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Landesjournal Niedersachsen März 2015 - Vierundachtzig!

Landesvorsitzender Dietmar Schilff zur Situation der polizeilichen Dauerbelastung durch Sondereinsätze bei Demonstrationen und Fußballspielen neben den Alltagsaufgaben sowie der Diskrepanz zur Wertschätzung durch die Politik und den Tarifpartner der Arbeitgeberseite



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Dietmar Schilff, GdP Landesvorsitzender Niedersachsen
Dietmar Schilff, GdP Landesvorsitzender
Foto: HH
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

die Beanspruchung der Polizei ist immer hoch, seit Wochen und Monaten sind die Polizeibeschäftigten aber unter akuter Dauerbelastung. Überstunden zuhauf, Dienstfrei kaum noch möglich, Mindeststärke schwer zu halten. Sie reisen von einem Einsatz zum anderen und liefern dort professionelle Arbeit ab, ob bei Hagida, Bragida, Osgida – und sind wieder bei Fußballspielen zum Schutz dabei. Diejenigen, die vor Ort im Dienst sind, machen weiter kompetente Kriminalitätsbekämpfung, Verkehrssicherheitsarbeit und Prävention und so weiter.

 
Diese überall anerkannte Arbeit wird jedoch offensichtlich nicht von allen hier in Niedersachen als professionell und lobenswert erachtet. Wie kann es sonst sein, dass alle, die den Kopf hinhalten, schon vergangenes Jahr nur etwas mehr als die Hälfte der Tariferhöhung von 2,95 Prozent, nämlich 1,72 Prozent, erhalten und die rot-grüne Landesregierung mit den dazugehörigen Landtagsfraktionen diese „Sauerei“ auch für 2015 und 2016 im Haushaltsbegleitgesetz festgeschrieben haben, egal wie die Tarifverhandlungen ausgehen sollten. Auch wenn ich mich in meinen Kommentaren wiederhole, in der freien Wirtschaft würden bei dieser Auftrags- und Aufgabenbelastung sowie den erzielten Erfolgen Leistungszulagen gezahlt, bei den Polizeibeamteninnen und –beamten gibt es einen Tritt in den „Allerwertesten“!

Beim Bundeskongress der GdP im November 2014 sagte der renommierte Verfassungsrechtler Professor Udo di Fabio, dass die Polizei eine unverzichtbare Stütze unseres demokratischen Rechtsstaates sei, die es gleichsam zu stützen und deren Arbeit es anzuerkennen gelte. Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der ebenfalls beim GdP-Bundeskongress anwesend war, bezog sich in seiner Rede auf der BKA-Herbsttagung ebenfalls im November vergangenen Jahres auf das Referat von di Fabio und stellte in diesem Zusammenhang einige entscheidende Fragen: „Werden Polizisten heute im Einsatz noch als Respektspersonen wahrgenommen? Tragen Polizisten ihre Uniform noch gerne in der Öffentlichkeit? Erleben Polizisten bei Hausdurchsuchungen Offenheit? Würden sie ihren eigenen Kindern empfehlen, Polizistin oder Polizist zu werden?“

Meine Zusatzfrage: Werden diejenigen wertgeschätzt, die als Tarifbeschäftigte oder Verwaltungsbeamtinnen und -beamte mit dafür sorgen, dass die polizeiliche Arbeit funktioniert, die Innere Sicherheit (noch) besteht?

„Hinzu kommt die Gewalt“, so de Maizière in seiner Ansprache weiter. Die Zahlen sind erschreckend: Im Jahr 2013 seien rund 59.000 Polizisten Opfer von versuchten oder vollendeten Straftaten geworden, zirka 3.400 Opfer von vollendeten oder versuchten gefährlichen und schweren Körperverletzungen. Der Bundesinnenminister stellte die Frage: „Kann es sein, dass Polizisten in Uniform nicht mehr Respekt, sondern Aggressivität hervorrufen? Ich sage: Nein, das darf nicht sein.“

Weiter stellte er fest, dass Polizisteninnen und Polizisten mit einer teilweise erschreckend ungehemmten Gewalt konfrontiert würden. Sie träfen in ihrem Alltag auf Menschen in Ausnahmesituationen, deren Reaktionen nur schwer einschätzbar seien. Sie gerieten in Situationen, die fernab der Lebenswirklichkeit des Alltags der meisten Bürger unseres Landes sind. Sie müssten innerhalb von Sekunden die Entscheidung treffen, ob sie Waffengewalt anwenden. Sie bewegten sich alltäglich in Grenzsituationen, sie müssten Grenzen aufzeigen und Grenzen durchsetzen. Sie handelten in schwierigen Situationen als Vertreter unseres Staates, bei einer Demonstration genauso wie bei einer Abschiebung, einer verdeckten Ermittlung oder einer Hausdurchsuchung. Sie müssten die von der demokratischen Mehrheit getroffenen Entscheidungen durchsetzen, egal wie Sie selbst dazu stehen würden. Von ihnen würde mehr erwartet als von anderen. Sie müssten mutiger sein als andere. Sie dürften nicht wegschauen, wenn andere wegschauen. An ihr Handeln würden strenge Maßstäbe angelegt. Sie dürften nicht überreagieren, müssten immer besonnen und defensiv agieren. Über all ihre Handlungen müssten sie später Rechenschaft ablegen können - notfalls auch vor Gericht. Der Innenminister bekannte, dass somit viel abverlangt wird. Er fragte dann allerdings selbstkritisch, welches Bild die politisch Verantwortlichen dagegen in der Öffentlichkeit über den Polizeiberuf vermitteln.

Herr Innenminister de Maizière, sie treffen mit Ihren Ausführungen den Kern vieler Probleme, nur es muss auch dementsprechend wertschätzend gehandelt und nachgebessert werden, im Bund und in den Ländern; ausdrücklich auch in Niedersachsen, wo wir an der 14. Stelle in der Besoldungsskala im Vergleich mit den anderen Ländern und dem Bunde liegen.

VIERUNDACHTZIG PROZENT, so hoch ist der Wert für die Polizei bei der aktuellen repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins „Stern“, wem die Menschen am meisten vertrauen - hier in Niedersachsen sind es sogar über 90 Prozent.

Und was machen die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker? Sie wollen eine Kennzeichnung der Polizei und sie wollen die berechtigten Gehaltserwartungen weiter beschneiden. Nicht zu glauben! Ach ja, den politischen Parteien vertrauen übrigens 23 Prozent der Menschen.

Wir bleiben hartnäckig!

Dietmar Schilff, GdP-Landesvorsitzender

Die gesamte Rede von Bundesinnenminister Dr. de Maizière ist auf der Internetseite des BKA nachzulesen.

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