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Landesjournal Niedersachsen Oktober 2004 - SPARPOLITIK UM JEDEN PREIS: WIDERSTAND 2004 – Polizei hält nicht einfach still.

Dass die schlimmsten Befüchtungen nicht immer Schwarzmalerei sein müssen, zeigen die neuesten Beispiele der Rotstiftpolitik der Landesregierung auf dem Rücken der Polizeibeschäftigten.

Der Widerstand regte sich bereits 2002/2003 in der Polizei und der GdP, spätestens anlässlich der Öffnungsklausel und der zahlreichen Einschnitte im Beamten- und im Tarifbereich. Und er formierte sich in mehreren Großdemonstrationen („Jetzt stellen WIR uns quer!“), wie am 20.11.2003 mit 5500 Teilnehmern.
    Vom Querstellen zum Widerstand 2004

„Ein Unwort war plötzlich in aller Munde: "Öffnungsklausel". Diese Formel sollte es den Ländern ermöglichen, nach Kassenlage die Beamtenbesoldung und -versorgung (nach unten) selbst zu bestimmen. Tür und Tor werden geöffnet, beliebige Bezahlung bundesweit unterschiedlich zu regeln. Ein besoldungsrechtlicher Flickenteppich entsteht und damit der Rückfall in die Kleinstaaterei.“ Wir haben mit diesen Worten auf unserer Website letztes Jahr auf die Gefahren hingewiesen. Leider ist inzwischen die bittere Realität mit großen Schritten voran geschritten.

Mit der beabsichtigten Streichung des Weihnachtsgeldes, der Kündigung von Tarifverträgen und dem Aus für befristete Arbeitsverträge greift die Landesregierung empfindlich in die Taschen der Kolleginnen und Kollegen und vernichtet zudem für hunderte von Angestellten deren Arbeitsplätze in der Polizei.
    Das Maß ist voll! - Arroganz der Macht

Die Stimmung bei den Polizeibeschäftigten ist inzwischen so tief, dass sie als „unterirdisch“ bezeichnet werden muss. Dass der Widerstand dabei nicht geringer wird, bewies indessen im Sommer eine ganze Serie von demonstrativen Aktionen. Die Demonstration am 6. August, zu der GdP, DPolG und BdK gemeinsam nach Hannover riefen und bei der auf die „Motivationskiste der Polizei eingeschlagen“ und als Schrotthaufen vor der Staatskanzlei abgestellt worden war (DP 9/2004), musste fortgesetzt werden.
Umso mehr als Finanzminister Möllring nur verbale Entgleisungen zu entgegnen hatte. Die Neue Presse Hannover bemerkte am 7.8.04: „Minister Möllring nahm die Proteste gelassen“. NP zitierte ihn: „So etwas muss eine Gewerkschaft hin und wieder machen, so wie Schützenvereine jedes Jahr Schützenfeste feiern müssen“, Und weiter: „Ich hoffe aber, die demonstrierenden Polizisten haben das Auto vorher käuflich erworben.“
Für Bernhard Witthaut ist dies instinktlos: “Wir brauchen von einem Politiker dieser Denkart keine Belehrungen und keine Frage, ob wir etwas legal erworben haben, oder nicht. Herr Möllring sollte sich nur mal die Glaubwürdigkeitsskala von Politikern und Polizisten ansehen. “
    Schweigespalier beim CDU-Sommerfest

Die Fortsetzung der demonstrativen Aktionen im Schulterschluss von GdP, DPolG und BDK ließ nicht lange auf sich warten. Bereits am 24. August bildeten die demonstrierenden Kolleginnen und Kollegen ein „Schweigespalier“: Gäste des CDU-Sommerfestes im Neuen Rathaus in Hannover wurden so Zeuge der "Sprachlosigkeit", die uns noch bleibt.
Zahllose Polizeiangehörige - zu einem großen Teil in Uniform – empfingen die CDU-Gäste mit Handzetteln, die auf die Anliegen aufmerksam machten. Unmittelbar vor dem Eingang wurde eine so genannte „Mauer des Schweigens“ errichtet, durch die die CDU-Gäste den Rathauseingang erreichten. Als Untermauerung der Sprachlosigkeit hatten sich die Kolleginnen und Kollegen schwarze Sonnenbrillen aufgesetzt („Ich mag nichts mehr sehen“) sowie ihren Mund mit Pflaster verklebt („Wir sind sprachlos“).
Im Anschluss an diesen "Empfang" stiegen hunderte von schwarzen Luftballons auf dem Trammplatz in den Himmel. Am Ende der Ballons waren Karten mit der Aufschrift „Widerstand 2004 – Wir sind sprachlos“ und weiteren Erklärungen befestigt, um somit den Protest ins Land zu tragen. Abschließend zog der Demonstrationszug um das Rathaus herum und flanierte schweigend an den Bistrotischen der Festterrasse entlang, um der sektlaunigen Gesellschaft des CDU-Empfangs kontrastreich einen abschließenden Eindruck zu hinterlassen. Auch diese Aktion stieß auf großes Medieninteresse – einschließlich beim Live-TV.
    „Weihnachtsgeschenke“ der Polizeibeschäftigten für CDU-Parteitagsdelegierte

Der zweitägige Landesparteitag der CDU Niedersachsen im Congress-Centrum Hannover, der am 27. August 2004 begann, bot sich förmlich an: Er erlebte gleich drei Tage später ungeahnte Protestbegleitung durch die Polizeibeschäftigten. Unter einigen „Weihnachtsbäumen“ trafen sich die Demonstranten von GdP, DPolG und BdK im strömenden Regen und empfingen den CDU-Landesvorstand, die Delegierten und Gäste mit "angemessenen Geschenken", mit denen auch die Polizeibeschäftigten in der Vergangenheit „reichlich bedacht“ wurden.
Bernhard Witthaut: „Wir machen keine ‚Versprecher’ wie unsere Politiker, sondern halten unsere Versprechen! Denn – wir sind nicht bereit, eine schlechtere Bewertung des polizeilichen Dienstes und die beabsichtigten Kürzungen tatenlos hinzunehmen.“
Der CDU-Landesparteitag stand unter dem Motto “Den Norden stärken”. „Den Norden kann man aber nur stärken, wenn die innere Sicherheit auch den notwendigen Stellenwert erhält. Wir, die Polizeibeamtinnen und –beamten, sind immer gut genug, die Karre aus dem Dreck zu ziehen, wenn die Sicherheitslage es erfordert zu improvisieren, um annähernd mit der Kriminalitätslage Schritt zu halten, unsere eigene Gesundheit und das Leben für unsere Bürgerinnen und Bürger einzusetzen. Wir sind nicht die Verfügungsmasse der Sparpolitik!“ so Bernhard Witthaut weiter.
Teils irritiert sahen sich die eintreffenden Parteitagsgäste und Delegierten mit einer "schönen Bescherung" konfrontiert. Die Weihnachtsbäume von GdP, DPolG und BDK waren perfekt geschmückt und mit Geschenkgutscheinen und leeren Geschenkpäckchen behängt. Die Beschriftungen gaben Aufschluss über zahllose "Geschenke" an die Beschäftigten der Polizei des Landes der vergangenen 15 Jahre: Von Beschränkungen der VBL, Beihilfe und Beamtenversorgung über Nullrunden, Beförderungs- und Einstellungsstopps bis zur Öffnungsklausel und Streichung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes. Diese Geschenke gab es nun an diesem vorgezogenen Weihnachtstag, unter regem Interesse der Medien, zurück an die politisch derzeit Verantwortlichen.
Finanzminister Hartmut Möllring stellte sich, nachdem er zunächst wortlos an den Demonstranten vorbei in das Congressgebäude gegangen war, doch noch den Demonstrierenden. Unter Hinweis auf die bekannte Finanzlage des Landes rechtfertigte er die jüngsten Einschnitte. Dass hier die Wechselwirkungen zwischen Dauerzumutungen, schwindender Akzeptanz und Qualitätsverlust im Dienstbetrieb fatale Auswirkungen auf die Innere Sicherheit entwickeln könnten, wie seitens der GdP gewarnt wird, war offenkundig nicht Gegenstand seiner Überlegungen. Nach Ansicht Möllrings seien die Polizeizulagen im übrigen hinreichende Zugeständnisse an die besonderen Anforderungen des Polizeiberufes. Er bot für später weitere Gespräche an.
    Sternmarsch und Großdemo am 15. September

Am Mittwoch, dem 15.09.2004 (nach Redaktionsschluss), während der ersten Landtagssitzung nach der parlamentarischen Sommerpause, fand in Hannover eine Großdemonstration aller Gewerkschaften des ÖD gegen die Kahlschlagpolitik der Landesregierung statt. Darüber berichtet DP in der Novemberausgabe.
Red.

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