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WSP aktuell vom 15.07.2010

Umweltschutz auf niedersächsischen Gewässern nur Makulatur?

Hannover.

Das finanzielle Einsparungsgewitter, das von der Landesregierung Niedersachsen über alle Ressorts gehen soll, kündigt sich schon mit Donnergrollen an. Erste Anzeichen deuteten bereits im Juni 2010 darauf, dass die Wasserschutzpolizei Niedersachsen (WSP NI) ihre Aufgaben in der jetzigen Form nicht mehr erfüllen soll.

Aus der Politik war von Reduzierung des Personalstamms um ein Viertel und Zuordnung zu den Flächendirektionen die Rede. Der Innenminister Uwe Schünemann äußerte sich auf dem Jahresempfang der Zentralen Polizeidirektion (ZPD) am 17. Juni 2010 dahingehend, dass er die WSP für einen unverzichtbaren Bestandteil der Inneren Sicherheit halte. Deshalb seien auch neue Küstenbote beschafft worden. Für das Binnenland werde geprüft, ob Kooperationen mit den PI'en sinnvoll seien. Zu möglichen Personaleinsparungen bei der WSP äußerte er sich nicht. Diese scheinen aber nach Informationen der GdP im bis zu dreistelligen Bereich möglich.

Der GdP-Fachausschuss WSP zeigt auf, warum dies der falsche Weg wäre

Solche Bestrebungen zeichnen vor dem aktuellen Hintergrund der Ölkatastrophe vor der US-Küste eine sehr bedenkliche Entwicklung in der strategischen Ausrichtung der niedersächsischen Polizei.
  • Will es sich die Landesregierung leisten, den Teil der Polizei zu reduzieren oder aufzulösen,  der gerade im Bereich des Umweltschutzes auf unseren Wasserstraßen in Niedersachsen und auf der Nordsee das erforderliche Spezialwissen und Know-how aufweist?
  • Soll in Kauf genommen werden, dass die Strände von Norderney, Borkum oder Juist genau so aussehen wie zurzeit die US-Küste, nur weil die niedersächsische Polizei sich aus dem Bereich der Überwachung der Schifffahrt immer mehr zurückzieht?

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Wasserschutzpolizei zeigt Flagge: In Oldenburg waren am 15. Juni 2010 über einhundert Kolleginnen und Kollegen dem Aufruf der GdP gefolgt und haben gegen Sparmaßnahmen bei der WSP NI protestiert. Es geht die Sorge um – vor dem Hintergrund des Informationsstandes Mitte Juni – dass 100 der 230 Stellen in den WSPK Brake, Wilhelmshaven, Emden und Hannover gestrichen werden könnten, oder selbst eine komplette Auflösung der WSPK nicht auszuschließen sei. Mit einer deutlich reduzierten Personalstärke ließen sich die Aufgaben jedoch nicht mehr bewältigen. Ein 24-Stunden-Dienst ließe sich so nicht mehr aufrecht erhalten. Am 1. und 2. August will das Kabinett in der Haushaltsklausur über die
Sparmaßnahmen entscheiden (siehe Artikel „Glückauf, Herr Ministerpräsident!“).
Text: Red., Foto: GdP
 
 

Erst im Oktober 2009 haben sich die Nordsee-Staaten und die Europäische Gemeinschaft auf die Grundstruktur eines Aktionsplanes zur Bekämpfung von illegalen und unfallbedingten Verschmutzungen des Nordseeraumes und seiner Seewege geeinigt. Es sollen insbesondere die Vermeidung, Vorsorge und Bekämpfung von Meeresverschmutzungen gestärkt werden, die in einer der weltweit meist befahrenen Schifffahrtsregionen durch die Schifffahrt oder andere maritime Aktivitäten verursacht werden.
Neben der effizienten Struktur des Bonn-Abkommens hinsichtlich der gemeinsamen Luft- und Satellitenüberwachung zur Ermittlung und Abschreckung von illegalen Einleitungen und der gemeinsamen Notfallvorsorge bleibt die Gefahr von Unglücken und Verschmutzungen - hauptsächlich aufgrund größerer Schiffe, steigenden Ladungsaufkommens und der Gefährlichkeit vieler Transportgüter -  so ausdrücklich die Presseerklärung zum Abkommen Oktober 2009[1].
In diesem polizeilichen Tätigkeitsfeld arbeitet die WSP NI entlang der norddeutschen Küste und im Binnenland. Die gesetzlich übertragenen schifffahrtspolizeilichen Vollzugsaufgaben werden als Kernaufgabe der WSP in Zusammenarbeit mit den Partnern der norddeutschen Küstenländer und den Bundesbehörden effizient wahrgenommen. Gesteuert wird die Zusammenarbeit seit 2007 durch das Gemeinsame Lagezentrum See (GLZ-See) in Cuxhaven[2]. Die Ermittlung von Umweltsündern wird vom GLZ-See maßgeblich unterstützt und über die zuständigen Wasserschutzpolizeien der Länder durchgeführt.
Schon jetzt werden zehntausende Tonnen Öl von der Seeschifffahrt in die Nordsee eingeleitet. Hoher Zeit- und Kostendruck der Reedereien führt regelmäßig dazu, dass Ölabfälle und andere wassergefährdende Stoffe illegal in die Nordsee gepumpt werden. Bereits 1996 stellte Carlo van Bernem, Biologe am Institut für Küstenforschung in Geesthacht[3], in einer Studie fest, dass jährlich ca. 100.000 t Öl in die Nordsee eingeleitet würden. Die Seeschifffahrt sei daran mit 23 % beteiligt.
Nicht nur an der Küste, auch im Binnenland besteht ein enges Netzwerk der WSP'en der Länder. Polizeiliche Ermittlungen nach Umweltdelikten, z.B. illegale Einleitung von ölhaltigen Abwässern in die Kanäle und Flüsse, werden in enger Kommunikation mit den benachbarten WSP'en der Länder geführt.
Schiffskontrollen werden zentral erfasst, Beweissicherungsmaßnahmen sowie Vernehmungen durchgeführt und an die zuständige WSP weitergeleitet.

Die WSP NI wurde erst in 2007 unter deutlicher Personalreduzierung und Auflösung bzw. Zusammenlegung von Dienststellen grundlegend neu aufgestellt. Im Binnenland verblieb von vier Kommissariaten lediglich eines in Hannover. Von hier werden die Hauptschifffahrtsrouten von Hamburg und Bremen ins Hinterland überwacht. Allein die Schleuse Anderten in Hannover verzeichnete in 2009 einen Durchgang von über 16.000 Binnenschiffen. Dabei wurden 1,3 Mio. Tonnen Mineralölerzeugnisse und über 650.000 Tonnen chemische Erzeugnisse transportiert. Die Kontrolle des Transports gefährlicher Güter ist eine wesentliche Kernaufgabe der WSP im Binnenbereich.
In 2007 wurde im Rahmen der Projektgruppe "Überpüfung der Aufbau- und Ablauforganisation der WSP Niedersachsen" geprüft, ob Kooperationen mit den PI'en sinnvoll seien. Diese Möglichkeit der Anbindung einer WSP an die Fläche wurde jedoch als nicht praktikabel verworfen:
Trennung von Dienst- und Fachaufsicht, Vergleichbarkeit der Polizeiinspektionen, Verlust der fachspezifischen Kompetenz durch vermehrte Heranziehung für allgemeinpolizeiliche Aufgaben, Zuständigkeitsbereiche über mehrere Polizeidirektionen hinweg, waren nur einige Argumente, die deutlich gegen eine Anbindung der WSP an die Fläche sprachen.
Dass nun erneut diese Diskussion aufleben soll, erscheint aus Sicht des FA WSP der GdP nicht sinnvoll. Einsparmöglichkeiten zu finden, ist vor der aktuellen Haushaltssituation zwingend notwendig, aber sie müssen immer maßvoll mit Blick auf die jeweiligen Aufgaben erfolgen. Der Versuch, die WSP NI unter erheblicher Personalreduzierung ganz oder in Teilen der Fläche zuzuordnen, wird der Aufgabe, Sicherheit auf unseren Gewässern zu produzieren, nicht gerecht. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass mit haushaltsrechnerischen Taschenspielertricks Personaleinsparungen auf dem Papier erzeugt werden sollen.
Und mal ehrlich: Was für einen synergetischen Sinn macht es, die WSP im Binnenland an die Schutzpolizei anzugliedern, wenn die WSP an der Küste weiter besteht? Oder befinden wir uns etwa schon im Vorbereitungsstatus für die Zerschlagung einer ganzen Direktion?
Der FA WSP der GdP Niedersachsen fordert die Landesregierung zu folgenden Maßnahmen auf:
  • Erhalt der WSP Niedersachsen in ihrer jetzigen Struktur
  • Weiterführung der erforderlichen Erneuerung des überalterten Bootsparks
  • Schwerpunktsetzung „Polizei 2020“ auf Bekämpfung der Umweltkriminalität
Michael Kock, Vorsitzender FA WSP
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