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GAP: Zeit für Verhandlungen!

Mainz.

Der GdP hatte eine landesweite Arbeitsgruppe unter Leitung von Kollegin Steffi Loth beauftragt für die GdP die vielfältigen Rückmeldungen zu sammeln, auszuwerten und zu bewerten. Der geschäftsführende GdP-Landesvorstand hat einstimmig einen Forderungskatalog entwickelt und am heutigen Tag an Innenminister Roger Lewentz übergeben:



Die GdP erhebt folgende Forderungen:
    1. Jahresarbeitszeitkonto (JAZKO)

      Es ist wenig förderlich für die praktischen Abläufe, wenn die Arbeitszeit des Wechselschichtdienstes „gegen“ die monatliche Arbeitszeit des Tagdienstes erfasst und gerechnet wird und der Kalendermonat für die Entstehung von Mehrarbeit maßgeblich ist. Wir sind der Überzeugung, an dieser Stelle nur mit einem technischen Umsetzungsproblem zu tun zu haben, das keinen Bedarf nach Gesetzes- oder Verordnungsänderungen auslöst.
    2. Arbeitszeitverkürzung für besonders belastende Dienste
      Die GdP fordert eine Faktorisierung besonders belastender Arbeitszeiten, wie sie auch von Dr. Bernd Bürger wissenschaftlich vertreten wird. Stunden zu gesundheitlich und sozial besonders belastenden Zeiten sollen mit dem Faktor 1,3 berechnet werden.

      Ersatzweise fordern wir die Gewährung von 14 Tagen (112 Stunden) Zusatzurlaub für WSD-Leistende. Diese Maßnahme würde die Einhaltung der Erholungszeiträume nach EU-Richtlinie ermöglichen. Praktisch würde das so ablaufen, dass die 112 Stunden von der zu erbringenden Jahresarbeitszeit abgezogen würden. Der Druck, innerhalb der vorgeschriebenen Erholungsphasen zur Erreichung der Regelarbeitszeit Dienste leisten zu müssen, würde vermieden.
    3. Wer Wechselschichtdienst leistet, leistet Wechselschichtdienst.

      Grundsätzlich streben wir einen Paradigmenwechsel an. Der künftig durch WSD-Bedienstete zu leistende Anteil am Einsatzgeschehen soll in der Regel durch die drei Dienstgruppen dargestellt werden, die am jeweiligen Tag ohnehin im Dienst sind und nicht mehr – wie heute üblich - durch die Freischichten. Prinzip: „Wer Schichtdienst macht, macht Schichtdienst und grundsätzlich nichts anderes.“

      Dieses Prinzip hängt eng mit der personellen Ausstattung des PP ELT zusammen. Und mit der Erreichung des mit dessen Gründung verbundenen Ziels das Einsatzgeschehen niedrigschwelliger abzudecken als bisher.
    4. Flexibilisierungszuschlag

      Menschen, die im so genannten Tagesdienst arbeiten, können ihre Freizeitaktivitäten langfristig mit Familie, Freunden und Vereinen abstimmen. Theoretisch ist das, wenn auch mit Einschränkungen, ebenfalls im WSD organisierbar. Besonders ärgerlich und belastend ist es, wenn die Kolleginnen und Kollegen gezwungen werden, trotz aller mit anderen vereinbarten Terminen kurzfristig ihre Arbeitszeit an Einsatzlagen oder personelle Engpässe in anderen Dienstgruppen anzupassen. Geregelt ist bislang nur, wenn bereits genehmigter Urlaub nicht angetreten werden kann.

      Die GdP fordert, dass die Arbeitszeit 6 Wochen vor dem Arbeitstag verbindlich festgelegt sein muss. Sofern die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber gezwungen wird, seine Arbeitszeiten in die vorgeplante Freizeit zu verlegen, muss ein Ausgleich in Zeit oder Geld erfolgen. Dieser Flexibilisierungszuschlag soll umso höher ausfallen, je kürzer der Abstand zu dem betroffenen Arbeitstag ist.
    5. Garantiert freie Tage

      Im Leben von Menschen gibt es Tage, die ihnen besonders wichtig sind, etwa Geburtstage, Jubiläen oder Verpflichtungen im Verein. Wir fordern die Einführung von besonders geschützten Tagen, die von den Kolleginnen und Kollegen reklamiert werden können.
    6. Garantiert freie Wochenenden

      Die GdP fordert, dass im 5-Wochen-Rhythmus jeweils zwei Wochenenden von dienstlichen Anforderungen freigehalten werden. Der Schutz der garantiert freien Tage und Wochenenden soll dem Schutz des genehmigten Urlaubs entsprechen. Diesen Schutz fordern wir analog für die Kolleginnen und Kollegen des PP ELT.
    7. Dauer und Anzahl der Nachtdienste

      Die starre Vorgabe von 8/8/8 Stunden für Früh-, Spät- und Nachtdienste soll aus GdP-Sicht durch einen Korridor ersetzt werden. Dem Prinzip der EU-Richtlinie folgend sollen individuelle Lösungen für die jeweiligen Dienststellen ermöglicht werden. Beispiel: Wenn durch die maßvolle Verlängerung des Nachtdienstes der Wechselzeitpunkt familien- und / oder ÖPNV-verträglicher wird und der arbeitsintensive Spätdienst eine Entlastung erfährt, sollte dies vereinbart werden können. Die Anzahl der Nachtdienste sollte zwei nicht überschreiten.
    8. Dauer der Wochenenddienste

      Hier gilt das gleiche Prinzip: Wenn eine maßvolle Belastung an anderer Stelle eine wertvolle Entlastung verursacht, sollte diese Option geschaffen werden. Beispiel: An Samstagen, Sonntagen und Feiertagen würden 12-Stunden-Dienste ermöglicht, um sozial wertvolle freie Wochenenden, Sonntage oder Feiertage für die Teilnahme am familiären und sozialen Leben zu erschließen.
    9. 12-Stunden-Dienste rund um die Uhr und Doppelschlag

      In den betroffenen Dienststellen wird die Beibehaltung der 12-Stunden-Dienste und des Doppelschlages gefordert. Dieser Forderung schließt sich die GdP an. Diese Möglichkeit sollte eröffnet werden – wobei gewährleistet sein muss, dass niemand in der Dienststelle gezwungen werden darf über 8 Stunden zu arbeiten.
    10. Rüstzeiten
      Die GdP fordert die landesweit einheitliche Anerkennung von 15 Minuten pro Schicht als Rüstzeit, die dem Anlegen der Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände dient.
    11. Übergabe von Informationen und dienstlichen Ausrüstungsgegenständen
      Mit der erst kürzlich vom MdI erlassenen PDV 600 werden den Kolleginnen und Kollegen ganz erhebliche Verantwortungen für die Vollständigkeit und Unversehrtheit des zu übernehmenden Materials übertragen. Besonders die Übernahme beschädigungsfreier Streifenwagen, Anzahl und Zustand von Waffen und Munition, Warn – und Schutzmaterial im Streifenwagen wird von den Dienstantretenden verantwortlich übernommen. Die Übernahme der Verantwortung ist jedoch nur durch gewissenhafte Prüfung in Anwesenheit der Übergebenden möglich.
      Speziell den Dienstgruppenleitern obliegt die verantwortliche Übergabe der aktuellen dienstlichen Belange an den nachfolgenden DGL.
      Daher fordert die GdP die Anerkennung von 30 Minuten pro Schicht für alle als Übergabezeit.
    12. Regelmäßige Besprechungszeiten
      In jedem Dienstblock erwarten wir eine fest eingeplante Zeit für Besprechungen mit der Dienstgruppe. Zu erörtern sind die polizeiliche Lage aus den vorangegangenen freien Tagen und den zu erwartenden Ereignissen des kommenden Schichtblocks. Erfahrungsgemäß werden diese Besprechungen auch für Hinweise auf aktuelle Rechtsänderungen pp. genutzt. Die kaum mehr beherrschbare E-Mail-Flut ist im Gegenzug drastisch einzudämmen. Information wird zum Teil von der Hol- zur Bringschuld.
    13. Die „neue Flexibilität“ beschreiben

      In der künftigen landesweiten Regelung sollen Möglichkeiten der Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle exemplarisch beschrieben werden. Ein Beispiel wäre die Berücksichtigung der verschiedenen Chronotypen (Spätdienst statt Frühdienst), ein anderes die Vereinbarkeit von Familie, Leben und Beruf durch individuelle Ablösezeiten oder Dienstpläne. Auch die Möglichkeit, Dienste nach vorne oder hinten zu verschieben, um Lasten besser zu verteilen, soll beschrieben werden.
    14. Personalverteilung
      Seit Jahrzehnten ist es Usus, dass die Personalstärke im WSD nicht berechnet wird. Vielmehr wird das Personal in den WSD verteilt, welches nach Abzug aller übrigen Polizeibehörden als zu verteilende Masse im wahrsten Sinne des Wortes „übrig bleibt“. Sobald Stellen im Nicht-WSD frei oder aus politischen Gründen neu geschaffen werden, wird der WSD als Steinbruch für die Personalbedarfe anderer Einheiten benutzt. Die GdP fordert die Definition – und die Einhaltung! – der Stärke des WSD in den Polizeibehörden bei Schutz- und Kriminalpolizei und den Lagezentren.
    15. Arbeitssicherheit:
      Es existiert das Ergebnis einer AG zur psychischen und physischen Gefährdungsbeurteilung der Arbeit im WSD. Das muss finalisiert werden und Wirkung im Alltag entfalten.

    16. Führung und Zusammenarbeit
      Gute Führung und Zusammenarbeit sind ein wichtiger Schlüssel für Wohlbefinden und Gesundheit. Wir verweisen auf die Untersuchungen (z.B. Uni Trier / PP Koblenz). Die Vorträge und Erkenntnisse der Wissenschaftler blieben ohne erkennbare Umsetzung.
    17. Vorsorgender Gesundheits-Checkup und fachliche Unterweisung
      Die GdP fordert gemäß Artikel 9 der EU-ArbeitszeitRiLi 2003/88 ein Angebot für einen vorsorgenden Gesundheits-Checkup der Kolleginnen und Kollegen, vor der Übernahme in den Wechselschichtdienst.
      Vor Eintritt in den WSD ist Aufklärung zu leisten und es sind Angebote zu den anstehenden Änderungen und den zu erwartenden Problemen zu unterbreiten. Dies beträfe beispielsweise die Ernährung sowie die Anforderungen an die Erholungszeiten, wie Schlafverhalten und die geeigneten sportlichen Aktivitäten.
      Auch die Auswirkungen auf das soziale Umfeld müssen thematisiert werden. Die Vorplanungen von Familie, Freunden und Vereinen richten sich in der Regel nach den Arbeitszeiten im Tagesdienst. Die Arbeit im WSD hat unabweisbar negative Konsequenzen. Darauf – und auf die Möglichkeiten zu Vereinbarung von Beruf und Freizeit - sollten die Kolleginnen und Kollegen vorbereitet werden.
    18. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen
      Ebenfalls mit Hinweis auf Artikel 9 der EU-ArbeitszeitRiLi 2003/88 fordert die GdP ein Angebot des Arbeitgebers, die WSD-Leistenden in zu definierenden regelmäßigen Abständen auf ihren Gesundheitszustand zu untersuchen. Der WSD führt zu schichtdienstbedingten Erkrankungen, deren rechtzeitiges Erkennen ernsthafte Erkrankungen vermeiden hilft. Als Beispiel seien die weitverbreiteten Schlafstörungen, Unruhezuständen und Bluthochdruck genannt. Mit rechtzeitig eingeleiteten Gegenmaßnahmen kann die Gesundheit im Sinne der Beschäftigten und auch des Dienstherrn erhalten bleiben.
    19. Vorsorgekuren

      Die Arbeit entgegen der Inneren Uhr hinterlässt bei allen Menschen erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen. Die GdP fordert die Einführung von Vorsorgekuren, die in zu bestimmenden Zeitabständen in Anspruch genommen werden können. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die einschlägige Broschüre des damaligen Wirtschaftsministers Hendrik Hering. Auf Details können wir gerne im Gespräch eingehen.
    20. Freie Heilfürsorge
      Seit Jahren drängen wir auf die Einführung der Freien Heilfürsorge. Die Vorteile des schon immer vorhandenen ärztlichen Dienstes und die Gestaltung einer Art Betriebskrankenkasse sind aus vielerlei bereits vorgetragener Gründe sowohl für den Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer/innen von deutlichem Vorteil. Synergien liegen auf der Hand. Die für Ende Januar 2018 angekündigten Ergebnisse der Untersuchung von Prof. Dr. Wasem zur vergleichenden Wirtschaftlichkeitsberechnung wurden immer noch nicht vorgelegt. Wir verweisen auf die positiven Beispiele anderer Länder und des Bundes, die erheblich zur Attraktivität anderer (konkurrierender) Arbeitgeber beitragen.
    21. Finanzieller Ausgleich

      Die GdP fordert einen deutlich erhöhten finanziellen Ausgleich für den Dienst zu körperlich und sozial besonders belastenden Diensten (DUZ) und Abschaffung der Anrechnung von Polizei- und WSD-Zulage. Zudem fordern wir Anstrengungen in der allgemeinen Besoldungshöhe: Die Umsetzung der Besoldungsanpassungen des bisherigen Schlusslichtlandes Berlin führt zur Übergabe der Roten Laterne in der Besoldung im bundesweiten Vergleich an Rheinland-Pfalz. Darüber hinaus tritt die GdP für die Rücknahme der Föderalisierungen im Besoldungs- und Versorgungsrecht ein.

    22. Sondereinsätze

      Wenn der Arbeitgeber auf die Einhaltung der Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten im allgemeinen, planbaren Dienstbetrieb pocht, pochen wir unsererseits auf die Einhaltung der Zeiten bei den planbaren Sondereinsätzen. Es kann nicht sein, dass der Arbeitgeber in die Dienstgestaltung seiner Beschäftigten massiv eingreift und andererseits die gleichen Regeln außer Kraft setzt, wenn es seinen Bedürfnissen entspricht. Hier muss das gleiche Recht gelten! Ausnahmen dürfen nur mit Zustimmung der Personalräte möglich sein. Auch hier muss die Regel der EU-Arbeitszeitrichtlinie gelten: Besondere Belastungen sind durch besondere Entlastungen zeitnah auszugleichen. Das muss auch bei planbaren Sonderlagen eingehalten werden.


GdP-Landesvorsitzender Ernst Scharbach: „Nun kommt es auf Innenminister Roger Lewentz an. Unser Verhandlungspaket liegt auf dem Tisch. Einfach wird das nicht. Aber wir werden Eure Interessen hartnäckig vertreten. Zündet Kerzen an!“