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Deutsche Polizei Niedersachsen 12/20

Ruhepausen und Ruhezeiten

Frank Jürges, Vorsitzender des Personalrats bei der ZPD NI

Foto: GdP
Foto: GdP

Ruhezeiten und Ruhepausen dienen der Regeneration und dem Schutz der Beschäftigten. Dadurch sollen Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet und Unfälle durch Erschöpfung, Überanstrengung oder mangelnde Konzentration vermieden werden.

Es ist eine gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnis, dass bei längeren Arbeitszeiten nicht nur das Unfallrisiko überproportional ansteigt. Auch die Fehlbeanspruchungen durch psychische Belastungen steigen überdurchschnittlich an. Zudem gilt: Viele Verordnungen und rechtliche Regeln, die gesundheitlich noch akzeptable Belastungen festhalten, beziehen sich auf den 8-Stunden-Tag. Insofern sollten bei Arbeitszeiten über 8 Stunden besondere Schutzmechanismen aufgebaut werden. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht nur die Arbeitszeit, sondern auch die Zeit, in der nicht gearbeitet werden darf.
Die Niedersächsische Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten regelt die Pausen und Ruhezeiten zum Schutz der Beamtinnen und Beamten. Für den Polizeivollzugsdienst ist der seit 1992 gültige Erlass „Arbeitszeitregelung für den Polizeivollzugsdienst“ zusätzlich anzuwenden. Allerdings hat die Rechtsprechung und haben neue Rechtsvorschriften dazu geführt, dass in diesem nunmehr über 28 Jahre alten Erlass wesentliche Regelungen nicht mehr der gültigen Rechtslage und den Schutzrichtlinien entsprechen.
Diesen Zustand hat das Landespolizeipräsidium endlich erkannt und, auch auf Druck des Landesrechnungshofes mit der Prüfung „Überstunden bei der Polizei“, eine Arbeitsgruppe zur Überarbeitung und Neugestaltung der Arbeitszeitregelungen bei der Polizei eingerichtet.
Das bedeutet, dass auch Pausen- und Ruhezeitenregelungen auf dem Prüfstand stehen. Sie sollten für die Zukunft auf rechtlich fundierter Basis Eingang finden in einen neu zufassenden Erlass zum Schutz der Beschäftigten in der Polizei Niedersachsen finden.
Unterschied zwischen Ruhezeit und Ruhepause

Es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen den Begriffen Ruhezeit und Ruhepause:
  • Ruhepause: Ist die Pausenzeit innerhalb der Arbeitszeit.
  • Ruhezeit: Darunter versteht man die Zeit zwischen dem Ende der Arbeitszeit einer Arbeitsperiode, also Beispielweise Dienstschicht und dem Beginn einer Arbeitszeit der neuen Arbeitsperiode.

Ruhepausen sind für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die nach § 4 ArbZG vorgeschriebene Unterbrechungen einer sechs- bis neunstündigen Arbeitszeit durch eine halbstündige Pause und die Arbeitspause von 45 Minuten nach neun Stunden Arbeit. Während einer Pause dürfen keine Arbeiten stattfinden.

Für Beamtinnen und Beamte sind Ruhepausen gem. § 5 der Niedersächsischen Arbeitszeitverordnung für Beamtinnen und Beamte (Nds. ArbZVO) allgemein vorgesehene oder in Gleitzeitregelungen darüber hinaus zugelassene Unterbrechungen der Arbeitszeit, in denen Beamtinnen oder Beamte von der Arbeitsleistung freigestellt sind und sich auch nicht bereitzuhalten braucht. Die Mindestdauer der Pausen beträgt auch hier bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 bis 9 Stunden mindestens 30 Minuten, bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden 45 Minuten. Ruhepausen dienen der Erholung und werden nicht auf die Arbeitszeit angerechnet, es sei denn, eine Beamtin oder ein Beamter arbeitet im Wechselschichtdienst. Während der Ruhepausen müssen sich Beamtinnen und Beamte nicht für den Dienst bereithalten. Von den Pausenzeiten sind die Ruhezeiten zu unterscheiden.

11 Stunden Ruhe sind Pflicht: Aufteilung der Ruhezeit nicht möglich
Ruhezeit meint den ununterbrochenen Zeitraum zwischen Ende einer Arbeitsperiode und Beginn einer neuen. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist nach § 5 ArbZG für Beschäftigte und nach § 5 Abs. 3 Nds. ArbZVO für Beamtinnen und Beamte eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden zu gewährleisten. Es ist der Zeitraum, in dem die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter nicht zur Arbeit herangezogen werden darf.

Beispiel: Eine Mitarbeiterin hat nach Beendigung des normalen Arbeitstages Überstunden oder Mehrarbeit bis 23 Uhr geleistet.

Ruhezeiten Die gesetzlichen Regelungen für Beschäftigte und die auf einer Verordnung beruhenden Regelungen für Beamtinnen und Beamte sind grundsätzlich einzuhalten, bevor am nächsten Arbeitstag wieder gearbeitet werden darf. In diesem Fall darf am nächsten Tag erst wieder um 10 Uhr die Arbeit beginnen.

In einem Zeitraum von 24 Stunden muss jeder Beamte jede Beamtin eine Mindestruhe Zeit von 11 zusammenhängenden Stunden gewährt werden. Pro Siebentageszeitraum steht Beamtinnen und Beamten zusätzlich eine zusammenhängende Mindestruhezeit von 24 Stunden zu. Wichtig ist, dass diese 35 Stunden Ruhezeit zusammenhängend gewährt werden. Eine Aufteilung in einzelne Zeitabschnitte darf nicht erfolgen. Ebenso wenig darf jemand zur Arbeit, Arbeitsbereitschaft, zum Dienst oder Bereitschaftsdienst herangezogen werden. Unzulässig ist auch, für die Dauer der Ruhezeit Arbeiten zur häuslichen Erledigung mitzugeben. Jede Unterbrechung der Ruhezeit durch Arbeitsleistung setzt eine neue, ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden in Gang.
Unter dem Stichwort der Flexibilisierung der Arbeitszeit, der Nutzung digitaler Medien und Software (Homeoffice, Smartphone, E-Mail, NIMes, etc.) kommt der arbeitszeitrechtlichen Definition der dienstlichen Arbeitsleistung, damit Arbeitszeit und Unterbrechung von Ruhepausen und Ruhezeiten, eine immer größer werdende Bedeutung zu. Es sind noch zahlreiche Fragen zum Schutz der Beschäftigten zu klären: Ist die Beantwortung einer dienstlichen E-Mail während einer Ruhezeit Arbeitszeit und damit eine Unterbrechung mit den entsprechenden Folgen? Ist eine dienstliche Kommunikation über NIMes während einer Ruhezeit als Arbeitszeit zu werten? Ist der inzwischen schon lapidare und nahezu alltägliche dienstliche Anruf auf einem Smartphone als Arbeitszeit zu definieren? Und wenn ja, wie wird diese erfasst?

Abweichungen von den Pausen- und Ruhezeiten
Abweichungen von der in § 4 ArbZG geregelten Ruhepause und zu den im § 5 ArbZG geregelten Ruhezeit sind für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglich. Voraussetzung dazu ist, dass ein dafür geltender Tarifvertrag besteht oder eine auf diesem Tarifvertrag beruhende Dienstvereinbarung. Eine dienstliche Verfügung ist nicht ausreichend. Das Nichteinhalten der Pausenregelungen oder der Ruhezeitenregelungen des Arbeitszeitgesetzes für Tarifbeschäftigte könnte im Kontext der Bußgeldvorschrift des § 22 ArbZG oder der Strafvorschriften des § 23 ArbZG zu bewerten sein.
Für Beamtinnen und Beamte sind Abweichungen auf der Grundlage des § 9 Nds. ArbZVO möglich. Zuständig sind die Dienstvorgesetzten. Dienstvorgesetzte oder Dienstvorgesetzter ist gem. § 3 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG), wer für beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihr oder ihm nachgeordneten Beamtin oder des ihr oder ihm nachgeordneten Beamten zuständig ist. Das dürften in der Regel die oder der Behördenleiter sein.
Es ist eine arbeitsmedizinisch mehrfach bestätigte, gesicherte Erkenntnis, dass die Regeneration nur dann zum Tragen kommt, wenn die Ausgleichszeiträume für Mehrarbeit möglichst zeitnah eingeräumt werden. Erschöpfung kann fünf Monate später kaum noch effektiv „ausgeglichen“ werden. Daher sollten Dienststellen und Personalvertretungen auf Basis dieser Erkenntnis belastbare und transparente Regelungen treffen, die nach Abweichungen zeitnah dem Gesundheitsschutz und der Regeneration dienen. Die intensive Einbindung der Betroffenen ist zwingend vorzunehmen. Abweichungen von den rechtlichen Normen sind unter bestimmten Bedingungen ausnahmsweise möglich. Abweichungen dürfen aber nicht zur Normalität werden.

Mitbestimmung durch den Personalrat
Zum einen schreibt § 59 NPersVG mit der Nr. 2 den Personalräten einen Handlungsauftrag und die allgemeine Aufgabe zu, darauf zu achten, dass die zugunsten der Beschäftigten geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Vereinbarungen nach § 81 NPersVG, Dienstvereinbarungen und Verwaltungsvorschriften durchgeführt werden. Zum anderen, haben die Personalvertretungen innerhalb der Polizei gem. § 66 Abs. 1 Nr. 1a) NPersVG ein konkretes Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung von Dauer, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Das bedeutet, dass bereits der Gesetzgeber den Personalvertretungen eine besondere Rolle bei der Gestaltung der Pausen und Ruhezeiten zum Schutz der Beschäftigten zugeschrieben hat.

Daraus ergeben sich zwei Konsequenzen für die Mitbestimmung:
  • Verlängerung der Arbeitszeit nicht ohne vorherige Zustimmung des Personalrats (PR) bei jeglicher Überschreitung der 8-Stunden-Grenze und
  • vorherige Zustimmung des Personalrats bei Regelungen zum Ausgleichszeitraum.

Auch bei den Verhandlungen zur Lage der täglichen Arbeitszeit kann der PR arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse einbringen. Dazu gehört auch die Sicherung der ausreichend langen, eingeplanten Arbeitspausen und der mindestens 11-stündigen Ruhezeit vor erneuter Arbeitsaufnahme.

Die Themen Ruhepausen und Ruhezeiten wurden und werden innerhalb der Polizei in vielen Bereichen stiefmütterlich behandelt und oft nicht ernst genommen. Der Landesarbeitsgruppe zum Thema Arbeitszeit kommt eine immense Bedeutung bei der Normierung dieses Themas zu. Die Personalräte mit ihrem gesetzlichen Auftrag und ihrer Kontrollfunktion sowie die Gewerkschaft der Polizei als die größte Interessenvertretung spielen eine zentrale Rolle. Es wird Zeit, den Gesundheitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich in den Mittelpunkt zu stellen. Die Aussage: „Das geht nicht, dafür haben wir zu wenig Personal“, kann und darf nicht länger als Ausrede und Rechtfertigung für das Nichteinhalten von Pausen und Ruhezeiten herangezogen werden.
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