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Vorstoß von Bundesinnenministerin Nancy Faeser zur Änderung des Disziplinarrechts greift in das Rechtsstaatsprinzip und in die Gewaltenteilung ein und gefährdet unmittelbar das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsrecht

Mainz.

Kunz: „Extremisten und Verfassungsfeinde haben im Staatsdienst – und insbesondere in der Polizei – nichts zu suchen. Dies mit Rechtssicherheit und endgültig festzustellen, ist Aufgabe der Judikative und eines rechtsstaatlichen Verfahrens.“

In einer Pressemeldung der SPD-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz von gestern, welche bis auf den nachfolgenden Punkt durch die GdP Rheinland-Pfalz unterstützt wird, heißt es:
Zitat aus der SPD-Fraktionspressemeldung vom 15.12.2022: „Eine Verschärfung des Disziplinarrechts, wie nun vom Bundesinnenministerium vorgeschlagen, um extremistische Beamten schneller aus Behörden entfernen zu können, ist ein guter Ansatz. Beim Vorliegen konkreter Erkenntnisse zur Staatsfeindlichkeit muss eine Suspendierung oder Entlassung rasch möglich sein – ohne eine vorgelagerte langwierige Disziplinarklage.“

Die lange Verfahrensdauer bei der verwaltungsgerichtlich durchzuführenden Disziplinarklage wird durch die GdP Rheinland-Pfalz auch kritisch gesehen. Dem Disziplinarrecht ist jedoch ein Beschleunigungsrundsatz innewohnend, der ebenfalls Verfassungsrang hat. Die Verfahren sind beschleunigt durchzuführen.

„Wir haben in den letzten Jahren vermehrt darauf aufmerksam gemacht, dass zu wenig für das Rechtssystem getan wird. Die Gerichte im Land sind überlastet und der Fachkräftemangel macht auch hier den Personalnachwuchs schwer. Eine deutliche Verbesserung der Kapazitäten der Verwaltungsgerichte könnte der Verfahrensdauer entgegenwirken. Dies gilt auch für die personellen Ressourcen innerhalb der Behörden, um die Disziplinarverfahren qualifiziert und umfassend – vor allem beschleunigt – durchzuführen“, fasst Landeschefin Kunz die Problematik zusammen.

„Einer Verschiebung der Aufgabe der Judikative im Rahmen der Disziplinarklage auf die Exekutive im Rahmen der Disziplinarverfügung zur Umsetzung der benannten Disziplinarmaßnahmen erteilt die GdP in Rheinland-Pfalz eine klare Absage“, betont Sabrina Kunz heute in Mainz. „Diese Vorgehensweise berge die Gefahr eines zu weiten Ermessensspielraums innerhalb der obersten Dienstbehörden. Insbesondere dann, wenn Menschen „vorverurteilt“ würden, ohne dass das rechtsstaatliche Verfahren ordnungsgemäß zu Ende gebracht wird,“ ist sich die GdP-Landesvorsitzende sicher.

„Zu guter Letzt“, so bekräftigt Kunz, „unterliegt die Erhebung der Disziplinarklage in Rheinland-Pfalz der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung, sofern der Betroffene diese beantragt. Der Personalrat hat also ein echtes Veto-Recht und wir werden uns dafür einsetzen, dass dies auch so bleibt.“

Hintergrund:

Verweis, Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge und Kürzung des Ruhegehalts sind in den Disziplinargesetzen des Bundes und vieler Länder Disziplinarmaßnahmen, welche die obersten Dienstbehörden (RP: Ministerium des Innern und für Sport) oder die Dienstvorgesetzten (RP: Polizeipräsidien) – also Organe der Exekutiven - im Rahmen einer Disziplinarverfügung nach pflichtgemäßem Ermessen verhängen können. Die Betroffenen müssen sich im Rahmen eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage gegen diesen Verwaltungsakt wehren.

Die Zurückstufung, die Entfernung aus dem Dienst und die Aberkennung des Ruhegehalts müssen im Rahmen einer Disziplinarklage von einem Verwaltungsgericht – also von der Judikative – entschieden werden. Hier urteilt ein unabhängiges Gericht im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens, losgelöst von der Frage der eigenen Moral oder der berufsethischen Einstellung der Polizei, ob es sich um einen Extremisten handelt oder nicht. Sollte dies festgestellt werden, ist die Entfernung aus dem Dienst die einzig richtige Konsequenz.

Die GdP bringt sich aktuell mit den zuständigen Gremien im ordentlichen Stellungnahmeverfahren zum Gesetzesentwurf zur Änderung des Bundesdisziplinargesetzes in Form einer bundesweit abgestimmten und fachlichen Stellungnahme als Beamtenvertretung ein, und wird ihren Einfluss geltend machen. Die GdP Rheinland-Pfalz ist hieran ebenfalls beteiligt.