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Optimierung der Verbrechensbekämpfung

Abstimmungen mit Justiz und Parlament noch nicht abgeschlossen

Mainz.

Nach der parlamentarischen Sommerpause kam neuer Schwung in die Überlegungen des Ministeriums zur Optimierung der Verbrechensbekämpfung. In einer Vielzahl von Gesprächen mit Innenpolitikern und Verantwortlichen des Ministeriums hat die GdP die Ergebnisse der Stellungnahmen aus den Polizeipräsidien diskutiert. Zwischenergebnis: Es wird keine grundlegenden Änderungen in der Organisation geben. Politik und Regierung suchen mit der GdP und den Berufsverbänden eine abgestimmte und konsensorientierte Lösung.

Mit Beschluss des Landtages vom 3. April 2003 wurde das Ministerium aufgefordert, über Optimierungsmöglichkeiten bei der Verbrechensbekämpfung zu berichten.
Die Ziele beschrieb die Landesregierung mit:
· Hebung des Bearbeitungsanteils bei den Polizeiinspektionen auf über 80%,
· Verbesserung der Bekämpfung der Jugendkriminalität,
· Stärkung der Fahndung und
· Stärkung des täter- und deliktsübergreifenden Ansatzes.

Wie von der GdP angeregt bezog das Ministerium die Polizeipräsidien und das LKA umfassend in die Diskussion ein. Die Präsidien erarbeiteten in mehreren AG's Vorschläge.

Eine erste, für Insider nicht überraschende Feststellung ergab, dass der Bearbeitungsanteil der PI'en mit Kriminalbeamten zum Teil bereits deutlich über den angestrebten 80 % liegt. In den weiteren Beratungen kristallisierte sich heraus, dass die in der Praxis erfolgte Unterscheidung der Bearbeitungszuständigkeit
· bei den PI'en in den großen Städten,
· bei den PI'en am Sitz der Polizeidirektionen (an deren Standort auch Kriminalinspektionen arbeiten) und
· den PI'en 'auf dem Land
nicht über einen Kamm geschoren werden kann. Die Unterschiede sind sachlich begründet und machen Sinn. Wenig überraschend auch die Feststellung, dass die Zuständigkeit der PI'en offensichtlich mit der Entfernung zur Zentrale zunimmt. Auch das ist logisch nachvollziehbar. Unterschiede ergeben sich auch bei PI'en mit und ohne Kriminalbeamten.
Im Ergebnis wird sich hier kaum etwas ändern. Das von der GdP verfolgte Ziel der Grundzuständigkeit der PI'en wurde akzeptiert. Auch das Ministerium ist mit der Entwicklung in der Praxis sehr zufrieden.

Ludwigshafen ist mit der Einrichtung eines Hauses des Jugendrechts am weitesten fortgeschritten (s.a. 'Deutsche Polizei' April 04). Die ursprünglich favorisierte Zusammenlegung der Jugendsachbearbeiter (JSB) in den Städten wird nicht vorgegeben. Den Präsidien wird ans Herz gelegt, sich in die gleiche Richtung zu orientieren. Übereinstimmend kamen ISM und GdP bei vielen Gesprächen vor Ort mit Inspektionsleitern, JSB'lern und Schichtdienstlern zu dem Ergebnis, dass mit dem Schließen der Schnittstellen zwischen den JSB der Inspektionen (= Zusammenlegung) neue Schnittstellen zwischen den JSB, dem Bezirks- und Ermittlungsdienst und den Schichten aufgemacht worden wären. Evtl. Fortschritte wären auch durch Verbesserungen in der Kommunikation zu erreichen.

Die GdP hat in diesem Zusammenhang noch einmal eindringlich die Einrichtung eines landesweiten Vorgangsregisters angemahnt, damit die Sachbearbeiter erkennen können, ob gegen Verdächtige in anderen Organisationseinheiten weitere Strafanzeigen in Bearbeitung sind!

Die Debatte zur Verbesserung der Fahndung hat in allen Landesteilen zu eigenen Aktivitäten der Praxis geführt. Fast überall wurden weitere temporäre Fahndungseinheiten nach regionalen und sachbezogenen Kriterien eingerichtet, die mit großem Engagement und Erfolg arbeiten. Obwohl die Einrichtung eines 'klassischen' Fahndungskommissariats wünschenswert wäre, stößt diese Überlegung angesichts der Personalnot an ihre Grenzen. Die - auch durch die Überlegungen in den AG's - angestoßenen Änderungen in den Präsidien finden daher allgemein Anerkennung und sollen beibehalten werden. Allerdings bedürften die Fahndungseinrichtungen einer klaren organisatorischen Zuordnung, meint das ISM.

Der Aufbau von drei Säulen in den Kriminalinspektionen (1. Deliktsorientierung, 2. Täterorientierung, 3. Service) hätte eine komplette Neustrukturierung der KI'en zur Folge - mit all den Problemen, die dies ausgelöst hätte. Die MitarbeiterInnen hätten sich neu orientieren, die Leitungsstellen hätten komplett neu ausgeschrieben und nicht zuletzt die außerhalb der Polizei stehenden Organisationen (StA, andere Polizeien) hätten sich an neue Bezeichnungen gewöhnen müssen. Sie wird wohl nicht kommen. Für die GdP galt die schon mehrfach veröffentlichte Maxime: "Alle Änderungen sollten sicher einen Mehrwert versprechen, ansonsten ist die die Beibehaltung der jetzigen Regelung vorzuziehen."
So stößt die Einrichtung einer strikt täterorientierten Säule auf die bekannten Probleme in der Personalausstattung.
Allerdings wird vom Ministerium argumentiert, dass Kleinst-Kommissariate organisatorisch wenig Sinn machen. Das in mehreren Präsidien bereits umgesetzte Konzept der gemeinsamen Leitung mehrerer Klein-Kommissariate wird vom ISM ausdrücklich begrüßt. Die Präsidien wurden aufgefordert, eigene Optimierungsmöglichkeiten unter Beteiligung der zuständigen Personalräte zu prüfen und die Ergebnisse dem Ministerium vorzulegen.

Die Eingliederung der regionalen Kriminalinspektionen der KD in die örtlich zuständigen Polizeidirektionen ist derzeit kein Thema.

In den Gesprächen mit Ministerium und Politik wurde von DPolG und GdP übereinstimmend gefordert, keine Reduzierung von Beförderungsmöglichkeiten auszulösen. Die GdP hatte diesen wichtigen Aspekt bereits im Gespräch mit Minister Walter Zuber am 19. Februar 2004 eingebracht. Zuber betonte ausdrücklich, dass das Ziel die Optimierung der Verbrechensbekämpfung bleibe - nicht die Verschlechterung der Beförderungsmöglichkeiten! Die GdP steht mit dem Ministerium in Verhandlungen, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Das ISM diskutiert die Beschreibung von weiteren 'herausgehobenen' Funktionen. Die GdP fordert nach wie vor Beförderungen im Sinne einer Fachkarriere. Es macht schließlich keinen Sinn, einem hoch qualifizierten Sachbearbeiter die Bewerbung zu einer Funktionsstelle raten zu müssen, um eine Beförderung erreichen zu können - mit der Folge, dass der Sachverstand abwandert.

Einigkeit bestand auch in der Feststellung, dass die Präventionsstellen weitgehend mit den gleichen Personengruppen (Kinder, Jugendlich, Senioren) arbeiten. Diese Arbeiten sollten vor Ort sinnvoll kombiniert werden.

Von verschiedenen Präsidien wurde erneut die Organisation des Kriminaldauerdienstes in die Diskussion gebracht. Angeblich einsatzschwache Zeiten könnten zu einer Reduzierung des Dauerdienstes führen. Auch hier wollen die Präsidien - auf ihren Zuständigkeitsbereich bezogene - Überlegungen anstellen. Das Ministerium will dazu keine landeseinheitliche Vor-gabe mehr machen und die Entscheidung den Polizeipräsidien überlassen. Die Meinung der GdP ist eindeutig: Selbst wenn in der Zeit zwischen 01:00h und 05:00h weniger Fälle in der Anzeigenaufnahme anfallen, ist die permanente Präsenz der Kripo am Sitz der Präsidien unerlässlich. Die ersatzweise notwendige Einrichtung eines Bereitschaftsdienstes sorgt nur für noch mehr Durcheinander, die Alarmierungen wären zeitaufwändig, der Einspareffekt gering. Die Kollegen der Schutzpolizei haben rund um die Uhr Ansprechpartner der Kripo und nicht zuletzt ist das Vorhandensein einer zivilen Streife in Anzeigenschwachen Zeiten auch aus Präventionsgesichtspunkten sinnvoll. Der KDD sollte u.E. erhalten bleiben!

Die landesweite Festlegung von Bearbeitungszuständigkeiten wird flexibilisiert und damit den Lösungen der Praxis angepasst werden. Die Aufgabenerledigung wird weitgehend in die Kompetenz der jeweiligen Organisationsleiter gestellt.

Die Erweiterung der sachlichen Zuständigkeit der Wasserschutzpolizei scheint unstreitig. Sie erfordert allerdings eine Änderung der Landesverordnung über die Zuständigkeiten und könnte daher noch eine Weile dauern.

Wie geht es weiter?
Das Ministerium wird die Vorschläge mit dem Justizministerium abstimmen und die Ergebnisse anschließend dem Parlament vorlegen. Je nachdem, in wessen Kompetenz die Umsetzung der Entscheidungen gelegt wird, wird die Beteiligung der Personalräte ausgestaltet sein. Wenn es eine landesweite Regelung gibt, ist der Hauptpersonalrat zuständig, ansonsten die Gesamt- oder örtlichen Personalräte.

Was hat die GdP getan?
Unmittelbar nach Bekannt werden der Absichten aus dem ISM lud die GdP im Juni 2003 zu einem Workshop des Fachausschuss Kriminalpolizei ein. Dort nahmen auch Vertreter des Fachausschusses Schutzpolizei und des GdP-Landesvorstands teil (s.a. 'Deutsche Polizei' 07/03). Über das Gespräch mit Minister Zuber am 30. September 2003 berichteten wir gesondert per Mitgliederinfo.
Seither fand eine ganze Reihe von Gesprächen mit Fachleuten auf allen Ebenen statt. Insbesondere interessierte die GdP die Meinungen der Kollegen der Basis. Über eine Vielzahl der Gespräche vor Ort wurde in der 'Deutschen Polizei' fortlaufend berichtet.
Im Übrigen weisen wir auf das Programm 'Polizei 2014' hin, das auf dem GdP-Delegiertentag im Juni 2002 in Lahnstein beschlossen wurde. In diesem Programm werden die GdP Vorschläge zur Optimierung der Verbrechensbekämpfung ausführlich dargelegt. Die jetzt gemachten Vorschläge entsprechen weitgehend den Vorstellungen des Delegiertentages.

Was wird die GdP tun?
Wir setzen uns dafür ein, dass die Sach- und Fachfragen nicht in die Mühlen der Politik geraten und streben einen weitgehenden Konsens mit den Innenpolitikern des Landtages an. Erfreulich ist auch, dass in den Fachfragen große Übereinstimmung unter den Berufsvertretungen herrscht.
Die GdP hat bereits weitere Gespräche mit dem Innenminister und Parlamentariern vereinbart. Neben allen fachlichen Aspekten müssen immer auch die konkreten Auswirkungen auf die MitarbeiterInnen und deren sozialen Verhältnisse in die Diskussion eingebracht werden.
Änderungen sollen behutsam erfolgen - immerhin stehen die Verbrechensverhütung und -bekämpfung und nicht Organisationsdebatten für die Kolleginnen und Kollegen im Vordergrund.
Wir bemühen uns um zeitnahe Berichte.

Ernst Scharbach
Landesvorsitzender