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Taser nur bei den Spezialeinheiten vorstellbar

Polizeiführung gegen Elektroschockpistole

Kiel.

Die Spitze der Landespolizei lehnt die Beschaffung der Elektroschockpistole „TASER“ ab. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs des Vorsitzenden des GdP-Fachausschusses Schutzpolizei Sven Neumann mit Vertretern der Polizeiführung. „Ich sehe derzeit keine Veranlassung, mich aktuell um die Ausrüstung der Landespolizei mit dem Taser zu bemühen“, sagte Landespolizeidirektor Ralf Höhs am Ende des Austauschs. Ein taktischer Nutzen sei für ihn nicht erkennbar. Aus seiner Sicht gebe es bei der Ausstattung der Landespolizei mit Schutzausrüstung und Bewaffnung andere Schwerpunkte, unterstrich Höhs.

Für die Landes-GdP hatte Sven Neumann den Austausch mit dem Landespolizeidirektor angeregt und beim Landesvorstand Befürworter seiner Bemühungen gefunden. Ziel des Gesprächs im Landespolizeiamt war es, die Haltung der Polizeispitze um Höhs zur Einführung der Elektroschockpistole „Taser“ als Alternative zur Schusswaffe bei der Landespolizei auszuloten.

Die Kolleginnen und Kollegen haben Anspruch darauf, dass sich GdP wie Landespolizei darüber Gedanken machen, wie ihnen belastende Todesschüsse im Einsatz künftig möglicherweise erspart bleiben können“, erklärte Sven Neumann die Motivation des Fachausschusses.
Und die personelle Zusammensetzung seitens der Polizeiführung unterstrich die Bedeutsamkeit des Themas und des Austausch mit Vertretern der GdP. Neben dem Landespolizeidirektor nahmen auch sein Vertreter Joachim Gutt sowie der Chef der Abteilung 5 des Landeskriminalamtes Polizeidirektor Dirk Keller, Polizeidirektor Ralph Garschke sowie Polizeioberrat Axel Behrends und weitere Fachleute aus dem Landespolizeiamt an dem knapp einstündigen Gespräch teil.

In seinem Eingangsstatement hatte Sven Neumann unter anderem auf die psychischen Folgewirkungen eines Schusswaffengebrauchs mit möglicher Todesfolge hingewiesen. Als Beispiele nannte Neumann tödliche Schusswaffeneinsätze in Berlin und Husum. Dabei waren im Juni 2013 im Neptunbrunnen am Berliner Alexanderplatz ein mit einem Messer herumfuchtelnder nackter Mann und in Husum im Dezember 2014 ein bewaffneter Mann vor seinem Wohnhaus nach Schüssen aus der Polizeipistole verstorben.

„Bei beiden Schusswaffeneinsätzen wäre der Einsatz des Taser keine Alternativlösung gewesen“, erklärte der Leiter der Spezialeinheiten Dirk Keller. Ein Messerangriff erfordere aufgrund der Gefährlichkeit eine angemessene Reaktion zur Eigensicherung. Hier sei die Schusswaffe eindeutig vorzuziehen. Die Funktionsfähigkeit des Tasers kann durch Feuchtigkeit beeinträchtigt werden. Zudem weise die Statistik nur wenige Einzelfälle eines Schusswaffengebrauchs aus. Auch das Lagebild weise kein Bedürfnis aus, hieß es von der Polizeiführung. Der Tasereinsatz müsse zudem in ein taktisches Konzept eingebunden sein und bedürfe einer außergewöhnlich intensiven Ausbildung, verursache absehbar mehr Probleme und Hindernisse als Vorteile, erklärte Keller.

Die Vertreter des LPA warnten davor, Beamte im Funkstreifen- und Einsatzdienst im Stressfall noch zusätzlich mit der möglichen Verwendung des Taser zu überfordern. Die Entscheidung zwischen dem Taser- oder Schusswaffeneinsatz würde im Einsatzfall eine weitere Belastung für Polizisten bedeuten. Die Möglichkeit einer Fehlhandlung werde sogar erhöht. Auch würden im Taser-Einsatzfall immer ein zweiter Sicherungsbeamter, der ebenfalls einen Taser oder die Schusswaffe einsetzen könnte, und ein weiterer zum Auffangen des Betroffenen benötigt. Denn es bestünde die Gefahr, dass ein von der Elektroschockpistole Getroffener als Folge eines Tasereinsatzes unvermittelt zu Boden fallen würde und dabei erheblichen Verletzungsrisiken ausgesetzt sei.

Zudem lägen die rechtlichen Voraussetzungen für den Umgang mit dem Taser ohnehin noch nicht vor.
Der Stellvertretende Landespolizeidirektor Joachim Gutt unterstrich, dass die posttraumatische Wirkung eines Schusswaffengebrauchs nicht Ziel für die Beschaffung des Taser sein könne. Hier müssten taktische Ansätze wie die Eigensicherung entscheidend sein. Die seien jedoch nicht erkennbar.
Aus Sicht der Führung der Landespolizei werde die Beschaffung des Taser nicht intensiv weiter verfolgt. Auch einem „Probelauf“, bei denen ausgebildete Einsatztrainer im Einzeldienst versuchsweise mit der Elektroschockpistole ausgestattet würden, wurde als nicht praktikabel eine klare Absage erteilt.
Einigkeit herrschte aber zwischen allen Gesprächsteilnehmern, dass die Ausstattung von Spezialeinheiten wie dem Spezialeinsatzkommando angemessen und sinnvoll sei, derzeit aber auch an den fehlenden rechtlichen Voraussetzungen nach dem Landesverwaltungsgesetz scheitere.

Höhs: TASER ist ein schwieriges Thema

Eutin/tgr - Auch bei einer öffentlichen Versammlung der GdP-Regionalgruppe AFB lehnte Landespolizeidirektor Ralf Höhs die versuchsweise Anschaffung eines Taser für die Landespolizei ab.

Höhs wörtlich: „Das ist ein schwieriges Thema, da der Taser kein Allheilmittel ist. Der Taser gibt auch nur begrenzte Erfolgsaussichten, weil er auch Fehlerquoten aufweist. Außerdem wirkt er optimal in einer Entfernung von zwei bis viereinhalb (maximal sieben) Metern. Und wenn es nicht beim ersten Mal klappt, ist eine zweite Schussabgabe notwendig. Es müsste immer ein zweiter Beamter mit einem solchen Gerät bereitstehen. Außerdem müsste dafür gesorgt sein, dass der Getroffene, der paralysiert hinfällt, sich beim Sturz nicht schwer verletzt. Und es muss Vorsorge getroffen werden, dass bei Versagen der Elektroschockpistole die Schusswaffe als Hilfsoption trotzdem möglich ist. Zudem ist auch der Wechsel des Zwangsmittels nach erfolglosem Tasereinsatz hin zur Schusswaffe sowohl zeitlich als auch psychologisch ein störendes Hemmnis. Die Spezialeinheiten sind der einzige Bereich, wo ich mir den Taser vorstellen kann. Auch im Rahmen einer versuchsweisen Erprobung“.

"Die Gewerkschaft der Polizei wird das Thema "TASER" weiter im Auge behalten und das Gesprächsergebnis und die Aussagen des Landespolizeidirektors in der PD AFB zum Anlass nehmen, sich zunächst für die Einführung des Tasers bei den Spezialeinheiten einzusetzen", kündigte Sven Neumann an.
Foto/Text: Thomas Gründemann

Der Landesvorstand

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