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Polizeiverwaltung aktuell

Polizeiverwaltung: Ein Arbeitstag im Rechtsdezernat

Rund 400 Akten befinden sich bei ihr in Bearbeitung: Andrea Dransmann, PD Osnabrueck Polizeiverwaltung, Rechtsdezernat (Foto: privat für GdP DP 07/2021)
Rund 400 Akten befinden sich bei ihr in Bearbeitung: Andrea Dransmann, PD Osnabrueck Polizeiverwaltung, Rechtsdezernat (Foto: privat für GdP DP 07/2021)
Hannover.

In der DP Ausgabe 05/2021 erzählte die Kollegin Denise Sahrhage von ihrem Arbeitsalltag. Dieses Mal berichtet Andrea Dransmann, die seit elf Jahren im Rechtsdezernat der PD Osnabrück arbeitet, von ihrem herausfordernden Tagesablauf.

Rund 400 Akten befinden sich bei ihr in Bearbeitung: Andrea Dransmann, PD Osnabrueck Polizeiverwaltung, Rechtsdezernat (Foto: privat für GdP DP 07/2021)
Rund 400 Akten befinden sich bei ihr in Bearbeitung: Andrea Dransmann, PD Osnabrueck Polizeiverwaltung, Rechtsdezernat (Foto: privat für GdP DP 07/2021)
Im Rechtsdezernat bin ich zuständig für die Verfolgung von Ansprüchen des Landes Niedersachsen gegen Dritte. Dabei handelt es sich z.B. um Forderungen aus Widerstandshandlungen gegen PVB[1] (Dienstausfallkosten, Heilbehandlungskosten sowie Sachschäden, z.B. Dienstkleidung), aber auch Sachschäden an Polizeieigentum (z. B. mutwillige Beschädigung von Funkstreifenwagen oder an Polizeigebäuden etc.) werden von mir bearbeitet. Die dem Land erstandenen Kosten werden beim Verursacher geltend gemacht und bei Nichtzahlung durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen weiterverfolgt. Zurzeit befinden sich ca. 400 Akten bei mir in Bearbeitung, täglich kommen neue hinzu. Mein ältester Vorgang ist aus dem Jahr 1993, die Höhe der jeweiligen Forderungen reicht von 50 bis 150.000 Euro.

Montag, 06:30 Uhr

Ich beginne meinen Dienst. Da es ohne den morgendlichen Kaffee nicht geht, wird noch schnell die Kaffeemaschine in Marsch gesetzt. Jetzt kann es losgehen. Alle Schadensakten sind in einer Datenbank gespeichert und haben jeweils ein individuelles Wiedervorlagedatum, da der Bearbeitungsstand unterschiedlich ist. Für heute erscheinen 15 Akten auf Wiedervorlagetermin, scheint ja heute mal übersichtlich zu sein.

Bei vielen Akten muss ich mich jedes Mal erneut in die Vorgänge einlesen, was natürlich zeitaufwändig ist. Einige begleiten mich allerdings schon über viele Jahre, hier bin ich sofort im Bilde. Viele Schuldner, mit denen ich es im dienstlichen Alltag zu tun habe, sind finanziell nicht gut gestellt und haben daher für die Begleichung der Forderung eine Ratenzahlung vereinbart. Sechs davon stehen für heute zur Überprüfung an, was relativ schnell erledigt ist.

Leider sind nicht alle Schuldner willens oder in der Lage, die Raten pünktlich zu entrichten. Heute sind nur für vier Vorgänge die Zahlungen eingegangen. Die beiden anderen Schuldner befinden sich im Verzug. Da sie jeweils bereits mit zwei Raten im Verzug sind, versende ich hier eine Mahnung und drohe mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.

Für drei ältere Akten stehen zum wiederholten Male neue Anträge auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen an. Sofern ein Schuldner zahlungsunfähig ist, gibt er beim zuständigen Gerichtsvollzieher (GV) eine Vermögensauskunft ab, die ihn für zwei Jahre vor weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen schützt. Nach Ablauf der zwei Jahre rücke ich ihnen aber wieder auf den Leib. Zunächst muss ich die aktuelle Adresse überprüfen, damit die Anträge an die richtigen Amtsgerichte versandt werden. Meine Recherche hat ergeben, dass alle Schuldner noch unter derselben Adresse gemeldet sind, so dass es schnell geht mit den Anträgen an die Gerichtsvollzieherverteilerstelle der Amtsgerichte.

Erfahrungsgemäß dauert die Bearbeitung durch die Gerichtsvollzieher ca. 2 -3 Monate, so dass die Vorgänge entsprechende Wiedervorlagetermine bekommen.

Zwischendurch ruft ein Schuldner an, der mir mitteilt, dass er aufgrund eines momentanen finanziellen Engpasses leider seine monatliche Rate nicht zahlen kann. Da dieser Schuldner bisher jeden Monat seine Raten pünktlich gezahlt hat, bitte ich ihn, mir dieses kurz schriftlich mitzuteilen und signalisiere ihm, dass ich eine kurzfristige Stundung in diesem Fall genehmigen werde.

11:00 Uhr

Die neue Post wird hereingebracht, heute handelt es sich um Rückmeldungen von erfolglosen Zwangsvollstreckungen durch Gerichtsvollzieher. Das ist leider an der Tagesordnung. Zusätzlich wird noch ein Widerspruch durch einen Rechtsanwalt gegen eine geltend gemachte Forderung eingelegt. Da das mehr Zeit in Anspruch nimmt, lege ich das zunächst beiseite und prüfe weitere Akten aus der heutigen Wiedervorlage.

Bei zwei Akten konnten Forderungen zwar geltend gemacht, aber aufgrund von Obdachlosigkeit und Ausreise ins Ausland nicht weiterverfolgt werden. Hier muss in regelmäßigen Abständen geprüft werden, ob es mittlerweile neue Anhaltspunkte hinsichtlich des Aufenthaltsortes gibt, da bei Nichtvorliegen eines Vollstreckungstitels nach drei Jahren Verjährung droht. Einen Vollstreckungstitel bekommt man übrigens, indem man einen Vollstreckungsbescheid erwirkt hat, oder durch ein Gerichtsurteil.

Leider ergibt die Prüfung keine neuen Anhaltspunkte für einen Aufenthaltsort. Also versuche ich es in sechs Wochen wieder.

12:00 Uhr

Mittagszeit, anschließend kümmere ich mich um die restlichen vier Akten. Eine Akte ist eine laufende Privatinsolvenz. Diese Forderung kann deshalb sechs Jahre lang nicht verfolgt werden. Da in diesem Fall aber unserer Forderung eine vorsätzlich schuldhaft begangene Handlung des Schuldners zugrunde liegt, kann nach Erteilung der Restschuldbefreiung ein erneutes Vollstreckungsverfahren durchgeführt werden. Alle anderen Forderungen unterfallen der Restschuldbefreiung. Hier überprüfe ich den aktuellen Sachstand und stelle fest, dass das Verfahren noch läuft. In sechs Monaten werde ich den Sachstand wieder prüfen und widme mich daher den anderen Akten.

Die nächste Akte beinhaltet einen Widerspruch gegen eine Schadensersatzforderung. Hier sollte das Gerichtsverfahren in dieser Angelegenheit abgewartet werden, um unsere Ansprüche zu prüfen. Also stelle ich eine Anfrage an das zuständige Gericht, ob mittlerweile ein Urteil ergangen ist und bitte um eine Kopie. Auch hier muss ich erst den weiteren Verlauf abwarten.

Bei den letzten Akten handelt es sich um vor ca. drei Monaten erlassene Vollstreckungsanträge, die bisher noch nicht durch die zuständigen GV zurückgesandt worden sind. Hier frage ich bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher den aktuellen Bearbeitungsstand an.

Zwischendurch erledige ich noch einige Telefonate mit diversen Angelegenheiten.

13:30 Uhr

Nun kann ich mich mit der heute eingegangenen Post befassen. Zwei Gerichtsvollzieher schicken die Unterlagen nach erfolglos durchgeführter Zwangsvollstreckung zurück. Die Schuldner haben eine Vermögensauskunft (früher Offenbarungseid) abgegeben. Hieraus ergibt sich, dass keine Vermögenswerte vorhanden sind. Zwei Jahre sind die Schuldner jetzt geschützt. Erst dann kann ich einen erneuten Versuch starten. Hier werde ich morgen Vermerke für eine befristete Niederschlagung der Forderung verfassen.

Zuletzt widme ich mich dem Widerspruchsschreiben des Rechtsanwalts gegen eine von uns gegenüber seinem Mandanten geltend gemachten Forderung. Ich ziehe mir die Akte, um mich mit dem Sachverhalt vertraut zu machen. Der Rechtsanwalt behauptet, sein Mandant sei bei der Widerstandshandlung gegen den PVB schuldunfähig gewesen. Er verweist auf vorhandene Gutachten. Also werde ich morgen die Übersendung der entsprechenden Gerichtsakte beantragen um das weitere Vorgehen zu prüfen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass Widerstandshandlungen für die Verursacher nicht nur strafrechtliche, sondern auf jeden Fall auch finanzielle Konsequenzen hat. Die Umfänge der Forderungen können beträchtlich sein und die Schuldner ein Leben lang verfolgen. Auch Lohnpfändungen und Eintragungen von Hypotheken auf Immobilien kommen vor.

Morgen geht es weiter. Mal schauen was mich dann erwartet.

Andrea Dransmann



[1] PVB: Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamte (Anm. Webred)

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