Kommentar zum SPD-Parteitagsbeschluss
Weihnachtsgeld: Ein klarer Arbeitsauftrag
Die GdP hat es öffentlich gemacht. Der Ministerpräsident und der Finanzminister sind daraufhin eilig – in der Presse – zurückgerudert, nachdem am Sonnabend beim Landesparteitag niemand aufbegehrt hat. Doch gemäß § 6 der SPD-Satzung gehört es zu den Aufgaben des Landesvorstandes, insbesondere die Beschlüsse der Landesparteitage auszuführen. Aber von Anfang an:
In seiner Rede auf dem SPD-Landesparteitag betonte Stephan Weil, wie wichtig ihm der Schulterschluss mit den Gewerkschaften ist, deren Mitglieder im Gegensatz zu anderen Ländern und im Bund zu hoher Prozentzahl die SPD bei der Landtagswahl 2017 gewählt hätten. Seitens des DGB waren der niedersächsische DGB-Vorsitzende sowie fast alle Vorsitzenden der DGB-Einzelgewerkschaften, so auch ich für die GdP, anwesend. Wir saßen in der 1. Reihe platziert und nahmen die Worte des alten und neuen SPD-Landesvorsitzenden mit Zustimmung zur Kenntnis.
Neben den Reden, Wahlen und anderer notwendiger Formalien, wurden auch Anträge behandelt. Es war ein Antrag des SPD-Ortsvereins Stadthagen, der nun die Gemüter bewegt. Er beschäftigte sich mit dem Weihnachtsgeld niedersächsischer Beamten/-innen mit der Überschrift „Schluss mit dem Sonderopfer der niedersächsischen Beamten/-innen“.
In dem Antrag heißt es: „Der Landesparteitag möge beschließen, die SPD-Landtagsfraktion und den Ministerpräsidenten aufzufordern, aktiv darauf hinzuwirken, dass die durch die „Regierung Wulff“ vorgenommenen Einschnitte beim Weihnachtsgeld der niedersächsischen Beamtinnen und Beamten rückgängig gemacht werden und hier ein Gleichklang zum Tarifbereich hergestellt wird.“
Ein guter Antrag, dachte ich, und nicht immer von der GdP, der GEW oder ver.di vorgebracht, sondern von der SPD-Basis. Und dann hat auch noch Gunter Wachholz, ein IG-Metall-Betriebsratsmitglied von VW Wolfsburg, am Rednerpult für die Notwendigkeit der Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes für Beamten/-innen gesprochen.
Nicht Arbeitsmaterial, sondern klarer Auftrag
Weder der Ministerpräsident, noch ein Mitglied des Landesvorstandes, kein anderer Delegierter und auch kein SPD-Minister oder Fachsprecher ist gegen diesen Antrag in die „Bütt“ gegangen. Die Antragsberatungskommission hatte die Empfehlung ausgesprochen, den Antrag „lediglich“ als Material an die Landtagsfraktion zu überweisen.
Die Delegierten lehnten diese Überweisung aber selbstbewusst ab, sondern beschlossen vielmehr die klare Umsetzung des Antragstextes und nicht nur die Prüfung. Das heißt, der eindeutige Auftrag wurde durch das oberste Parteiorgan gegeben, dass die SPD-Landtagsfraktion und der Ministerpräsident aktiv darauf hinwirken müssen, die Einschnitte rückgängig zu machen.
Erfreut über die Entscheidung haben GdP, GEW und ver.di diesen wegweisenden Beschluss ihren Mitgliedern und der Öffentlichkeit präsentiert. Das wäre im Übrigen auch der Fall gewesen, wenn die CDU als Koalitionspartner diesen Beschluss gefasst hätte. Drei Tage später reibt man sich verwundert die Augen, wenn man insbesondere die Aussagen von Stephan Weil, Ministerpräsident und SPD-Landesvorsitzender in Personalunion, liest.
Weil erklärte ziemlich klar, dass der Parteitagsbeschluss für ihn erst einmal kein Thema sei. Er machte deutlich, dass es mit ihm in der laufenden Legislaturperiode den Zuschlag für Beamte nicht wieder geben werde. Mit dem Regierungspartner CDU sei das nicht besprochen, und das nötige Geld fehle auch. Weil erklärte wörtlich: „Dieses Thema ist in der Koalitionsvereinbarung nicht vorgesehen, und in Anbetracht der Finanzlage ist eine Realisierung der Forderung kurzfristig unwahrscheinlich.“ (HAZ v. 17.04.18)
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Christos Pantazis sagte, der Antrag entspreche durchaus einem sozialdemokratischen Anliegen, dem sich die Landesregierung nicht entziehen könne: „Aber man muss das Wünschbare und das Machbare zusammenbringen.“ Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Ulrich Watermann, sprach von einem „Abwägungsprozess“. (HAZ v. 17.04.18)
„Basta-Politik“ geht nicht lange gut
Für uns als DGB-Gewerkschaften und somit auch für die GdP ist der Fall klar: Das Thema ist wieder präsent und es gibt einen klaren Arbeitsauftrag an die SPD-Landtagsfraktion und den Ministerpräsidenten, die Streichung des Weihnachtsgeldes wieder rückgängig zu machen. Wie auch immer Weil als SPD-Parteivorsitzender nunmehr die Satzung der SPD auslegt, muss die SPD intern klären.
Dass der gleiche Stephan Weil, der ziemlich genau 72 Stunden zuvor in Fallingbostel den Schulterschluss mit den Gewerkschaftern propagiert hat, nun allerdings ein kategorisches „Nein“ verkündet, ohne mit den Gewerkschaften vorher auch nur einmal zu sprechen, ist ein Affront gegenüber den Beschäftigten und den Gewerkschaften; „Basta-Politik“ geht nicht lange gut.
In etlichen Gesprächen seit 2005 mit unterschiedlichen Regierungen und allen Parteien, war unsererseits das Thema Weihnachtsgeld immer ein Topthema. Und dabei ging es nicht immer um ein volles 13. Monatsgehalt, wie zu lesen ist und wie es die Berechnungen der Politik offenbar jetzt zu Grunde legen. Schon 2005 haben die Beamten/-innen ab A 9 nur noch 50 % eines Monatsgehaltes erhalten. Insofern kann mit den Gewerkschaften selbstverständlich über die Höhe und Ausgestaltung verhandelt werden.
Weil soll versprochene Wertschätzung liefern
Und es bringt auch nichts, dringend notwendige Neueinstellungen im Bereich der Inneren Sicherheit, Justiz oder Bildung mit berechtigter Gehaltszahlung und attraktiven sowie wertschätzenden Rahmenbedingungen zu verknüpfen oder gegeneinander auszuspielen. Niedersachsen ist eines von nur drei Bundesländern (neben Sachsen und Brandenburg), in denen Beamtinnen und Beamte (ab Besoldungsgruppe A 9) keinerlei Sonderzahlung zu Weihnachten erhalten. Die Abschaffung des Weihnachtsgeldes im Jahr 2005 ist und bleibt ungerecht.
Gehaltsunterschiede von 200 Euro monatlich und mehr gegenüber anderen Bundesländern wird der guten Arbeit der niedersächsischen Beamten/-innen, die in Sonntagsreden auch immer gelobt wird, in keiner Weise gerecht. Ministerpräsident Weil hatte eine größere Wertschätzung der Polizeiarbeit vor der Landtagswahl 2017 angekündigt, nun muss er es auch einlösen. Das Weihnachtsgeld ist neben anderen notwendigen Verbesserungen eine gute Möglichkeit, dieses Versprechen in die Tat umzusetzen. Die finanziellen Möglichkeiten sind gegeben, die GroKo in Niedersachsen hat es in der Hand, es auch anzupacken. Vor der Landtagswahl gab es auf unsere Nachfrage jedenfalls keine kategorische Ablehnung in dieser Frage.
Nur, wenn die Arbeit wertgeschätzt wird, kann sich das Land Niedersachsen als attraktiver Arbeitgeber behaupten und mit der freien Wirtschaft und anderen Verwaltungen des öffentlichen Dienstes konkurrieren. Dazu gehört endlich auch ein Weihnachtsgeld. Wie machen es eigentlich die anderen Bundesländer? Hier ist die niedersächsische Politik gefordert, mal über die Landesgrenzen zu schauen.
Wir sind seit 2005 aktiv und bleiben weiter an dem Thema dran!
Richtungsweisend. Mit Sicherheit!
Der GdP-Landesvorstand und GdP-Beirat werden sich am Montag, 23.04.2018, intensiv mit diesem Thema befassen. Der DGB-Landesvorstand trifft sich schon am morgigen Mittwoch.
Euer Dietmar Schilff
Weitere Informationen
Aktion „Wunschliste 2017“: Weihnachtsgeld und mehr: die Gespräche beginnen (12. Dezember 2017)
Aktion „Wunschliste 2017“: GEW und GdP fordern Weihnachtsgeld für Beamtinnen und Beamte (11. Dezember 2017)
„Same procedure as every year!“: Wieder kein Weihnachtsgeld für viele Beamtinnen und Beamte in Niedersachsen (1. Dezember 2017)