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Presse

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Kesselsdorf:.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) muss zum jetzigen Zeitpunkt feststellen, dass die sächsische Polizei am Scheideweg ihrer Zukunft steht. Die Staatsregierung wird in den nächsten Tagen darüber entscheiden, wie viele Stellen bei der sächsischen Polizei gestrichen werden.

Wir sagen ganz deutlich, dass die Politik diese Frage nur entscheiden darf, wenn sie eine Entscheidung darüber getroffen hat, welche Aufgaben zukünftig nicht mehr von der Polizei wahrgenommen werden.

Nicht erst in den letzten zwölf Monaten wurden immer wieder neue Meldungen über einen Stellenabbau der Polizei veröffentlicht. Schon vor der letzten Landtagswahl im Jahr 2004 gab es Bestrebungen, personelle Einschnitte bei der Polizei vorzunehmen. Dabei waren die Haltungen der heutigen Regierungsfraktionen sehr unterschiedlich. Im Rahmen von öffentlichen Anhörungen im sächsischen Parlament schwor man sich gegenseitig alles zu tun, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf höchstem Niveau zu erhalten. Im Lichte der Terrorgefahr und der EU-Erweiterung war man sich einig, die Leistungskraft der Polizei muss erhalten bleiben. Die Schlussfolgerungen waren jedoch unterschiedlich. So wurde der beschlossene Personalabbau von der CDU weiter umgesetzt und im krassen Gegensatz dazu forderte die SPD sogar zusätzlich 700 neue Polizeivollzugsstellen.

Kurios sind in diesem Zusammenhang auch folgende Äußerungen:

- des Herrn Horst Rasch zum Zeitpunkt der Wortmeldung Staatsminister des Innern im Freistaat Sachsen:
„3893 junge Frauen und Männer absolvierten seit 1991 eine Ausbildung bei der Polizei ….. Mit diesen Neuzugängen wuchs die Zahl von 10 791 auf jetzt 12 337 an. Mit der Polizeirevier- und –postenkonzeption sowie der Bürgerpolizistenkonzeption erfüllte die sächsische Polizei die häufig strapazierten Begriffe Bürgernähe und Präsenz überzeugend mit Leben.“
Zeitschrift -Polizei Sachsen- Ausgabe 3 / 2003
(eine Zeitschrift für die sächsische Polizei)

- Herr Horst Rasch zum Zeitpunkt der Wortmeldung Staatsminister des Innern im Freistaat Sachsen:
„Die Reform wird keinen einzigen Arbeitsplatz kosten“

- Bundeskanzleramtschef Herr Thomas de Maizière
Leistungen der Polizei werden hervorgehoben und gewürdigt:
Ich blicke mit großer Hochachtung auf das, was Sie in den letzten Jahren geleistet haben: Der erhebliche Rückgang der Gesamtzahl der Straftaten und die deutliche Erhöhung der Aufklärungsquote sowie die starke Verringerung der Gesamtzahl der Verkehrsunfälle und deren Opfer sind keine Selbstverständlichkeit. Diese Erfolge sind das Ergebnis Ihrer täglichen Arbeit für die Sicherheit der sächsischen Bürgerinnen und Bürger.
Brief an alle sächsischen Polizistinnen und Polizisten von dem zu diesem Zeitpunkt verantwortlichen Innenminister des Freistaates Sachsen Thomas de Maizière
Dresden, 12.11.2004

Die Gewerkschaft der Polizei begrüßte den Beschluss des Parlaments vom 25. Januar 2006, die Staatsregierung zu beauftragen, Qualitäts- und Leistungsstandards polizeilicher Arbeit zu definieren. Nur diese Definition und eine kritische Aufgabenuntersuchung kann Grundlage zur Berechnung des tatsächlich benötigten Personals bei der Polizei sein.
In der gegenwärtigen Diskussion zur Stellenstreichung in der Staatsregierung scheinen diese objektiven Gesichtspunkte keine Rolle zu spielen.

Die Gewerkschaft der Polizei setzte bereits im April 2005 eine Arbeitsgruppe ein, um eine aufgabenkritische Untersuchung mit dem Ziel durchzuführen, langfristig auf der Grundlage eines Personalentwicklungskonzeptes, die Polizei des Freistaates so aufzustellen, dass die Sicherheit der Bürger einerseits, d. h. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet werden kann und zugleich die Beschäftigten eine verlässliche Auskunft zur strukturellen und personellen Entwicklung erhalten. Die zum 01.01.2005 in Kraft getretene neue Struktur der Polizei wurde als Ausgangssituation genommen.
Die Arbeitsgruppe war nicht mit Theoretikern besetzt, sondern bestand ausnahmslos aus Kolleginnen und Kollegen, die die tägliche Polizeiarbeit selbst erleben. Weiterhin wurden zahlreiche Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen aller Führungsebenen und aller Dienstzweige geführt.
Das nun vorliegende Abschlusspapier der Arbeitsgruppe beschreibt deutlich den Ist-Stand unserer Polizei und zeigt viele Schwächen auf.

Evaluierung der Neuorganisation / Reviere und Posten
Die Anfang 2005 in Kraft getretene Neuorganisation der Polizei war in ihrem Ausmaß eine Strukturreform von immenser Bedeutung. Sie muss deshalb tiefgründig und auf objektiver Grundlage entsprechend ihrer Zielstellung und Zweckmäßigkeit sowie ohne Zeitdruck untersucht werden. Notwendige Korrekturen sind nachvollziehbar vorzunehmen.

Die Abschaffung der Polizeipräsidien und die Übertragung der Aufgaben auf die anderen Dienststellen haben sich aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei grundsätzlich bewährt.
Die Verantwortung des Sächsischen Staatsministeriums als Führungs- und Koordinierungsstelle ist enorm gestiegen. Sie muss zukünftig noch stärker wahrgenommen werden.

Die Struktur der Polizeireviere, einschließlich der Polizeiposten und Bürgerpolizisten ist im Rahmen der Neuorganisation nicht betrachtet worden. Deshalb ist eine Fortschreibung der Neuorganisation unter Einbeziehung der Untersuchungsergebnisse aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei notwendig und möglich. Diese sollte jedoch nicht dazu dienen, einzelne Interessen von Kommunalpolitikern zu verwirklichen, sondern vor allem zur besseren allseitigen Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Freistaat Sachsen beitragen.
Die Anzahl und Struktur der Polizeireviere, Polizeiposten und Bürgerpolizisten ist so zu überarbeiten, dass sie einerseits so standardisiert wie nötig und andererseits so flexibel wie möglich ist.

Die Gewerkschaft der Polizei hat beginnend am Tag der Sachsen und bei anderen Öffentlichkeitsveranstaltungen bis Ende 2005 eine Umfrage unter den Bürgern des Freistaates Sachsen durchgeführt. Insgesamt wurden über 1.700 Bürger befragt. Eine Frage war, in welcher Nähe der Bürger seine nächste Polizeidienststelle erwartet. Die Antwort lag bei durchschnittlich 9 km.

Abb. Auf der Karte sind alle Polizeireviere dargestellt. Die Reviere aus Leipzig und Dresden sind nicht berücksichtigt.
Wir haben um alle Reviere einen Kreis von 10 km gelegt und Sie sehen, dass wir mit den Revieren den Bürgerwunsch nur im Chemnitzer Bereich erfüllen. Die Reviere in den Großstädten Leipzig und Dresden haben wir hier nicht berücksichtigt. Von diesen Basisdienststellen aus, erbringen unsere Kolleginnen und Kollegen 24 Stunden am Tag die Dienstleistungen für die Bevölkerung.

In dieser Grafik haben wir den Revieren auch die Posten hinzugefügt. Auch wenn die Posten nicht rund um die Uhr besetzt sind, sehen wir, dass die Polizei den Bürgerwillen in Bezug auf die Nähe zur nächsten Dienststelle in nahezu allen Bereichen erfüllt. Allerdings kommt es auch zu erheblichen Überschneidungen.
Die Gewerkschaft der Polizei sieht diese Entwicklung sehr kritisch. Das Personal für die Besetzung der Posten kommt nahezu vollständig aus den Revieren und damit wurden die Schichten erheblich geschwächt. Die Posten wurden in vielen Fällen nicht aufgrund der polizeilichen Lageentwicklung eröffnet, die Entscheidungen waren eher politisch geprägt.

Die Gewerkschaft der Polizei fordert, diese Revier- und Postenkonzeption zu überarbeiten. Und zwar nicht unter der Zielrichtung der Stellenstreichung, sondern unter Betrachtung eines effizienten Polizeieinsatzes.

Eine Streichorgie bei den Revieren und anderen Dienststellen darf es nicht geben.
Die GdP sagt deutlich, dass die Polizei auch in der Zukunft in der Fläche vertreten sein muss - und das 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche.

Aus Sicht der GdP muss die Polizei verstärkt auf die Bürgerpolizisten setzen. Die GdP fordert einen Bürgerpolizisten auf 5.000 Einwohner. Die Bürgerpolizisten können einen großen Beitrag zur Bürgernähe auch in der Fläche leisten.

Altersstruktur
Die Gewerkschaft der Polizei sieht die derzeitige Altersstruktur der Polizei mit großer Sorge. Wir können schon heute von einer überalterten Polizei sprechen. Am Beispiel der Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge wollen wir das verdeutlichen.
Wir haben hier ein Altersdurchschnitt von über 45 Jahren.

Wenn nicht neue, junge, Kolleginnen und Kollegen nachgeführt werden, zeichnet sich im Jahr 2010 folgendes Bild.
Bis 2010 hat die Direktion 240 Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand verabschiedet. Das sind über 12 % des gesamten Personalbestandes.
Von den dann noch anwesenden 1.600 Beamten werden über 700 Kolleginnen und Kollegen über 50 Jahre alt sein. Unter 30 Jahre sind gerade noch 24 Kolleginnen und Kollegen. Das reicht nicht einmal aus, um den Einsatzzug der Direktion zu füllen.
Selbst bei einem Korridor von 200 Einstellungen im Jahr erhält die Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge im Jahr mathematisch gesehen nur 32 Beamte. Auch unter diesen Vorzeichen würde die Direktion bis 2010 80 Stellen nicht mit neuen, jungen Beamten besetzen können.
Um die Altersabgänge ersetzen zu können, müssen ab diesem Jahr jährlich mindestens 350 – 400 Einstellungen vorgenommen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Einstellungszahlen immer erst drei Jahre später - nach erfolgter Ausbildung – in den Dienststellen als Personal zur Verfügung stehen. Bei diesen Einstellungszahlen wird sowohl der altersbedingte Abgang kompensiert als auch die Altersstruktur der Polizei zukunftssicher gestaltet.
Wenn dieser Einstellungskorridor geringer ausfällt, bleiben Probleme für die Polizei auch zukünftig vorprogrammiert.
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