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Arbeitszeitkongress

GdP setzt mit Forderungen Maßstäbe

Sascha Göritz und Andreas Kauß stellen die Forderungen der GdP vor; Bild: PM
Sascha Göritz und Andreas Kauß stellen die Forderungen der GdP vor; Bild: PM

Die Auseinandersetzung mit dem Komplex Arbeitszeit gehört zu den Schwerpunkten der gewerkschaftlichen Arbeit in der GdP. Das Thema berührt alle Arbeitsbereiche der Organisation Polizei und ist entsprechend vielschichtig. Der Arbeitszeitkongress am 8. September 2021 hat verdeutlicht, dass die GdP Niedersachsen mehr als nur eine Duftnote in den laufenden Diskussionen rund um einen neuen Arbeitszeiterlass gesetzt hat.

Roger Fladung, Ralf Leopold, Dietmar Schilff, Stephan Manke, Martin Hellweg, Axel Brockmann, Kevin Komolka; Bild: PM
Roger Fladung, Ralf Leopold, Dietmar Schilff, Stephan Manke, Martin Hellweg, Axel Brockmann, Kevin Komolka; Bild: PM
Zentral für die Auseinandersetzung der Beiträge auf dem Podium waren sieben Gewerkschafter/-innen, die nach der Begrüßung der Gäste durch den Landesvorsitzenden Dietmar Schilff in eindrucksvollen und authentischen Statements verdeutlichten, wo sie das Thema „Arbeitszeit“ in ihrem Alltag beschäftigt: Zu kurzfristige Dienstplanungen, regelmäßige Überschreitung der Arbeitszeit, mangelnde Beachtung des Arbeitsrechtes für Tarifbeschäftigte, schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf und einiges mehr. In all diesen Beiträgen wurde deutlich, dass die Vortragenden ihre Aufgaben in der Organisation mit Passion und Spaß ausüben, gleichzeitig machten sie aber auch klar, dass es Motivation und Leistungsfähigkeit belastet, wenn Planungssicherheit fehlt, der Eindruck entsteht, ständig verfügbar sein zu müssen und es an Konzepten fehlt, die kurzfristige Ausfälle oder plötzliche Mehrarbeit abfedern.
Sascha Göritz und Staatssekretär Stephan Manke; Bild: PM
Sascha Göritz und Staatssekretär Stephan Manke; Bild: PM
Dass es Handlungsbedarf gibt, hat auch Staatssekretär Stephan Manke erkannt, der sich beeindruckt von den Berichten aus der Praxis zeigte. „Die Polizei ist viel komplexer als andere Verwaltungen“, erklärte er die besonderen Herausforderungen, stellte aber gleichzeitig klar, dass politisch ein hoher Anspruch an ein modernes Verständnis von Arbeitszeit gestellt würde: „Wir wollen ein System, das für alle gilt, mit hoher Flexibilität und einem hohen Maß an Eigenverantwortung.“ Er begrüßte außerdem, dass das Thema persönliches Dispositionsrecht auch für den Wechselschichtdienst angesprochen wurde. Auch, wenn es zum Beispiel im ESD im Vergleich zu anderen Bereichen nicht auf gleiche Weise umzusetzen sei, gäbe es viele Ansätze, die man nutzen könne: "Ich glaube wir können dieses Modell umsetzen." Bis Sommer 2022 werde man noch brauchen, um die Planungen umzusetzen und dabei alle, von den Beschäftigten über die Personalvertretungen und die Führungskräfte, mitzunehmen.

Wie komplex das Thema sein kann, wurde auch im Beitrag von Thore Tippe, Justiziar der GdP Niedersachsen, deutlich. Gleichzeitig zeigte er aber auch auf, dass die geltenden Arbeitszeitrichtlinien für die Polizei grundsätzlich anzuwenden sind und nur in sehr eng definierten Ausnahmen auszusetzen sind. Vor allem seine Ausführungen zum Gesundheitsschutz, der einen wichtigen Hintergrund der Richtlinien darstellt, stießen auf großes Interesse und führten zu diversen weiterführenden Fragen zu den Themen Pausenzeiten und Mehrarbeit aus dem Plenum. Vor dem Hintergrund dieser Erläuterungen erfuhren die anschließend eingebrachten Forderungen der GdP für die Beamtinnen und Beamten sowie den Tarifbereich besondere Schlagkraft. Andreas Kauß machte hierbei insbesondere deutlich, dass die GdP fordert, im Rahmen der Diskussion um moderne, flexible und gesunderhaltende Arbeitszeitmodelle sich auch mit den Tarifbeschäftigten zu befassen. Sascha Göritz verwies auf die große Relevanz, die eine planbare und verlässliche Dienstplanung unter anderem für eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat: „Es bedarf für alle Beschäftigten Arbeitszeitsouveränität mit einem persönlichen Dispositionsrecht“, wie sie die GdP seit langem fordert.

Bemerkenswert waren in diesem Zusammenhang auch die Darstellungen von Roger Fladung, Polizeivizepräsident der Polizeidirektion Braunschweig. Er kommentierte das Thema aus Sicht einer Führungsposition. Ohne ausschweifend aus seinem Arbeitsalltag zu berichten, konzentrierte er sich darauf, zu beschreiben, wie sich die Arbeitswelt verändert und welche Strategien für eine zeitgemäße Arbeitszeitgestaltung existieren. Aufgrund aktueller Trends im Bereich des Personalmanagements und auf Basis seiner Erfahrungen mit Bruchstellen und Chancen der aktuellen Situation bei der Polizei plädierte auch er für einen Kulturwandel in Sachen Arbeitszeit: „Die Handlungsfähigkeit der Polizei und die Vielfalt der Lebenssituationen der Beschäftigten erfordern weitere Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen und der individuellen Arbeitszeitgestaltung.“
In diesem Sinne begrüßte Landespolizeipräsident Axel Brockmann auch die Auseinandersetzung mit dem Thema, die von der GdP und den Personalräten intensiv vorangetrieben würden. Er erklärte, einen solchen Kulturwandel bei den Beschäftigten und den Führungsverantwortlichen umzusetzen, sei ein längerer Prozess. Bezüglich der Ausrichtung zu mehr Eigenverantwortung, mehr Flexibilität und weniger Kontrolle sei man sich einig, die neue Philosophie in die Polizei zu implementieren sei aber eine wesentlich größere Herausforderung.
Auch hier wird wieder deutlich, welche Rolle die Größe, Komplexität und Tradition der Organisation spielt. Ein Beleg dafür ist die Tatsache, dass sich bislang fast 300 verschiedene Papierlagen mit Bezug zur Arbeitszeit angesammelt haben. Das sei „ein Desaster, das sich über Jahrzehnte entwickelt hat“, wie Landespolizeidirektor Ralf Leopold feststellt. Erklären kann er es durch die hohe Vielfalt an Berufen mit unterschiedlichen Anforderungen in der Polizei. Die vielen Einzellösungen seien zwar mit gutem Gewissen geschaffen worden, die gemeinsame Linie, die gerade bei der Polizei sehr wichtig sei, habe man dabei aber außer Acht gelassen. Aufgabe der Polizeiführung sei es nun, dies zu ändern.

Nachdem Martin Hellweg als Vorsitzender des Polizeihauptpersonalrates auch die Rolle der Personalräte vorgestellt hatte und dabei auf die Anforderungen an das Veränderungsmanagement der Organisation eingegangen war, fasste der stellvertretende Landesvorsitzende Kevin Komolka den Komplex abschließend zusammen und dankte allen Teilnehmenden für den umfassenden Blick auf das Thema. Weiterhin versicherte er allen Anwesenden, dass die GdP den Prozess weiterhin verfolgen wird, beratend zur Seite steht und auch in Zukunft die Interessen der Beschäftigten vertreten wird.

Die Statements der Beschäftigten aus der Praxis

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