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Gastbeitrag von Dietmar Schilff in der Braunschweiger Zeitung

Wertschätzung für die Polizei – es muss endlich wirklich was passieren!

Erschienen in der Braunschweiger Zeitung am 23. November 2020

Dietmar Schilff  Foto: GdP
Dietmar Schilff Foto: GdP
Braunschweig.

„Wertschätzung ist mehr als verbale Akklamation. Sicherheit für die Bürger/innen und Sicherheit für die Polizeibeschäftigten darf keine Frage des Haushalts sein. Der Wert der Arbeit im Bereich der inneren Sicherheit muss von der Politik höher eingeschätzt werden. Das Land Niedersachsen ist zum Beispiele bei der Bezahlung im Vergleich mit den anderen Bundesländern im unteren Bereich anzutreffen.“

Bundespräsident Frank Walter Steinmeier sagte in seiner Rede auf dem Bundeskongress der GdP 2018: „Meine Wertschätzung gilt den täglichen Leistungen aller, die in der Polizei arbeiten.“ Dies ist ein klares Statement zur Wichtigkeit der immer schwieriger werdenden Arbeit der Polizeibeschäftigten für die Innere Sicherheit. Betrachtet man aber die letzten Jahre, ja Jahrzehnte, so stellt man fest, dass offensichtlich nicht alle politisch Verantwortlichen im Bund und in den Ländern – und zwar parteiübergreifend – auch so handeln. Die Reden in den Parlamenten, die Danksagungen bei Veranstaltungen und die vielen positiven schriftlichen Statements zu Weihnachten oder bei Gewerkschafts- und Personalversammlungen sind das eine, das andere ist aber, wenn es um notwendige Verbesserungen und wirkliche Wertschätzung der polizeilichen Arbeit geht.

Klar ist, dass außerhalb der Polizei sich niemand in die „Denke“ von Polizisten/-innen reinversetzen kann, dass niemand außerhalb der Polizei das Gefühl nachvollziehen kann, wie es ist, wenn man wie aktuell einen Castortransport in der Infektionshochzeit begleiten oder die Vorgaben für die Eindämmung der Pandemie umsetzen muss, wenn man bei einem Verkehrsunfall auf eingeklemmte und schreiende Menschen trifft, wenn man Ermittlungen bei wochen- oder monatelang liegenden Leichen durchführt, wenn man Todesnachrichten an Angehörige überbringen muss, wenn man die allerschlimmsten Bilder bei Kinderpornografie auswertet, wenn man bei Großeinsätzen in Containern „hausen“ muss, mit Stahlkugeln beschossen wird, wenn Kolleginnen und Kollegen übermüdet und ausgelaugt zusammenbrechen, verletzt werden oder sogar im Einsatz sterben, wenn bei normalen Familienstreitigkeiten auf einmal Messer im Spiel sind, wenn einige, die unseren Staat ablehnen, skandieren „Feuer und Flamme für diesen Staat“ und „Deutsche Polizisten-Mörder und Faschisten“, wenn an Hauswänden überall in deutschen Kommunen Schmierereien zu sehen sind, denen zufolge alle Polizisten Bastarde seien, wenn bei Fußballeinsätzen auf die Polizei eingeschlagen wird, wenn man Aufmärsche von rechtsradikalen Gruppierungen und Parteien begleiten und sich deren unerträglichen, menschenfeindlichen Parolen anhören muss, gleichzeitig beschimpft wird mit „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten“, wenn Drogendealer die Polizeikräfte anspucken oder kratzen, wenn man im Terroreinsatz ist, und so weiter und so weiter…

Man könnte die Beispiele unendlich fortführen und schon beim Schreiben kommen mir viele Erinnerungen an Einsätze wieder hoch, die ich – wie nahezu alle in der Polizei – erlebt habe und die man nicht auslöschen kann; sie bleiben ein Leben lang im Gedächtnis.

Die Bevölkerung erkennt die wichtige Leistung der Polizei für die Gesellschaft an, über 80 Prozent der Menschen vertrauen seit Jahren ihrer Polizei, ein Spitzenwert auf der Vertrauensskala für Organisationen. Darüber sind wir froh und dieses Vertrauen ist absolut gerechtfertigt, auch wenn einige Wenige etwas anderes in der Öffentlichkeit propagieren. Fehler die überall – so auch bei der Polizei – passieren können, müssen natürlich aufgeklärt, behoben und wenn notwendig auch juristisch bewertet werden. Die Politik steht – meist – auch hinter der Polizei, applaudiert ihr verbal, manchmal auch tatsächlich, wie bei der Bundestagssitzung am 9. September dieses Jahres zu sehen war, als alle Fraktionen – mit Ausnahme der AFD – sich erhoben und für die couragierten Kollegen/-innen lange geklatscht haben, die sich dem versuchten Eindringen von „Rechtsradikalen“ in den Bundestag entgegengestellt hatten. Auch in den Landtagen wird der Polizei und den Beschäftigten in den Reden oft gedankt. Das ist wohltuend, wichtig und auch richtig, entscheidend ist aber, dass diese verbale Wertschätzung sich nicht immer in den notwendigen Verbesserungen widerspiegelt.

Einige Politiker werfen der Gewerkschaft der Polizei vor, wenn sie berechtigte Forderungen erhebt, dass alle Beschäftigten in der Polizei ja einen festen und sicheren Arbeitsplatz hätten und grundsätzlich nicht gekündigt werden können. Wie „sicher“ aber der Arbeitsplatz von Polizisten/-innen ist, kann man an der hohen Anzahl von Angriffen auf sie ablesen, die bundesweit bei etwa 60.000 im Jahr liegen, leider mit steigender Tendenz.

Es muss also endlich wirklich was passieren! Wertschätzung ist mehr als verbale Akklamation. Sicherheit für die Bürger/-innen und Sicherheit für die Polizeibeschäftigten darf keine Frage des Haushaltes sein. Der Wert der Arbeit im Bereich der Inneren Sicherheit muss von der Politik höher eingeschätzt werden. Das Land Niedersachsen ist zum Beispiel bei der Bezahlung im Vergleich mit den anderen Bundesländern im unteren Bereich anzutreffen. Die GdP fordert als Teil des DGB mehr Wertschätzung für die Arbeit aller abhängig beschäftigter Arbeitnehmer/-innen und als das Sprachrohr für die Polizei natürlich auch für die Polizeibeschäftigten: 100 Prozent Einsatz der Politik für 100 Prozent Einsatz der Polizei!
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