorsitzenden und Landesvorsitzender der GdP Saarland, Hugo Müller

Hugo Müller warb für eine stärkere Einbindung der Erfahrungen der Führungsebene und einen spezielleren zielgruppenorientierten Zuschnitt der Gewerkschaftsarbeit sowie eine Optimierung der Öffentlichkeitsarbeit der GdP.

Abschließend wurde von Dietmar Schilff die Einrichtung einer GdP-Arbeitsgemeinschaft höherer Dienst verkündet, die künftig die spezifischen Fragen behandeln und als Kommunikationsplattform dienen soll.

Uwe Robra


Links:



Ein interessiertes Auditorium aus GdP-Mitgliedern im höheren Dienst


Dietmar Schilff (re.) vor den Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmern


Vordere Reihe v. l.: Hugo Müller (Stellv. Bundesvorsitzender), Landespolizeidirektor Uwe Lührig, Vizepräsident des LKA NI, Volker Kluwe, Prof. Dr. Christian Pfeiffer


Dietmar Schilff

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