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Presseinfo

Geiselnahme in der JVA Lübeck

Lübeck.

Heiligabend haben vier Untersuchungsgefangene in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Lübeck einen Beamten in ihre Gewalt gebracht - offenbar, um sich durch ihn eine Flucht zu ermöglichen. Die JVA Lübeck hat damit die zweite Geiselnahme innerhalb der vergangenen zwei Jahre.

Das Rest-Risiko eines tätlichen Angriffs oder einer Geiselnahme kann nie ganz ausgeschlossen werden. Absolute Sicherheit gibt es nicht, Gefangene bergen immer ein gewisses Risiko.

„Das weiß jeder, der im Strafvollzug arbeitet“, erklärt Thorsten Schwarzstock, Vorsitzender der GdP Regionalgruppe Justizvollzug. „Der Spagat zwischen Schutz der Allgemeinheit und Wiedereingliederung des Inhaftierten in die Gesellschaft ist es, der die Arbeit der Vollzugsbediensteten nicht immer einfach macht. Denn um eine Wiedereingliederung zu ermöglichen, müssen den Gefangenen Freiheiten gewährt werden“.

Schon nach der letzten Geiselnahme im Jahr 2012 kritisierte der damalige Anstaltsleiter Peter Brandewiede, dass das Gefängnis in Lübeck nicht genug Personal hat, um den Insassen die Bewegungsfreiheit zu geben, die ihnen zusteht.

Vor allem an Wochenenden müssten sie häufig in ihren Zellen bleiben, weil nicht genug Beamte vor Ort seien.

Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) kündigte nach dem damaligen Übergriff an, Abläufe, Personalsituation und Sicherheitsvorkehrungen "kritisch auf den Prüfstand zu stellen".

Passiert ist jedoch nichts. Personalmangel in den Haftanstalten, wachsende Verunsicherung unter den Bediensteten, schwindendes Vertrauen zu Vorgesetzten, immer weniger Zeit für Gefangene - die Basis schlägt Alarm. „Die eigentliche Sicherheit sollte doch die soziale Sicherheit sein. Bedienstete, die Zeit haben, sich um die Gefangenen und ihre Probleme zu kümmern. Aber das gibt es seit Jahren nicht. Wir bekommen die subkulturellen Entwicklungen bei den Gefangenen doch gar nicht mehr mit“, so Schwarzstock weiter.

Intern kritisieren viele Justizvollzugsbeamte bereits ihre „Chefin“, die mehr als Kultur- denn als Justizministerin wahrgenommen wird und die Probleme im Justizvollzug nicht wahrzunehmen scheint. Zudem forciert sie aus deren Sicht einen liberalen Strafvollzug auf Kosten der Sicherheit der Bediensteten.

Einer der Geiselnehmer hätte aufgrund eines anderen Vorfalles eigentlich noch „Einschluss“ haben sollen, wenn es den so genannten Weihnachtsfrieden in der Lübecker Anstalt nicht geben würde. Weihnachtsfrieden bedeutet, dass vor und nach Weihnachten Disziplinarmaßnahmen gegen Gefangene nicht vollstreckt werden. Auch auf eine „unter Verschlussnahme“ gemäß § 17 StVollzG ist in dieser Zeit grundsätzlich zu verzichten.

Hinzu kommen mangelnde Führung und falsches Führungsverhalten. Die Justizvollzugsbeamtinnen und -beamten haben immer weniger Vertrauen zu ihren Vorgesetzten, zum Ministerium und zur Landesregierung.

Die GdP-Regionalgruppe Justizvollzug erwartet, dass aus diesem erneuten Zwischenfall endlich Lehren gezogen werden. Blinder Aktionismus schadet nur.

Schwarzstock abschließend: „Die Praktiker des allgemeinen Vollzugsdienstes und ihre Bedenken müssen ernst genommen werden. Es muss Grundlegendes verändert werden, im Strafvollzug muss endlich Führungskultur einziehen.“


Der Regionalgruppenvorstand
i. A.
Thorsten Schwarzstock
Vorsitzender

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