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Arbeitszeit im Wechselschichtdienst - Zahlen, Daten, Fakten!

Die beiden Befragungen des Dienstherrn zu GAP WSD sind nun abgeschlossen und ausgewertet.

Mainz.

Die AG GAP hat vergangene Woche über die Häuser einen Newsletter verschickt, der einen 12-seitigen Anhang mit einer Kurzzusammenfassung enthielt. Allerdings gibt es auch Faktoren, die als Gefährdungen identifiziert wurden. Euch und uns war das klar, jetzt haben wir den wissenschaftlichen Beleg; es lohnt sich also genauer hinzuschauen.

Was ist nun zu tun?

Laut Dr. Henry Kauffeldt, Geschäftsführer der für die Untersuchung beauftragten AHAB-Akademie, ein Institut für Mitarbeiter und Firmengesundheit aus Berlin, besteht ein Zusammenhang zwischen dem aktuellen WSD-Modell und dem psychischen Wohlbefinden. Außerdem stellte AHAB fest, dass die Nachfrage nach den alten Modellen dazu geführt hat, dass die aktuellen WSD-Modelle etwas schlechter bewertet wurden. Aber die Veränderungsprozesse haben auch ihre Geschichte und ihr habt euch an uns gewandt mit der Bitte, genau danach zu fragen. Deswegen haben wir darauf bestanden, weil es wesentliche Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit bei einen nicht kleinen Teil von euch hat.

Möglicherweise überraschen wir den einen oder die andere, dass Personen mit längerer Dienstdauer im aktuellen WSD zufriedener sind. Das hätten viele wohl nicht erwartet.

Wichtig ist, sich nun mit den Ergebnissen zu beschäftigen. Das ist gar nicht so einfach, weil die aktuellen Ereignisse in der Welt auch nicht an der Polizei spurlos vorbeigehen. Der Ukraine-Krieg, der immer weitere bedrohliche Szenarien aufwirft, die Corona-Pandemie, die Haushaltslage, die Energiemangellage und deren Auswirkungen, und bis zuletzt der Untersuchungsausschuss zum Ahrtal, hinterlassen allesamt ihre Spuren. Außerdem ist ja nicht klar, ob sich von den Teilnehmenden an den Befragungen unter euch konkret genügend finden, die auf einer Dienststelle etwas verändern wollen. Da wird es möglicherweise auch gar nicht so einfach sein, weil der Prozess hin zu den neuen Modellen schwierig war, viele Unsicherheiten, viel Frust und Unmut ausgelöst hat und ihr auch den Anspruch darauf habt, dass man euch "in gewisser Weise in Ruhe lässt".

Wie geht es dienstlich weiter?

Die Fa. AHAB beabsichtigt für jede Dienststelle, auf der Wechselschichtdienst verrichtet wird, eine Zusammenfassung mit ihren individuellen Ergebnissen zu machen. Hiermit müsste sich herausfinden lassen, ob es noch Stellschrauben gibt, an denen man drehen kann. Die ganz grundsätzlichen Vorgaben sind hierbei nicht gemeint, wie z.B. die Vorwärtsrolation. Es kann sich aber als sinnvoll erweisen, z.B. Modelle mit einzelnen freien Tagen zu verändern oder zu prüfen, ob alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, die maximale Anzahl an freien Tagen am Wochenende zu generieren. Oder ob die Möglichkeiten Schichten zu verschieben, ausgeschöpft sind. Unsere gewerkschaftliche Haltung zu den Zusatzdiensten ist unverändert klar und muss auch das Ziel sein: wir wollen, dass ihr Planungssicherheit habt, wenn Zusatzdienste geleistet werden müssen. Wir wollen aber auch, dass die Zusatzdienste überflüssig werden. Hier müssen wir an anderen politischen Fronten weiter kämpfen.

Wir erachten es für sinnvoll, dass auf jeder Dienststelle zusammen mit den örtlichen Personalräten hierzu von der Leitung mit dem WSD das Gespräch gesucht wird. Unterstützen kann der Ansprechpartner oder die Ansprechpartnerin aus der AG GAP des Präsidiums bzw. beim LKA.

Am Montag, den 28.11.2022 wird es an der HdP eine hybride Veranstaltung des Inspekteurs geben, bei der die Ergebnisse durch die FA. AHAB vorgestellt werden.

Zu den einzelnen Faktoren:

1.Work Life Balance
Schon bei der ersten Befragung ergab sich, dass die Beurteilung des aktuellen WSD-Modells stark von der Work-Life-Balance abhängt. Das setzte sich auch in der zweiten Befragung fort. Hier wurden noch mehr Fragen zur Vereinbarkeit gestellt. Aus mangelnder Vereinbarkeit ergeben sich Belastungen, Dinge des Haushalts bleiben liegen, es kommt wegen den Abwesenheiten zu privaten Konflikten, die Familienpflichten werden beeinträchtigt, insbesondere wegen dem Arbeitszeitaufwand. Diese Konflikte treffen insbesondere auf Polizistinnen und Polizisten mit Kinder und zu betreuenden Angehörigen zu. Der Vollständigkeit halber muss man hier erwähnen, dass es auch Teilnehmende gab, die keine Probleme mit der Vereinbarkeit haben.

2 Schlafqualität
Nach der Schlafqualität wurde in der zweiten Befragung intensiver gefragt, weil sich hier ein Schwerpunkt ergab. Auf den Punkt gebracht stellte Herr Kauffeldt fest, dass wer schlecht schlafe, auch schlechtere Gesundheitswerte habe. Aber nicht nur das, auch die Arbeitszufriedenheit sinke dann. Insgesamt seien die Ergebnisse aber nicht schlechter als in anderen Bereichen, wo WSD gearbeitet wird. Laut der Techniker Krankenkasse leiden etwa 40% an Schlafstörungen.

3.Psychosomatische Belastungen
In der zweiten Befragung zeigte sich eine Verschlechterung bei den psychosomatischen Beschwerden, 72% der Befragten leidet zwei bis dreimal pro Woche an psychosomatischen Störungen, was seitens Dr. Kauffeldt auf die detaillierte und umfassende Befragung in diesem Bereich zurückzuführen sei. Nichtdestotrotz muss hier ein Schwerpunkt gelegt werden.

4.Krisen
Persönliche Krisen und die mangelnde Fähigkeit, von der Arbeit abzuschalten, wirken sich laut AHAB negativ auf die abgefragten Parameter aus (Beurteilung WSD, Arbeitsfaktoren, Gesundheit). 23% hatten angegeben, sich in einer solchen Krise zu befinden. Hier liegt laut AHAB der beste Ansatzpunkt zur Verbesserung der gesamtgesundheitlichen Situation sowie der Arbeitszufriedenheit der Polizistinnen und Polizisten bei der Polizei Rheinland-Pfalz. Diese Personen schliefen auch schlechter.

Losgelöst von unseren gewerkschaftlichen Forderungen zur Stärkung des Wechselschichtdienstes ergeben sich für die GdP aus den Befragungen folgende Schlussfolgerungen:

Offenheit von Vorgesetzten, Verbesserungen bzw. Weiterentwicklungen an den Systemen zuzulassen und Zeit zu gewähren, sich Gedanken zu machen. Immerhin will 50% der Befragten an dem aktuellen Modell etwas ändern. Ob sich auf der jeweiligen Dienststelle eine solche Mehrheit findet und genau für was, muss vor Ort besprochen werden.

Verbesserung der Work-Life-Balance und Verbesserung der Planbarkeit gehen oft einher, 60 % der Befragten sind für weniger Rückholungen aus der Freizeit. Auch die Möglichkeiten Schichten zu verschieben müssen verbessert werden, 44 % der Befragten sind hier unzufrieden bis sehr unzufrieden. 54 % empfinden zeitversetze Dienste als nicht nützlich, dies ist zu hinterfragen ebenso wie das Thema Zusatzdienste, sind alle Optimierungsmöglichkeiten hier ausgeschöpft?

Unzureichende Wertschätzung in der Polizei; das hat aus unserer Sicht nicht nur, aber auch mit der Bezahlung zu tun. In der zweiten Befragungsrunde wurde die Karriere bzw. Beförderungssituation am wenigsten gut bewertet. Und das heißt konkret: Erhöhung des Beförderungsbudgets, Beförderungsamt folgt zeitnah auf Funktion, Einstiegsamt A 10, Regelbeförderung und die Erhöhung der Polizeizulage und deren Ruhegehaltsfähigkeit. Wertschätzung muss mit der Einstellung beginnen und weit über die Ruhestandsversetzung hinausgehen.

Im Bereich der Gesundheit fordern wir an den hohen Zahlen zu den psychosomatischen Belastungen zu arbeiten und Angebote für die Schlafgesundheit zu unterbreiten. Hier sehen wir die Zentralstelle für Gesundheitsmanagement als kompetenten Partner. Mehr Trainingsmöglichkeiten haben einen positiven Einfluss auf das Schlafverhalten, so hatten uns die Fachleute der Sporthochschule Köln beim Einsatzforum zu Körperschutzausstattungen empfohlen. Weiter werden endlich die Vorsorgekuren gebraucht, die den Angehörigen im WSD Hilfestellungen geben und Entlastungen verschaffen können.

Insgesamt fordert die GdP für die Polizei Rheinland-Pfalz 10.000 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in Vollzeitanteilen. In Bezug auf den Wechselschichtdienst fordern wir 1000 mehr im Wechselschichtdienst, die Zahl der Einladungen (siehe Kasten) spricht Bände. Dann könnte eine Entlastung tatsächlich stattfinden.

Und zuletzt und für jede und jeden Schichtarbeitende/n klar, 35 Stunden pro Woche im WSD müssen genügen; Zusatzdienste müssen weg. Und die Regelung der möglichen 9 Stunden für den Nachtdienst gehören festgeschrieben.

Wer mag kann sich jederzeit an uns wenden unter: steffi.loth@gdp-rlp.de


„Als GdP können wir viele Erkenntnisse aus diesen beiden Befragungen ziehen. Wir bleiben hartnäckig bei unserer Forderung nach ausreichend Personal, denn sonst kann nicht für Entlastung bei der Polizei gesorgt werden und das betrifft insbesondere die operativen Bereiche und somit ganz unmittelbar den Wechselschichtdienst."