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GdP zum Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe in Schleswig-Holstein:

Landesregierung gefährdet Sicherheit und Ordnung in den Vollzugsanstalten

Kiel.

Am kommenden Mittwoch, den 13.07.2016, wird der Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe in Schleswig-Holstein im Innen- und Rechtsausschuss abschließend beraten, nächste Woche soll das Gesetz im Landtag beschlossen werden.

„Mit der Übernahme der durch SPD, Grüne und SSW vorgelegten Änderungsanträge würden Sicherheit und Ordnung in den Vollzugsanstalten grob fahrlässig gefährdet“, bewertet Thorsten Schwarzstock, Vorsitzender der GdP Regionalgruppe Justizvollzug, den Gesetzentwurf. „Insbesondere die vorgesehenen neuen Regelungen zur Kleidung (§ 69) und dem Schusswaffengebrauch (§ 118) sind nicht nachvollziehbar.“

Durch die Regelung zum Tragen eigener Kleidung wird ein extremer Kontrollaufwand entstehen. Grund hierfür ist die Reinigung, die z. B. in der Untersuchungshaft durch Familienangehörige der Gefangenen erfolgt. Somit sind sowohl ein- wie ausgehende Wäschetaschen durch die Vollzugsbediensteten zu kontrollieren – wie die Erfahrung zeigt, ein immenser Aufwand. Das Einschmuggeln gefährlicher Gegenstände, Waffen, Drogen pp. wird zunehmen.

Diesen Aufwand jetzt auf den geschlossenen Männervollzug auszuweiten ist einfach nicht leistbar. Zusätzliches Personal für diese Aufgabe bzw. unterstützende Technik in Form von Durchleuchtungsgeräten sind aufgrund der hohen Anschaffungskosten nicht vorgesehen. Die Reinigung der eigenen Kleidung innerhalb einer JVA ist organisatorisch schwer umsetzbar, Regressansprüche aufgrund von Beschädigungen bzw. Verlust wären die Folge. Weiterhin würden Arbeitsplätze der Gefangenen verloren gehen, da in den anstaltseigenen Wäschereien Gefangene die Sortierung, Tausch und Reinigung der Anstaltskleidung vornehmen.

Hinzu kommt die Gefahr des „Abziehens“ teurer Markenkleidung. Durch einheitliche Anstaltskleidung hingegen ist der finanzielle Status des einzelnen Gefangenen sowie seiner Familie nicht gleich ablesbar.

Schusswaffen als Teil der instrumentellen Sicherheit gehören während des Tagesdienstbetriebes grundsätzlich nicht in den gesicherten Bereich der Vollzugseinrichtungen, also hinter die Mauern. Hier gibt es bauliche und technische Maßnahmen, die geeignet sind, die Flucht (Ausbruch) eines Gefangenen mit höchster Wahrscheinlichkeit zu verhindern.

Während des Nachdienstes hingegen, also zu Einschlusszeiten der Gefangenen, ist das Mitführen von Schusswaffen ebenso wie zur Sicherung von Gefangentransporten, insbesondere von gefährlichen und gefährdeten Gefangenen - nach einhelliger bundesweiter Meinung in Fachkreisen - auch zukünftig zwingend notwendig. Krankenhausbewachungen oder Vorführungen von Gefangen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität oder mit terroristischem Hintergrund erfordern besondere Sicherungsmaßnahmen. Dazu gehört auch die Bewaffnung der Sicherungskräfte. Jedoch nur durch regelmäßiges Tragen zumindest während der Nachtdienste entwickeln die Vollzugsbeamten auch ein Gefühl für die Waffe. Ansonsten gefährden sie sich und andere durch Ungeübtheit und eigene Unsicherheit.

Die Eigensicherung von Bediensteten ist Ausdruck eines professionellen Handelns und steht nicht im Widerspruch zu einem modernen Strafvollzug. Seit mehr als 30 Jahren wurde keine Schusswaffe
gegen Gefangene eingesetzt noch wurde diesem einer oder einem Bediensteten entwendet. Unbestritten ist aber auch die abschreckende Wirkung von Schusswaffen, wodurch oft bereits der Versuch zur Befreiung oder einer Flucht unterbleibt. Der Sicherheit der Allgemeinheit fühlen sich die Vollzugsbediensteten aus diesen und anderen Gründen in besonderem Maße verpflichtet.

Widersprüchlich auch, dass einerseits das Tragen von Schusswaffen innerhalb der Vollzugsanstalten gänzlich ausgeschlossen werden soll, anderseits das Justizministerium aber schusssichere Westen für die Kolleginnen und Kollegen anschafft. Es gibt einfach auch Inhaftierte, bei denen die Familienorientierung nicht unbedingt im Vordergrund steht. Die immensen Sicherheitsvorkehrungen im gerade stattfindenden Prozess gegen eine Litauer Bande bestätigen diese Aussage.

Sollten diese Änderungsanträge von SPD, Grünen und SSW tatsächlich - wie durch die Lübecker Nachrichten am 09.07.2016 berichtetet - gegen das Votum der Justizministerin in den Gesetzentwurf aufgenommen worden sein, entsteht der Eindruck, dass persönliche Animositäten einzelner Abgeordneter über die (richtigen) Fachmeinungen einer Justizministerin, verschiedener Experten in diversen Arbeitsgruppen und anderer Fachleute gestellt werden.

Dazu Schwarzstock: „Wie bewertet die Landesregierung beispielsweise eine Sofortevakuierung der Sicherheitsabteilung Lübeck aufgrund eines Haftraumbrandes zu Zeiten geringer Personalbesetzung? Eigensicherung der Bediensteten durch Schusswaffen soll zukünftig gesetzlich nicht mehr zugelassen werden - also Gefährdung von Leib und Leben der Bediensteten durch sofortiges Öffnen der Haftraumtüren oder warten auf die Landespolizei und Gefährdung von Leib und Leben der Gefangenen? Hierauf hätten wir gerne eine Antwort!“

Der Regionalgruppenvorstand

Zur Pressemeldung als pdf-Datei


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