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3. Mitgliederbrief anlässlich der „Corona-Krise“

Wir befinden uns in einer "Dauerlage"?!

Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen,

einige Wochen intensiver Maßnahmen und Veränderungen, die aufgrund der "Corona-Krise" notwendig wurden, liegen nun hinter uns allen. Die Menschen in unserem Land dürfen stolz über eine Polizei sein, die auch in dieser Krise in allen Bereichen ihr Bestes gibt, um den Laden am Laufen zu halten.

Gesellschaft und Wirtschaft werden langsam unruhig und fordern die Lockerung der freiheitsbeschränkenden und einschneidenden Maßnahmen, welche die Bundesregierung und die Landesregierungen erlassen haben. Dass dies auf Dauer eine zunehmend brisante Belastungsprobe für die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Polizei und für uns alle werden kann, liegt auf der Hand.
Gleichzeitig steht aber auch fest, dass wir uns auf eine "Dauerlage" eingestellt haben bzw. einstellen müssen. Die Polizei Rheinland-Pfalz plant die Bekämpfung der Krise in einem Stufenkonzept.

Ich hoffe, dass ihr alle und eure Angehörigen, Freunde, Bekannte etc. möglichst von dem Virus verschont geblieben seid und auch bleibt. Eines steht jedoch fest, mit steigenden Fallzahlen in Rheinland-Pfalz steigen auch die Fälle der infizierten Kolleginnen und Kollegen. Bislang ist nach uns vorliegenden Informationen Gott sei Dank noch keiner unserer Kolleginnen und Kollegen ernsthaft an der Lungenkrankheit Covid-19 erkrankt. Ich wünsche mir und uns allen, dass dies auch so bleibt.

Bei allen Maßnahmen, die durch den im Ministerium eingerichteten Krisenstab in enger Abstimmung mit den Polizeibehörden und unter Einbindung des Hauptpersonalrates beraten und beschlossen werden, stehen nach wie vor die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Polizei und die Erhaltung der Gesundheit aller im Vordergrund. Wir begrüßen es als GdP weiterhin ausdrücklich, dass alle Überlegungen diesen Zielen untergeordnet werden.

Dennoch wirft die aktuelle Entwicklung auch nach wie vor einige Fragen auf. Ich möchte in enger Zusammenarbeit mit dem geschäftsführenden Landesvorstand und den Bezirks- und Kreisgruppenvorständen vor Ort den Versuch unternehmen, auch mit diesem dritten Brief die wesentlichen Fragestellungen zu beantworten.

Taktik und Personaleinsatz
In der 3. Einsatzkonzeption, die am Freitag in Kraft getreten ist, beruhen die Maßnahmen auf einem an der Lageentwicklung und dem Krankenstand innerhalb der Polizei abgestimmtem Stufenkonzept. Sowohl die Lage als auch der Krankenstand lassen aktuell noch die unterste Stufe zu. Wie sich die Lage entwickeln wird, lässt sich leider nicht voraussagen. Wir nehmen jedoch nach wie vor einen sehr bedacht agierenden Lage- und Koordinierungsstab und eine ebenfalls bedachte Bewertung und Unaufgeregtheit in allen Polizeibehörden wahr.
Der Einsatz der 72 Präsenzstreifen (144 Kräfte) PP ELT ist bei uns auf Unverständnis gestoßen. Uns erreichte die Rückmeldung, dass die Kräfte bei den Dienststellen unterschiedlich empfangen wurden. Auch hier galt und gilt, dass das Infektionsrisiko selbstverständlich auch für die Kräfte der Bereitschaftspolizei möglichst minimiert werden muss. Dieser Umstand wurde mit dem Inspekteur und den Polizeibehörden intensiv erörtert und dürfte nun auch so umgesetzt werden. Sollte es hier weiterhin zu Problemstellungen kommen, meldet euch bitte bei uns.

Recht
Mit Inkrafttreten der landesweiten Dritten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz ergaben sich zunehmend Fragen, was nun eine Ordnungswidrigkeit und was Straftaten sind. Wir hatten dies im letzten Mitgliederbrief bereits thematisiert und klare Regelungen gefordert. In einer Telefonkonferenz mit dem zuständigen Gesundheitsministerium haben wir dies auch angesprochen. Unser Eindruck war bereits zu diesem Zeitpunkt, dass aus unserem Ministerium sehr viel Vorarbeit geleistet wurde.
Am Freitag, 27.03.2020, hat das MdI - begleitet durch eine Pressemeldung - auf der Homepage Auslegungshinweise veröffentlicht. Hiernach sind Ordnungswidrigkeiten nun mit konkreten Geldbußen hinterlegt. So ist die Nichteinhaltung des erforderlichen Mindestabstands mit 100 € belegt. Die Bußgelder gehen bis zu maximal 4.000 €, bis 5.000 € bei dem unzulässigen Betreiben einer Bar.
Nach uns vorliegenden Informationen soll es in den nächsten Tagen zu einer handfesten Regelungslage kommen. Es ist klar, dass euch das draußen sehr wichtig für die tägliche Arbeit ist.

Arbeitszeit
Wie bereits in den vorangegangenen Mitgliederbriefen thematisiert, wurden Stärken auf Mindeststärken abgeschmolzen und Kohorten gebildet, sodass das Infektionsrisiko im Dienst möglichst minimiert werden kann. Hier und da wird bereits in 12-Stunden-Dienstmodellen in einem Vier-Dienstgruppen-Modell gearbeitet. Diese Umstellung wird bei einer sich verschärfenden Lage überall erforderlich werden.
Wir werden nach wie vor oftmals danach gefragt, ob Minusstunden entstehen können. Ich beschreibe es mal mit ganz einfachen Worten, wie wir - die GdP - diese Situation sehen:
Das Ministerwort gilt: Keiner wird durch die notwendigen Arbeitszeitänderungen Minusstunden machen. Für uns steht fest, die Arbeitszeit nach der Arbeitszeitverordnung gilt als erbracht.

Schutzausstattung, Desinfektionsmittel und Reinigung
Nach wie vor bereitet die Beschaffung der Schutzausstattung und Desinfektionsmittel Sorge. Die Bemühungen, für Ersatzbeschaffung zu sorgen, sind enorm. In der letzten Woche hat es eine Telefonkonferenz des GdP Bundesvorstandes hierzu gegeben. Auch in den anderen Bundesländern und im Bund bestehen die "Beschaffungsprobleme."
Dies gilt zudem auch für die Durchführung schnellerer Testverfahren für Angehörige der Polizei. Leider gibt es hier aktuell keine Möglichkeiten, für euch eine schnellere Durchführung des Tests hinzubekommen. Wir bleiben an der Sache dran.
Wir stehen im Kontakt mit anderen Gewerkschaften. Auch von dort erhalten wir die Information, dass die Ausstattung in den Krankenhäusern immer knapper wird (so berichten es auch die Medien). Das Gesundheitsministerium muss sich sehr anstrengen, für Ersatzbeschaffung zu sorgen.
Ich kann euch versichern, dass wir in unserem Ministerium und gerade auch im PP ELT sehr großes Bemühen wahrnehmen, schnellstmöglich für Ersatz zu sorgen. Das kann kein Trost sein, zeigt euch aber auf, wie schwer es aktuell ist, an die zwingend und dringend benötigte Schutzausstattung zu gelangen. Im PP ELT wird hochtourig daran gearbeitet und wir werden auch weiterhin unser politisches Netzwerk um Unterstützung ersuchen.
Zudem häufen sich aus euren Reihen auch die Rückfragen zum Tragen eines Mundschutzes. Die Wissenschaft äußert sich aktuell hier noch sehr zurückhaltend ("schützt nur bedingt" etc.). Wir werden versuchen, schnellstmöglich eine fachliche Bewertung über die Wirksamkeit des Tragens eines Mundschutzes zu bekommen, auf deren Grundlage wir entsprechende Forderungen für die einzelnen Bereiche aufstellen und Beschaffungen unterstützen können.

Wenn man dem Hygiene- und Desinfektionsplan vom 26.03.2020 (1), der auf Informationen des Gesundheitsministerium beruht, vertrauen kann, so genügt eine Flächendesinfektion bei begründeten oder positiv bestätigten Verdachtsfällen. Aus diesem Grund haben die Polizeibehörden auch die Ausstattung mit Flächendesinfektionsmittel teilweise verändert. So soll der Umgang damit auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden, um die Ressourcen zu schonen. Wir werden diese Entwicklung sorgsam beobachten und versuchen auch weiterhin, genügend Flächendesinfektionsmittel für die Dienststellen zu besorgen.

Neu geregelt ist in diesem Plan auch, was passiert, wenn die eigene Uniform kontaminiert wurde; man also Kontakt zu einem ärztlich bestätigten Fall (Kategorie 1) mit einem Abstand unter 2 Meter oder länger als 15 Minuten „face to face“ hatte.
Die Uniform muss in einen reißfesten und wasserdichten Beutel mit der Aufschrift "Biogefährdung", sieben Tage trocken lagern, wobei wir hier das Lagern in einem Raum der Dienststelle für zwingend notwendig erachten. Danach kann die Uniform unter Zugabe von Desinfektionsmittel heiß gewaschen werden. Eine Ersatzbeschaffung kann über den SB 23 veranlasst werden. Hier stehen euch unsere Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vor Ort gerne unterstützend zur Seite.

Beamtenrechtliche und tarifrechtliche Fragestellungen
Im 2. Mitgliederbrief haben wir das Thema Dienstunfall aufgeworfen. Diese Thematik wurde seitens des Ministeriums mit Schreiben vom 24.03.2020 (2) beantwortet und bestätig unsere Einschätzung, dass es schwierig sein wird, einen Dienstunfall nachzuweisen. Nichtsdestotrotz wiederholen wir unsere Empfehlung, der sich das MdI auch angeschlossen hat: dokumentiert alle nachweislichen Kontakte mit einem positiv Getesteten und sorgt auch für eine entsprechende Dokumentation in der Personalakte.

Hochschule der Polizei
Nach wie vor erreichen uns aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen des 17. BA sehr kritische Stimmen zu deren Belastungssituation. Auf der einen Seite sind sie voll integriert in die Einsatzbewältigung der Dienststellen vor Ort, während sie auf der anderen Seite auch die theoretische Wissensvermittlung ihres letzten Studienabschnitts über das "digitale Lernen" leisten müssen.
Aus diesem Grund stehen wir in engem Kontakt zur Leitung der Hochschule der Polizei, welche ihrerseits sehr bemüht ist, diese Belastung zu reduzieren. Uns wurde zugesichert, dass sowohl draußen in den Dienststellen vor Ort als auch durch die Dozentinnen und Dozenten auf diese doppelte Belastungssituation Rücksicht genommen wird.
Wir stehen zudem in Kontakt mit der JAV am Hahn, um uns tagesaktuell hier ein Belastungsbild einzuholen. Wir werden das auch in den nächsten drei Wochen sehr intensiv begleiten. Sollte es vereinzelt weiterhin zu Problemstellungen kommen, so wendet euch an die Vorsitzende der JAV Katia Schuhmacher, an die JUNGE GRUPPE (GdP) (Landesjugendvorsitzende Jennifer Otto: jennifer.otto@gdp-rlp.de) oder unmittelbar an uns.

Urlaub
Es erreichen uns zunehmend Fragen rund um den Erholungsurlaub. Der Erholungsurlaub dient dem Zweck der Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit und der Arbeitskraft. Treten Umstände ein, die diesem Zweck zuwiderlaufen, kann darin ein wichtiger Grund für den Anspruch auf Verschiebung des geplanten und bereits genehmigten Erholungsurlaubs liegen. Auf zwei ganz wesentliche Fragestellungen wollen wir aus unserer Sicht Antworten geben:

1) Mein Urlaub steht im Urlaubsplan, ich habe aber noch keinen Antrag auf Urlaub gestellt!
    Die Genehmigung von Erholungsurlaub setzt einen rechtzeitigen Antrag der Beamtin oder des Beamten voraus (§ 4 UrlVO). Es obliegt damit grundsätzlich der Dispositionsfreiheit der Beamtin bzw. des Beamten, für welche Zeit sie bzw. er Urlaub nehmen möchte. Gemeinsam ist somit allen beamtenrechtlichen Urlaubsarten einschließlich des Erholungsurlaubes, dass die Gewährung von Urlaub mitwirkungsbedürftig ist. Demnach kann der Urlaub nur im Einverständnis der Beamtin bzw. des Beamten erfolgen. Urlaub kann somit nicht einseitig verordnet oder aufgezwungen werden (3). Für alle Fälle des Antragsurlaubs ist davon auszugehen, dass eine ohne Antrag oder wenigstens ohne erklärtes Einverständnis der Beamtin / des Beamten vom Dienstherrn verfügte Urlaubsgewährung nichtig ist. Dies gilt auch für die Vormerkung im Urlaubsplan, da dies den Antrag nicht ersetzt. Es sind jedoch die Urlaubsverfallsfristen zu beachten.

    Diese Regelung gilt in analoger Anwendung auch für die Tarifbeschäftigten.

2) Mein Urlaub ist bereits beantragt und genehmigt, ich möchte ihn aber zu einem späteren Zeitpunkt nehmen!
    Nach § 12 Abs. 2 UrlVO ist dem Wunsch der Beamtin bzw. des Beamten, den bereits genehmigten Urlaub aus wichtigen Gründen hinauszuschieben oder abzubrechen, zu entsprechen, wenn dies mit den Erfordernissen des Dienstes vereinbar ist und die Arbeitskraft der Beamtin oder des Beamten dadurch nicht gefährdet wird (4). Konkret heißt dies: Wer einen bereits geplanten und genehmigten Urlaub verschieben möchte, muss damit rechnen, dass er sich mit seinem neuen Urlaubswunsch den dienstlichen Notwendigkeiten anpassen und die im Urlaubsplan noch verbleibenden Lücken nutzen muss, die der Urlaubsplan noch zulässt. Auch hier sind Urlaubsverfallsfristen zu beachten.

    Für die Tarifbeschäftigten gilt hier, dass der Arbeitgeber es nicht akzeptieren muss, wenn bereits genehmigter Urlaub von der oder dem Tarifbeschäftigten nicht angetreten wird. Wir befinden uns aktuell mit dem MdI in Abstimmung, dass dies im Hinblick auf die besondere Lage wohlwollend geprüft wird.
In beiden Fällen gilt: Was das konkret in Bezug auf die Dauer der "Corona-Krise" bedeutet, bleibt abzuwarten. Aus diesem Grund denkt an eure Gesundheit und erholt euch. Auch dann, wenn aktuell Reisen und andere Urlaubsaktivitäten nicht möglich sind.
    Zu guter Letzt und weil ich es nicht oft genug sagen und schreiben kann: Bleibt bitte alle gesund und passt gut auf euch auf.
    Und auch, wenn sich in diesen Mitgliederbriefen nicht immer alle Organisationsbereiche abbilden lassen, vertraut darauf, dass wir versuchen, die Belastungssituation aller fortlaufend im Blick zu halten; denn auf euch und auf eure Gesundheit kommt es an!



    Mit kollegialen Grüßen


    Sabrina Kunz
    Landesvorsitzende

    (1) Falls das Dokument auf der eigenen Dienststelle nicht vorliegt, kann es bei Steffi Loth per Mail nach-gefragt werden.
    (2) Auch hier gilt: sollte die Mail des MdI bei euch nicht angekommen sein, könnt ihr es gerne bei Steffi Loth oder bei mir nachfragen.
    (3) vgl. VG Potsdam; Urteil vom 21. August 2019 - 2 K 2857/19.
    (4) vgl. VG Greifswald, Urteil vom 22. November 2018 - 6 A 1594/17 HGW.