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Kriminalforum 2014

Vorratsdatenspeicherung und Datenschutz schließen sich nicht aus

Vorratsdatenspeicherung und Datenschutz schließen sich nicht aus - Foto: GdP

Braucht die Polizei die Vorratsdatenspeicherung? Ist diese nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus April 2014 rechtlich noch möglich? Ist dies mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an den Datenschutz vereinbar? Kann Predictive Policing der Polizei zukünftig bei ihren Aufgaben hilfreich sein? Die Antworten auf diese Fragen erhoffte sich die GdP NRW vom diesjährigen Kriminalitätsforum, das am 02. Oktober in Düsseldorf stattfand.

Eines stellte sich sehr schnell heraus: eine Vorratsdatenspeicherung ließe sich auch nach der Rechtssprechung des EuGH rechtsstaatlich und datenschutzkonform formulieren. Prof. Dr. Kühling, Inhaber eines Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Immobilienrecht sowie ausgewiesener Experte im „Telekommunikations-. und Medienrecht“, stellte in seinem Vortrag klar heraus, dass der EuGH wie zuvor auch schon das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in ihren Urteilen die Vorratsdatenspeicherung zu Zwecken der Strafverfolgung ausdrücklich für grundsätzlich zulässig erklärt hätten. Beide Gerichte hätten als rechtsstaatliche Voraussetzungen dafür eine eindeutige Begrenzung der Verwendungszwecke und Zugriffsbehörden verlangt. Der EuGH sei über die Anforderungen des BVerfG jedoch hinausgegangen, indem er auch noch im Gesetz verankerte Differenzierungen und Ausnahmeregelungen für die Speicherpflicht, objektive Kriterien zur Bestimmung der Speicherfrist und eine Speicherung auf dem Gebiet der EU verlangt habe. Da durch die Rechtsprechung des EuGH nicht nur die EU-Gremien sondern auch die nationalen Gesetzgeber verpflichtet seien, sei es aus seiner Sicht durchaus machbar, unter den Kriterien des EuGH ein deutsches Gesetz zu verabschieden, ohne eine vorherige neue Richtlinie aus Brüssel abzuwarten.

Birgit Sippel als SPD-Abgeordnete im Europa-Parlament und seit 2014 Sprecherin der Fraktion der Sozialisten und Demokraten im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, erteilte Hoffnungen auf eine zeitnahe neue Richtlinie aus Brüssel eine klare Absage. Ihrer Auffassung nach sei angesichts der unterschiedlichen Auffassungen im Parlament zu Datensicherheit und Zugriffsrechten ein langer Prozess zu erwarten. Einen solchen neuen Anlauf werde es zwar geben, fraglich sei jedoch mit welchem Ergebnis.

Die beiden Polizeipraktiker unter den Referenten stellten in ihren Vorträgen die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung für die Polizei heraus. Uwe Jacob, Direktor des Landeskriminalamtes legte zunächst Zahlen vor, die betroffen machten. In einer über ein Jahr laufenden BKA-Studie seien bei über 5000 Fällen die Auswirkungen des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung untersucht worden. In rund 90 % der Fälle wollte die Polizei einen Anschlussinhaber ermitteln, 4000 mal lautete die Antwort „Fehlanzeige“. Darunter 1600 mal Kinderpornografie, 1500 mal schwerer Betrug und 42 Fälle von Mord und Totschlag. Wenn bei 27 Tatverdächtigen in einem Fall von Kinderpornografie nur bei drei Tatverdächtigen aus den besagten Gründen die Identität ermittelt werden könnte, wären das 24 Tatverdächtige, die dazu beitragen, dass Kinder brutal misshandelt, geschändet und sogar getötet würden. Dies sei für ihn unerträglich. Daher seine Forderung: die Polizei braucht die Vorratsdatenspeicherung in Zeiten zunehmender Digitalisierung dringend, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Diensteanbieter wegen zunahmender Flatrates kaum noch Daten zu Rechnungszwecken speichern. Jürgen Kleis, leitender Kriminaldirektor, verknüpfte als langjähriges GdP-Mitglied seine berufliche Erfahrung mit seinem gewerkschaftlichen Grundverständnis, als er insbesondere die Haltung der SPD in NRW kritisierte. Minister Jäger habe in mehreren Zitaten auch noch nach dem Urteil des EuGH eindeutig eine Position für eine Dringlichkeit der Vorratsdatenspeicherung bezogen. Nun habe aber die SPD auf ihrem Landesparteitag eindeutig – und vor allem einstimmig – dem Antrag der Jusos gegen eine Vorratsdatenspeicherung stattgegeben. Hier habe er als Gewerkschafter eine deutliche Unterstützung der Position des Innenministers durch seine eigene Partei vermisst. Die Polizei brauche die Datenspeicherung, diese sei rechtsstaatskonform machbar und die Bundesregierung solle den Mut aufbringen einen Gesetzesentwurf vorzulegen.

Schnell einig waren sich die Experten bei der Bewertung des Predictive Policing. Unter den vom LKA-Direktor vorgestellten Kriterien (Pilotversuch in zwei Behörden, nur Daten, die nicht personenbezogen sind) kann Predictive Policing, also die vorausschauende Polizeiarbeit ein Instrument sein, das bei der Kriminalitätsbekämpfung hilfreich ist.

Wolfgang Spies, im Geschäftsführenden Landesvorstand für Kriminalpolitik zuständig, während der Podiumsdiskussion und Arnold Plickert der GdP-Landesvorsitzende in seiner Zusammenfassung, brachten es auf den Punkt: Die Vorratsdatenspeicherung ist ein für die Polizei unverzichtbares Instrument für eine erfolgreiche Aufklärung von schweren Straftaten. Für die GdP ist es selbstverständlich, dass rechtsstaatliche Kontrollen (Richtervorbehalt), Datenschutz und angemessene Speicherfristen festgeschrieben werden müssen. Arnold Plickert: „Der Ball liegt jetzt bei den Politikern. Sie können einen vernünftigen Kompromiss finden oder müssen, wenn keine Lösung zustande kommt, mit der Reaktion der Öffentlichkeit leben, wenn die Polizei nicht so erfolgreich arbeitet, wie sie könnte.“ Die Zeche für das Zögern der Politiker würden diejenigen zahlen, die dann nicht geschützt werden können.
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