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Fakten statt Mythen: 3G und Booster – Wir haben gefragt, Expert:innen antworten!

Wir haben zu den Themen 3G der Polizei Rheinland-Pfalz sowie den Planungen zur Durchführung einer erneuten Impfkampagne fachlich versierte Gäste mit unseren Fragen gelöchert. Allen voran den Virologen der Universitätsmedizin Mainz Prof. Bodo Plachter, der die GdP seit Ausbruch der Pandemie wissenschaftlich berät. Weitere Gäste waren der Leiter der Zentralstelle für Gesundheitsmanagement (ZfG) im PP ELT, Dr. Stefan Brill, Dorothee Konrad (Personalreferentin im MdI), Martin Kuntze (Einsatzreferent im MdI) und Andreas Sarter (Leiter der BAO Impfung). Mit diesem Flugblatt möchten wir euch die wesentlichen Aussagen und Erkenntnisse zusammentragen, damit wir alle in der GdP den möglichst gleichen Sachstand haben.

Herr Plachter, können Sie uns einen kurzen Überblick über das Infektionsgeschehen in RLP geben?
Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation mit einem dramatischen Anstieg der Neuinfektionen; Tendenz steigend. Es befinden sich unter den Infizierten auch vollständig Geimpfte (gehäuft mit dem Vakzin von Johnson & Johnson). Wir erfahren eine Belastung des Gesundheitswesens und der Krankenhäuser. Dort werden größtenteils (jüngere) Ungeimpfte behandelt - jedoch auch lebensältere Geimpfte. Daher können wir von keiner reinen „Pandemie der Ungeimpften“ sprechen.

Herr Brill, können Sie uns bitte die Infektionslage innerhalb der Polizei RLP kurz darstellen?
Auch innerhalb der Polizei erfahren wir immer mehr Infektionen. Die Lage kann aufgrund der hohen Impfquote als kontrolliert bezeichnet werden. Die AHA-L Regeln sind weiterhin sehr wichtig.

Herr Sarter, von welchen Impfzahlen gehen Sie innerhalb der Polizei aus?
Bestätigt ist eine Grundimmunisierung der Polizei RLP von 81% im Rahmen unserer Impfkampagne. Es fanden darüber hinaus weitere Impfungen außerhalb der Polizei statt, so dass von einer ca. 90%-igen Quote ausgegangen wird. Die BAO Impfung bereitet aktuell die 3. Impfung vor, welche am 29.11.2021 beginnt. Wir hoffen auf viele Impfwillige an den Standorten in Wittlich, Koblenz, Enkenbach-Alsenborn sowie in Mainz. Die überwiegende Mehrzahl soll bei einer geplanten Vollauslastung von 300 Impfungen pro Tag pro Impfzentrum vor Weihnachten geimpft sein. Zwischen der Zweitimpfung und der nun anstehenden Auffrischungsimpfung sollen grundsätzlich 6 Monate liegen. Über die Auffrischungsimpfung hinaus wird zudem bislang ungeimpften oder noch nicht vollständig geimpften Kolleg:innen erneut ein Impfangebot unterbreitet.

Frau Konrad, Herr Kuntze, was sind die Beweggründe des MdI eine 3G-Regelung einzuführen?
Hauptzielrichtung waren zum Zeitpunkt der Entstehung zum einen ein verbesserter Gesundheitsschutz, aber aufgrund der sehr hohen Impfquote auch die Möglichkeit, die bislang sehr starken, innerbetrieblichen Einschränkungen im Sinne der Kolleg:innen anzupassen. Durch die Regelung wird ein Stück „Neuland“ betreten, wobei mittlerweile auch auf Bundesebene eine 3G-Regelung erörtert wird. Sollte es diesbezügliche gesetzliche Regelungen geben, wird die Dienstanweisung (DA) ggfls. angepasst werden müssen. Auch wenn die Lage sehr dynamisch ist; Gesundheits- und Arbeitsschutz haben höchste Priorität.

Sabrina Kunz hierzu: „Der Deutsche Bundestag hat heute das Ende der epidemischen Lage zum 25.11.2021 beschlossen und ein Infektionsschutzgesetz verabschiedet, welches morgen noch durch den Bundesrat muss. Sollte dieser zustimmen, so beinhaltet dieses Gesetz 3G am Arbeitsplatz (vergleichbar dieser Regelung hier), ein verpflichtendes Homeoffice-Angebot und 3G in öffentlichen Verkehrsmitteln. Gerade hinsichtlich der Änderungen, die sich in Bezug auf die Arbeitsschutzverordnung Corona und die Homeoffice- und 3G-Pflichten ergeben, werden wir uns über den HPR beim MdI eine schnelle Reaktion und Überarbeitung einfordern.“
Herr Plachter, wie bewerten Sie die Planungen unseres MdI aus wissenschaftlicher Sicht?

Es ist eine Frage des Ziels, das man mit einer solchen Regelung verfolgt. Die Tests Ungeimpfter vor Dienstantritt können helfen, das Infektionsgeschehen zu reduzieren. Aber auch Geimpfte können andere anstecken. Sie können eine hohe Viruslast ausscheiden, wenn auch wahrscheinlich nicht so lange wie Ungeimpfte. Daher ist die eindringliche Bitte in der Dienstanweisung, die zwei zur Verfügung gestellten Schnelltests pro Woche zu nutzen, ebenfalls von großer Bedeutung. Bei einer Infektion innerhalb einer Gruppe Geimpfter mittleren Alters passiere wahrscheinlich nichts weiter, das Virus könne aber bspw. weiter nach außen in Pflegeheime getragen werden. AHA-L sollte daher weiterhin beachtet werden.

Herr Brill, wenn sich Kolleg:innen zum jetzigen Zeitpunkt impfen lassen wollen bzw. aufgrund einer eigenen Infektion die 6-Monats-Grenze erreicht haben und daher als ungeimpft gelten, wohin können sie sich für eine Impfung wenden?
Vor dem 29.11.2021 können aufgrund der Ampullen-Größen durch die ZfG keine Einzelimpfungen durchgeführt werden. Dies ist jedoch über bspw. die Hausärzte, Impfbusse etc. möglich.

Frau Konrad, wie genau werden die 3G-Regelungen erhoben und der Datenschutz gewährleistet?
Vergangene Woche wurden die DA und Handlungsorientierung an die Behörden versandt. Die Häuser gewährleisten den Datenschutz und organisieren die Abfragen bis zum Ende dieser Woche, damit ab 22.11.2021 die 3G-Regelung umgesetzt werden kann.

Herr Kuntze, mit was müssen Personen rechnen, die ihren Impfstatus nicht angeben möchten, jedoch auch keine Negativauskunft vorlegen?
Wir hoffen, dass alle Kolleg:innen gewissenhaft handeln und sind überzeugt, dass es sich – wenn überhaupt - um wenige Personen handelt. Vor allem Führungsleistung in gemeinsamen Gesprächen ist dann gefragt, um individuelle Lösungen zu finden. Dabei lassen wir die Behörden nicht alleine, sondern tauschen uns über die entsprechenden Erfahrungen und zielführenden Vorgehensweisen aus.

Frau Konrad, sehen Sie die Notwendigkeit in der aktuellen Lage erneut Sonderregelungen für Homeoffice zu schaffen?
Die Regelung der Rahmendienstvereinbarung (RDV) Flexibles Arbeiten bezieht sich mit bis zu 40% der wöchentlichen Arbeitszeit auf den „Normalfall“. Wenn Konkretisierungen auf Bundesebene vorliegen, muss unsere Handlungsorientierung entsprechend angepasst werden. Es wird mit Augenmaß darauf geschaut; ggf. wird die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten, wieder ausgeweitet (s. Zitat von Sabrina Kunz weiter oben).

Herr Kuntze, bis wann gilt die DA 3G und wie genau werden die Auswirkungen Ihrerseits begleitet, um ggfls. Anpassungen vornehmen zu können?
Sie gilt bis längstens 31.01.2022. Die Auswertung der Erfahrungen beginnt bereits jetzt schon. Am 19.11.2021 endet die Erhebungsphase. Ab Dezember wird das Fortschreibungswerk erarbeitet und mit den Behörden abgestimmt. Diese muss zeitnah dem HPR vorgelegt werden, damit die Regelung ab Februar fortgeführt werden kann. Die Voraussetzungen sowie gesetzlichen Regelungen müssen entsprechend beachtet werden.

Ein Baustein ist die dritte Impfung. Herr Plachter, welcher Impfstoff wird für wen empfohlen?
Moderna wird über 30-jährigen empfohlen. Prinzipiell ist die Wahl zwischen Moderna und BioNTech unerheblich. BioNTech wird ab 16 Jahre empfohlen und kann bedenkenlos genutzt werden.
Sarter: Die Vorbereitungen laufen mit Hochdruck. Geplant ist BioNTech und Moderna anzubieten. Die StiKo empfiehlt aktuell, bei einer Grundimmunisierung mit Moderna bei diesem Impfstoff zu bleiben. Es wird dieses Mal aufgrund der unterschiedlichen Zweitimpfungs-Termine keine Priorisierungen mehr geben.
Brill: Wir haben das Dilemma mit AstraZeneca erlebt, weshalb die Polizei beide Impfstoffe anbieten will. Es wäre logistisch wesentlich einfacher nur BioNTech zu impfen, aber zur Zufriedenheit und Akzeptanz auf Seiten der Kolleg:innen sollen beide Stoffe angeboten werden.

Herr Brill, wie kann die ZfG die 3. Impfrunde überhaupt bewältigen?
Die 3. Impfung ist ein wichtiges Instrument zur Pandemiebewältigung. Vor Weihnachten soll ein Großteil der Willigen geimpft sein. Weitere Dienstleistungen sind dann nur eingeschränkt möglich.
Plachter: Eigentlich ist es kein „Booster“, sondern eine 3.-Impfung, die der Vervollständigung der Grundimmunisierung dient. Nur so kann eine dauerhafte Immunisierung gewährleistet werden. Der Impfschutz nach 6 Monaten ist sehr individuell. Ein 25-jähriger kann evtl. bis zum Frühjahr genug immunisiert sein, ein 80-jähriger könnte dann keinen Impfschutz mehr haben.

Frau Konrad, ein Fest für die Helfer:innen der Impfkampagne konnte bislang nicht erfolgen. Als GdP hatten wir die Gewährung zusätzlicher freier Tage gefordert, was leider abgelehnt wurde. Nun werden die Kolleg:innen erneut eingespannt. Können wir dieses Mal ein richtiges Zeichen setzen?
Hierzu ist uns keine finale Antwort möglich. Der große Aufwand ist uns bewusst. Seit dem letzten Schreiben der GdP bzw. der Antwort des MdI hat sich rechtlich nichts geändert. Es müsste eine Lösung gefunden werden, die allen gerecht wird und niemanden benachteiligt. Wir nehmen ihre Frage gerne mit.

Macht es Sinn, seinen Titer1 bestimmen zu lassen?
Plachter: Aktuell nicht wirklich. Bei Hepatitis ist dies beispielsweise der Fall. Bei Corona gibt es keinen Grenzwert. Er gibt natürlich eine gewisse Richtung vor, aber der Schutz durch die Bestimmung des Titers ist aktuell sehr schwer bestimmbar.
Verena Schäfer, stellvertretende Landesvorsitzende: „Wir bleiben für euch weiterhin am Thema dran und informieren über neue Entwicklungen. Insbesondere die wissenschaftliche Sichtweise von Prof. Plachter ist für uns Basis unserer Überlegungen und Forderungen. Die Themen Corona und Impfungen sind mit Emotionen belegt, da ist eine sachliche, fundierte Meinung eines Außenstehenden manchmal der beste Weg.“
Das aktuelle Flugblatt findet ihr HIER zum Ausdrucken!