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Parteitag

Grußadresse zum SPD-Parteitag 2006

Kesselsdorf:.

Grußworte dürfen nicht nur gesprochen, sondern auch geschrieben werden und so dankt die Gewerkschaft der Polizei, Landesbezirk Sachsen e.V., für die Einladung auf diesem Wege. Zweifellos ist das Verhältnis zwischen der Gewerkschaft der Polizei und der SPD Sachsen seit deren Eintritt in die Regierung etwas spannender als zu einer Zeit, in der die sächsische SPD noch unbefangen und ohne Regierungsverantwortung 700 Stellen mehr für die Polizei fordern konnte. Im Frühjahr 2006 stimmte das Kabinett einstimmig einem Stellenabbau von 2.441 Stellen bei der Polizei zu. Deshalb möchte wir mit dieser Grußadresse einen Beitrag zur zukünftig besseren Verständigung leisten.

Sehr geehrte Delegierte und Gäste,

Im Leitantrag L 01 steht Folgendes: „Wir wollen jedem die Freiheit eröffnen, unterschiedliche Wege gehen zu können, .... Um diese Freiheit nutzen zu können, ist soziale Absicherung unbedingte Voraussetzung.“ Wie sieht es aber aus, wenn man den Begriff „Weg“ wörtlich nimmt und zum Gehen auf diesen Wegen Innere Sicherheit gehört? Wie wichtig ist diese Form von Sicherheit der SPD?

Im Antrag A 06 wird zum Schutz von Arbeitnehmern die Verhinderung der Ausweitung von Ladenöffnungszeiten gefordert. Wie reicht die SPD als Regierungspartei den Polizisten in Sachsen die Hand, die ihre Hand dem Freistaat reichen und wie Tausende andere Beschäftigte in anderen Berufen an Wochenenden arbeiten? Was tut die SPD, damit Polizeibeamte nicht weit über 12 Stunden bei Großeinsätzen wie zum 1. Mai arbeiten müssen, weil keine anderen Kräfte da sind? Der Antrag A 07 enthält die Forderung nach einer familienfreundlichen Arbeitswelt. Wie familienfreundlich sieht die sächsische SPD das Laufbahnrecht der Polizei? Wer sich zuerst der Familie widmet, der ist dann mit 35 Jahren vielleicht immer noch begabt genug für eine Aufstiegsausbildung, aber eben nicht mehr zugelassen.

Im Antrag A 12 fordert man mehr Gemeinsamkeit und Bundeseinheitlichkeit in Bildungsfragen. Bei der Bundeseinheitlichkeit im Beamtenbereich sah die SPD das anders. Da war diese Einheitlichkeit im Rahmen der Förderalismusreform Verhandlungsmasse. Ist der Sicherheitsbereich weniger wichtig für die SPD? Mit dem Antrag A 22 wollen sich die Antragsteller für die 0,0 Promille Grenze stark machen. Dem stimmen wir vorbehaltlos zu! Wer aber, macht sich dafür stark, dass es ausreichend Polizisten auch in ländlichen Regionen gibt, die das kontrollieren? Schicke Forderungen allein reichen nicht!

In Antrag A 24 tritt eine Gliederung für die Kreisstadt Borna ein. Ist das für die sächsische SPD das Wichtigste bei der Verwaltungsreform? Kein Wort von Einräumigkeit der Verwaltung, der sofortigen Abstimmung von Gerichtsbezirken, Polizeidirektionen, Landkreisen, Schulamtsbereichen und anderen behördlichen Strukturen, damit die Bürger eine abgestimmte Verwaltung erleben. Aber dann kommt Antrag A 34: Erhalt der Polizeifachhochschule in Rothenburg. Ungeachtet dass diese nicht mehr so heißt, sieht auch die Gewerkschaft der Polizei Sachsen keinen Grund, diese Einrichtung zu schließen. Aber was ist der Grund für dieses konkrete Engagement für diesen einen Standort? Wo ist der von der SPD gesuchte Dialog zu Fachfragen der inneren Sicherheit? Ist es nur ein Ausrutscher, dass man sich mit Polizei beschäftigt, weil die Einrichtung in der Region gebraucht wird?

Die Gewerkschaft der Polizei Sachsen möchte ehrlich sein. Es entsteht der Eindruck, dass hinter den Argumenten von knapp 10 %, der Ressortverantwortlichkeit der CDU und der dünnen Personaldecke der SPD verborgen werden soll, dass innere Sicherheit keine Herzensangelegenheit der SPD ist und auch nicht werden soll. Zweifellos ist am Auftreten der CDU mindestens genauso viel kritikwürdig, aber hier geht es um die SPD, die sich die Verbesserung des Personalvertretungsrechts auf die Fahnen geschrieben hat, bei ver.di punkten will und in gleichem Atemzug massive Verschlechterungen für Polizei-Personalräte hinnimmt (Regierungsentwurf Drs. 4/5064). Hier geht es auch um die SPD, die Sozialstaatlichkeit anmahnt und es hinnimmt, dass die Arbeitsbedingungen in der Polizei durch Personalabbau unerträglich gemacht werden. Hier geht es um die SPD, die einen Landespräventionsrat fordert, aber der Polizei keinen Raum für Präventionsarbeit lässt. Hier geht es um die SPD, die soziale Sicherheit fordert und innere Sicherheit ausblendet.

Im Vorwort zum Einzelplan 03, Kapitel 0316 zum Regierungsentwurf des Haushaltsgesetzes 2007/2008 steht es geschrieben. Die Polizei baut 2.441 weitere Stellen ab! Wenn die SPD-Landtagsfraktion dem zustimmt, übernimmt die SPD Mitverantwortung für das, was sie bisher einem CDU-Minister zuschiebt. Wir hoffen, dass es dazu nicht kommt. Aufrichtigkeit ist eine Form des Respekts und aufrichtig waren wir mit diesen Worten. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Sachsen, Peer Oehler, wird Gast des SPD-Parteitages sein und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Die sächsische Gewerkschaft der Polizei wünscht der SPD Sachsen einen Parteitag mit Weitsicht und Blick über selbstgegebene Kernkompetenzen hinaus.

Mit freundlichen Grüßen


Matthias Kubitz
Landesvorsitzender
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