Zum Inhalt wechseln

Landesjournal Niedersachsen Januar 2017 - Leitartikel - Digitalisierung 4.0

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Gewerkschaft der Polizei wünscht allen Mitgliedern und ihren Familien sowie denjenigen, die die Mitgliederzeitschrift immer interessiert lesen und nicht oder noch nicht Mitglied der größten Gewerkschaft in der Polizei sind, ein frohes und gesundes neues Jahr.

 
 
Dietmar Schilff, GdP Landesvorsitzender Niedersachsen (Foto: CH)
Dietmar Schilff, GdP- Landesvorsitzender
Foto: CH
 
Das letzte Jahr war für die gesamte Polizei und insbesondere für die einzelnen Beschäftigten wieder ziemlich anstrengend. Ob normaler Dienst, geschlossene Einsätze, Veränderung im Technikbereich, im dienstlichen Umfeld oder Terrorbedrohung – die Leistung der Polizei ist einzigartig. Auch wenn die GdP mit den gerade beschlossenen Haushaltsverbesserungen schon einiges erreicht hat, besteht weiterhin Handlungsbedarf in vielen Bereichen, die wir als GdP fortdauernd ansprechen und einfordern.

In einem Jahr wählen die Niedersachsen einen neuen Landtag. Etliche Themen werden wir als Wahlkampfziele übermittelt bekommen, wir werden diese bewerten und auch feststellen, was sich in den vergangenen fünf Jahren getan hat, was liegen geblieben ist und was von allen Parteien erwartet wird.

Dabei steht das Thema „Digitalisierung“ ganz oben auf der politischen Agenda. Die GdP hat dieses Thema gemeinsam mit dem Behördenspiegel bereits im April 2016 auf einer Fachveranstaltung behandelt. Dabei wurden auch die Handlungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten für Interessenvertretungen aufgegriffen, denn Digitalisierung bietet Chancen, birgt aber ebenso Risiken.

Auch innerhalb der Polizei wird es zu Veränderungen kommen, die Ein- Plattform-Strategie, der sogenannte Polizei-Client, soll bis Ende 2018 durch den Landesbetrieb IT.Niedersachsen am Laufen sein. In diesem Zusammenhang gibt es viele offene Fragen, die gelöst werden müssen. Wir informierten dazu bereits Anfang Dezember und haben die notwendigen Forderungen im Sinne der im IT-Bereich der Polizei tätigen Kolleginnen und Kollegen an die Verantwortlichen übermittelt. Wir werden genau hinschauen, inwiefern die Belange der Menschen beachtet werden.

Die Digitalisierung 4.0 wird also erhebliche Auswirkungen haben und muss gerade deshalb intensiver in den Fokus gerückt werden. Aus gewerkschaftlicher und personalvertretungsrechtlicher Sicht bedarf dieser Punkt daher einer viel stärkeren, bzw. einer anderen Akzentuierung.

Auswirkungen auf die Beschäftigten

Auf der Grundlage von Positionierungen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, des DGB sowie der GdP ist Folgendes zu beachten:

Digitalisierungsprozesse werden aus betriebswirtschaftlicher Sicht zumeist mit den Zielen der Rationalisierung und der Kostensenkung vorangetrieben. Das bedeutet auch: Digitalisierung ist nicht per se mit einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen verbunden, so die Erfahrung vieler Beschäftigter.

Digitale Arbeit ist häufig auch deshalb keine gute Arbeit, weil sie mit neuen Belastungen für Beschäftigte einhergeht, z. B. der Arbeits- und Persönlichkeitsüberwachung oder dem drängenden Problem einer permanenten Erreichbarkeit außerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten.

Chancen und Risiken liegen eng beieinander. Die Digitalisierung ermöglicht neue Formen der Arbeitsteilung und die Neudefinition von Arbeitsabläufen. Sie erlaubt orts- und zeitungebundene Arbeit. Ver- und Auslagerung von bisher durch die jeweilige Organisation durchgeführten Arbeiten, verbunden mit Bedrohungsszenarien gegenüber den Belegschaften zum Senken von sozialen Standards und zur Arbeitsintensivierung, werden so zum Alltag. Entgrenzung und ständige Erreichbarkeit werden zur Maxime der Arbeitsgestaltung.

Mit der Digitalisierung steigen die Anforderungen an kooperatives und autonomes Arbeiten. Arbeitsplanung, Kommunikation sowie Übernahme von Verantwortung in spezialisierten Tätigkeiten sind zentral und erfordern hohe sowie komplexe Kompetenzen. Die Digitalisierung erlaubt, wachsende Autonomiespielräume im Sinne der Beschäftigten zu erschließen und deren Life-Work-Balance zu verbessern.

Diese Spielräume, u. a. zur Verwirklichung verschiedener Formen der Telearbeit, liegen im Interesse vieler Beschäftigter. Die Digitalisierung macht eine Regulierung der Arbeit, die auch Grenzen setzt, umso notwendiger.

Die Gestaltung von digitaler mobiler Arbeit ist zum wichtigen Thema der Gewerkschaften und der Personalvertretungen geworden.

Forderungen zur Gestaltung guter digitaler Arbeit

Die Digitalisierung hat Einfluss auf die Gestaltung und Organisation unserer Arbeit. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles sagt über den digitalen Wandel und die Anforderungen an eine Dienstleistungspolitik: „Partizipation und Mitbestimmung sind nach meiner Überzeugung die besten Garanten dafür, dass technologische und soziale Innovationen Hand in Hand gehen. Eine Debatte über die soziale Verantwortung digitaler Modelle ist nötig. Hierzu gehört auch der Dienstleistungsbereich.“ Dem kann ich nur zustimmen.

Wir als GdP, gemeinsam mit den anderen DGB-Gewerkschaften, sehen es als zentrale Herausforderung der kommenden Jahre an, die Risiken des digitalen Umbruchs zu bewältigen und die Chancen auszuschöpfen, damit gute Arbeit und gute Dienstleistungen geschaffen werden.

Die Partizipation der Beschäftigten bei der Gestaltung und Einführung neuer Technologien und digitaler Prozesse muss sichergestellt werden. Damit kann sowohl die Innovationskraft der Mitarbeiter/-innen als auch das Humanisierungspotenzial der neuen Technologien am besten ausgeschöpft werden.

Es wird ein zeitgemäßer Beschäftigtendatenschutz benötigt, der den Herausforderungen gerecht wird.

Für uns als GdP und auch für die Personalvertretungen ist insbesondere der Schutz der psychischen und körperlichen Gesundheit wichtig. Digitale Arbeit ist häufig mit Erleichterungen und erweiterten Freiräumen für Beschäftigte verbunden, aber auch mit Gefährdungen und Belastungen, die aufgrund steigender Arbeitsintensität und Verantwortung vor allem im psychischen Bereich zugenommen haben.

Dafür steht die GdP

Gesundes Arbeiten in diesem Zusammenhang bedeutet auch für uns

  • dass Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes – etwa betriebliche Gefährdungsbeurteilungen – konsequenter angewendet werden, und
  • dass das Arbeitsschutzgesetz bezüglich des Schutzes der Beschäftigten vor psychischen Belastungen weiterentwickelt und spezifische Regelungen getroffen werden.

Dazu gehören wesentlich der Schutz von Daten und natürlich die Gewährleistung der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten. Es geht um die Verbesserung von Mitbestimmungsrechten, auch bei der Verlagerung von Arbeit im Zuge der Digitalisierung und es geht um die Anpassung des Arbeitsschutzes an die Gegebenheiten mobiler und digitaler Arbeit. Es geht den Interessenvertretungen um die Rechte und um den Schutz der Beschäftigten im Zusammenhang der fortlaufenden Digitalisierung. Insbesondere geht es uns um die Begrenzung von Erreichbarkeits- und Verfügbarkeitserwartungen, um mehr Zeit- und Ortssouveränität durch Varianten selbstbestimmter Telearbeit und um einen Beschäftigtendatenschutz auf der Höhe der Zeit, der den durch die digitale Vernetzung ausgelösten Gefährdungen der Persönlichkeitsrechte Rechnung trägt.

Hinzu kommt, dass die Qualifizierung und Fortbildung forciert wird und dass gesundes Arbeiten durch tarifvertragliche und gesetzliche Regelungen garantiert wird. Persönlichkeitsrechte müssen durch Schutz- und Abwehrmaßnahmen gewahrt werden, welche auch in einem zeitgemäßen Beschäftigtendatenschutzgesetz normiert werden müssen. Die Frage von mehr Arbeits- und Lebensqualität muss diskutiert werden, indem Tätigkeitsanteile sofern gewollt und möglich, an einem selbst zu bestimmenden Arbeitsplatz erbracht werden können. Die Mitbestimmungsrechte von Interessenvertretungen müssen gestärkt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wenn man sich alleine die Ausgabe der GdP-Fachzeitschrift „Polizei-Praxis“ Anfang 2016 durchliest, so sieht man, wie wichtig die Beteiligung der Beschäftigten und von Gewerkschaften und Personalvertretungen auch über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus ist.

In einem Artikel geht es um „den Polizisten aus Fleisch und Blut – mit Bits und Bites“, in einem anderen um mobiles Identitätsmanagement. In einem weiteren um eine „Kleine App mit großer Wirkung“, eine Smartphone-App zur besseren Kommunikation, der nächste setzt sich mit einer stabilen und hoch verfügbaren Funkkommunikation im Inneren von Bauwerken auseinander, dann geht es um „Die nächste Generation – Digitalfunk 2.0“ und in einem Artikel um den interaktiven Streifenwagen und weiter um die „Mobile Kommunikation und die damit im Zusammenhang stehenden Risiken“.

Ich hatte anfangs von Chancen und Risiken gesprochen.

Chancen gibt es mit der Digitalisierung bei der Kriminalitätsbekämpfung, der Verkehrsüberwachung und weiteren polizeilichen Tätigkeiten. Ebenso gibt es Chancen bei zukünftigen modernen Arbeitsmodellen.

Risiken bestehen beim Daten- und Beschäftigtenschutz, bei z. B. Mobilitäts-, Standort- und Arbeitsplatzkontrollen, bei der ständigen Erreich-barkeit und der Nutzung zu Leistungskontrollen.

Es bestehen Bedenken bei den Beschäftigten, deshalb müssen Vereinbarungen getroffen werden, die die Ängste und Befürchtungen minimieren helfen.

Es gibt auch zukünftig viel zu tun, bei der fortschreitenden Digitalisierung und bei weiteren Themen darüber hinaus. Verbesserungen schaffen wir nur in starker Solidarität.

Das Erreichte ist nicht selbstverständlich. Die GdP wird weiterhin gemeinsam mit den vielen Mitgliedern für die Polizeibeschäftigten aktiv sein, um das Bestmögliche herauszuholen.

Dietmar Schilff,
GdP-Landesvorsitzender

Mitglieder können die gesamte Ausgabe des LandesJournals und ältere Ausgaben als PDF-Datei frühzeitig downloaden.
  • Voraussetzung in dieser Sitzung ist die Authentisierung durch unser Login-Verfahren >>>.
  • Sie haben noch kein Mitglieds-Login? Beantragen Sie es hier >>>.
  • Sie sind schon eingeloggt? Dann direkt zu den Downloads >>>
Falls Sie einen Leserbrief zu einem Artikel in DEUTSCHE POLIZEI schreiben möchten, klicken Sie bitte auf das jeweilige Mail-Zeichen.
Bitte vergessen Sie nicht, den Artikel zu nennen, zu dem Sie sich äußern möchten.
.
Zu einem Artikel des LandesJournals Niedersachsen:

redaktion@gdpniedersachsen.de

Zu einem Artikel des bundesweit einheitlichen Teils:

leserbrief-dp@gdp-online.de
.

Die Leitartikel aller Ausgaben von DEUTSCHE POLIZEI LandesJournal Niedersachsen des gewählten Jahres:

This link is for the Robots and should not be seen.