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Polizeireform

Entwurf eines Gesetzes zur Umorganisation der Polizei und zur Änderung dienst- und personalrechtlicher Bestimmungen

Hannover.

Kritische Anmerkungen der Gewerkschaft der Polizei, Landesbezirk Niedersachsen zur Anhörung des Ausschusses für Inneres und Sport am 08. Juni 2004

Allgemeines

Wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfes ergibt, verfolgt er das Ziel, vor dem Hintergrund der Verwaltungsmodernisierung mit der Auflösung der Bezirksregierungen aus diesen, in einem vorgezogenen ersten Schritt, die Polizeidezernate herauszulösen und in der Fläche insgesamt neue Polizeidirektionen zu bilden. Hieraus resultiert eine Neuregelung der Dienst- und Fachaufsicht über die Polizeibehörden im Sinne des niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Niedersächsisches SOG). Ebenso ist die Organisation der Gefahrenabwehrbehörden aufgrund des Fortfalls der Bezirksregierungen als Gefahrenabwehrbehörden einschließlich der Fachaufsicht neu zu regeln.

Mit diesem Gesetzentwurf soll eine wesentliche Veränderung des Verwaltungsgefüges für das Land Niedersachsen herbeigeführt werden. Dabei hat die Umorganisation der Polizei Pilotfunktion, auf deren Grundlage und Erkenntnis eine generelle Verwaltungsveränderung herbeigeführt werden soll.

Wie nicht anders zu erwarten, ist dieser Gesetzentwurf als Initiativantrag von den Regierungsfraktionen CDU und FDP in den Niedersächsischen Landtag eingebracht worden.

Damit ist das eigentliche Beteiligungsrecht nach § 104 NBG ausgeschlossen worden. Die heutige Anhörung - und das zeigt die Einladung und der damit verbundene Terminplan - bieten daher keine ausreichende Gelegenheit, die in diesem Gesetzentwurf enthaltene umfassende Problematik im Einzelnen darzulegen.

Insbesondere sind die in der praktischen Umsetzung dieses Gesetzentwurfes sich ergebenden Schwierigkeiten der Beamtinnen und Beamten sowie des Tarifpersonals auch nicht annähernd mit einbezogen worden.

Es war und ist erklärter politischer Wille dieser Landesregierung, diese Verwaltungsreform durchzuziehen. Schon heute steht fest, dass der politische Anspruch Vorrang hat vor den sozialen Belangen der Beschäftigten.


Zum Gesetzentwurf

Die Polizei des Landes Niedersachsen soll neu organisiert werden. Das Land Niedersachsen wird in 6 Flächen-Polizeidirektionen und 1 Polizeibehörde für zentrale Aufgaben neu gegliedert, an deren Spitze ein Landespolizeipräsidium (LPP) eingerichtet ist.

An ihrer Spitze steht jeweils ein Polizeipräsident, der, um bei der Amtsausübung eine fortdauernde Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Landesregierung zu gewährleisten, in Zukunft politischer Beamter sein wird.

Wenn mit der Neubildung von Polizeidirektionen eine vereinheitlichte Aufgaben- und Organisationsstruktur realisiert werden soll, so ist die Frage einer wirklich amtsangemessenen Dotierung der Funktion des Polizeipräsidenten zu überprüfen.

Die Neuorganisation der Polizei soll:

· Die Funktionalität und Eigenständigkeit der Polizei stärken,
· einheitliche Rahmenstrukturen schaffen, damit eine effektive und effiziente Aufgabenwahrnehmung gesichert wird,
· die Präsenz der Polizei in der Fläche und die Bürgernähe stärken
· die Tatortaufnahme und Sachbearbeitung zur Kriminalitätsbekämpfung optimieren, in dem besonderen fachliche Aufgaben, die spezielle Kenntnisse erfordern, zentralisiert werden,
· Führungsstäbe soweit wie möglich mit der Zielrichtung verschlanken, den operativen Bereich zu stärken.

Die bisherige Art und Weise der Umsetzung der Umorganisation der Polizei macht bereits deutlich, welche Auffassung die Niedersächsische Landesregierung von zukünftiger Polizeiarbeit in diesem Lande hat.

So sollen den neu zu bildenden Polizeidirektionen der Katastrophenschutz und auch der Brandschutz übertragen werden. Insgesamt wird damit eine neu gebildete Polizeidirektion zu einer allgemeinen Gefahrenabwehrbehörde.

Auf den ersten Blick mag die Vorstellung, die „allgemeine Gefahrenabwehr“ in einer Behörde zu organisieren, als Verwaltungsmodernisierung erscheinen. Tatsächlich - und das wird die praktische Umsetzung der Umorganisation der Polizei belegen - besteht die Gefahr, dass eine neue „Bezirksregierung-Light“ entsteht. Das Synonym dafür ist derzeit der bekannte Planungsstand in den Stäben.

Das eigentliche Ziel, Polizeiarbeit zu konzentrieren und Flächenpräsenz der Polizei zu erhöhen, wird mit der Übertragung eines generellen Auftrages der Gefahrenabwehr weitgehend kompensiert werden. Zu glauben, dass durch moderne Technik eine Zusammenführung dieser globalen Aufgabe möglich sein wird, wird allein aufgrund der finanziellen Haushaltslage des Landes Niedersachsen scheitern müssen.
Bereits heute steht fest, dass für den originären Bereich der inneren Sicherheit die Bundesrepublik Deutschland und damit auch das Land Niedersachsen technisch dem notwendigen Standard weit hinterher laufen.

Hier wird, weil politisch gewollt, eine Zentralisierung herbeigeführt, ohne die notwendigen Rahmenbedingungen für Ausstattung und Ausrüstung geschaffen zu haben.

Die Gewerkschaft der Polizei warnt vor diesem politisch populistischen Schnell-schuss. Auch das Schreckensszenario des Landesrechnungshofes mit ihren personalwirtschaftlichen Forderungen darf den Blick für eine nüchterne und sachliche Betrachtungsweise einer Umorganisation der Polizei nicht in den Hintergrund stellen und dabei die Beschäftigten nicht aus den Augen verlieren.

Abschließend ist darauf hinzuweisen: Gerade die Umorganisation und die spezi-fischen Probleme der Frauen in der Polizei des Landes Niedersachsen machen es notwendig, auf der Ebene des Landespolizeipräsidenten einen Dienstposten „Frauenbeauftragte“ einzurichten und zu besetzen.
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