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Landesjournal Niedersachsen Leitartikel Juli 2004 - PERSONALHAUSHALT: Landesrechnungshof bläst zum Angriff

Jährlich gibt der Landesrechnungshof (LRH) eine so genannte Denkschrift heraus, in dem er anprangert, was er aus seiner Sicht als Verschwendung oder nicht ordnungsgemäß eingesetzte Haushaltsmittel bezeichnet.


Im Jahr 2004 war die Polizei auch im Visier der Sachbearbeiter des LRH. (1) So weit so gut. Das ist ihre Aufgabe.
Aber: Wenn sich die Präsidentin des Landesrechnungshofes (2) anmaßt, über die Zahl der Polizisten zu philosophieren und so die von der Polizei zu leistende Arbeit im Bereich der Inneren Sicherheit in unserem Lande in Frage zu stellen, dann übernimmt sie sich. Natürlich kann "alles mit immer weniger" und damit schlechter abgewickelt werden, aber eine Gesamtschau ist schon erforderlich, die wir als GdP immer eingefordert haben.


    Freisetzungen

Der Landesrechnungshof liegt in dieser Frage sicherlich im Trend. Wir haben bereits vor Jahren ein Programm vorgelegt, mit dem sich ebenfalls die Stellen für einige hundert Kolleginnen und Kollegen langfristig und sozialverträglich wieder in den Bereich des Vollzugsdienstes zurückführen ließen. Die Zahlen, die der LRH hier vorlegt, sind jedoch - sowohl insgesamt, als auch im Detailfall - falsch. Ich unterstelle hier entweder ein gewisses Maß an Unwissenheit oder eine bewusste Form einer Darstellung, die ich nur als Effekthascherei bezeichnen kann.
So sind gravierende Fehler offenkundig:

    • Beim Polizeimusikkorps (PMK) sind nicht 45, sondern nur 41 Beschäftigte und davon 20 Vollzugsbeamte/-innen, zugehörig,
    • in der Zentralen Sportausbildung (ZSA) sind nicht 18, sondern 11 Beschäftigte, davon 10 Vollzugsbeamte/-innen, ansässig,
    • im Medizinischen Dienst sind von 82 Beschäftigten nur 10 Vollzugsbeamte/-innen,
    • usw....

Zweigeteilte Laufbahn

Die Polizeibeschäftigten leisten insgesamt ihren Anteil an dem Produkt "Sicherheit". Die Politiker in Bund und Ländern informieren fast täglich die Bürgerinnen und Bürger über die gestiegene Gefährdung durch Terroristen auch in Deutschland. Neue Gesetzesvorschriften und neue Aufgaben entstehen beinahe täglich.

Alle politischen Parteien in Niedersachsen haben die Notwendigkeit erkannt und akzeptiert, die Bewertung der Polizei insgesamt nur noch dem gehobenen Dienst zuzuordnen. Im Jahre 2005 ist nach bisherigen konkreten Planungen und Zusagen die Umsetzung planmäßig abgeschlossen. Hier ist auch die jetzige Landesregierung im Wort.

Der Landesrechnungshof rechnet nun vor und vergleicht dann Niedersachsen mit Bayern, das einen Anteil des mittleren Dienstes von beinahe 50% pflegt. Er kommt zum Schluss, in Niedersachsen die teure zweigeteilte Laufbahn wieder zurückzunehmen und „den mittleren Dienst zu revitalisieren“ - terminus technicus!

Widersprüche

In seiner Denkschrift kommt der LRH an anderer Stelle (3) jedoch zu dem Schluss, dass Niedersachsen mit seiner polizeilichen Arbeit recht gut im Ländervergleich dasteht.

Zum einen stellt er dort fest, Zitat: "(...) Die Bemessung des Bedarfs an Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten allein anhand der Polizeidichte kann nicht den Maßstab für die erfolgreiche Aufgabenerledigung (...) darstellen, da die Berechnung der Polizeidichte im besonderen Maße von landesspezifischen aufbau- und ablauforganisatorischen Entscheidungen, aber auch von Aufgabenzuweisungen abhängig ist. Ein Ländervergleich ist aufgrund dieser uneinheitlich definierten Vorgaben höchst problematisch und wenig aussagefähig. (...)"

Dem kann ich nur zustimmen, denn Insider wissen, dass sich diese Grundlage als Vergleich nur heranziehen lässt, wenn die Parameter auch identisch sind. Und weiter befindet der LRH,

Zitat: "(...) Auch andere Faktoren müssen bei der Bewertung herangezogen werden - so können beispielsweise aus der demografischen Entwicklung oder aus der Zunahme bestimmter Straftatbestände Rückschlüsse gezogen werden. Ein wesentlicher Maßstab für die Frage der Personalbemessung dürfte beispielsweise die polizeiliche Kriminalstatistik sein.(...)",

und der LRH kommt letztlich zu dem Schluss:

Zitat: "(...)Die in Niedersachsen im Jahr 2002 erreichte Aufklärungsquote von 53,3 v. H. (Bundesdurchschnitt 52,6 v. H.) zeigt, dass die Polizeiarbeit in Niedersachsen - trotz der (teilweise) besseren Aufklärungsquoten in anderen Bundesländern aber angesichts der weit höheren Straftatenhäufigkeit - gleichwohl einem Ländervergleich Stand halten kann. (...)"

Im Ergebnis lesen wir also Widersprüchliches: Einerseits eine bessere Polizeiarbeit in Niedersachsen in den letzten Jahren durch die Qualifikation für den gehobenen und den höheren Dienst. Andererseits aber fordert der LRH die Rückkehr zur Dreiteilung der Laufbahnen im Polizeivollzugsdienst, weil die zweigeteilte Laufbahn zu teuer sei.

Also Hände weg von der zweigeteilten Laufbahn!

Herr Innenminister, stellen Sie sich vor ihre Polizei und deren Beschäftigte!

Bernhard Witthaut

Landesbezirksvorsitzender

Fußnoten:

(1) "Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofs 2004 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung - Bemerkungen und Denkschrift zur Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen für das Haushaltsjahr 2002, Kapitel VI., "Denkschrift gemäß § 97 Abs. 6 LHO", Seite 53ff; auch als Drucksache 15/1050 des Niedersächsischen Landtages veröffentlicht (als Download im PDF-Format, 1,2 MB, unter www.lrh.niedersachsen.de

(2) Präsidentin des Niedersächsischen Landesrechnungshofs, Martha Jansen (Anm. der Red.)

(3) "Denkschrift" a.a.O., Seite 55ff

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