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Neun Monate Innenminister Studt

Nachgefragt

Kiel.

Seit einem dreiviertel Jahr ist Stefan Studt Innenminister und damit auch oberster Dienstherr der Landespolizei. Richtig Fuß gefasst hat der von Ministerpräsident Torsten Albig berufene Chef des Innenressorts bei der Polizei bislang nicht.

Allerdings hatte Studt nach den doch recht populären Amtsvorgängern wie Andreas Breitner, Klaus Schlie und Lothar Hay, die die Gabe verfügten, auf Menschen zuzugehen, sicherlich auch schwierige Startvoraussetzungen. Symptomatisch: Die bei einer GdP-Konferenz in Bad Bramstedt von betroffenen Kolleginnen und Kollegen im Schicht- und Wechselschichtdienst beschriebenen Belastungen im Zusammenhang mit ihrer gesundheitsgefährdenden Dienstform beantwortete Studt so: Er könne die Ursachen für Schichtdienst nicht ändern, sagte er kurz und trocken gegenüber dem Schleswig-Holstein-Magazin. Um dann weiter auszuführen: Außerdem habe die Landesregierung für diesen Dienst schließlich einen höheren Zuschlag und einen Tag mehr Urlaub beschlossen. Und auch im Vorfeld des G7-Außenministertreffens geriet der Innenminister ins Fadenkreuz öffentlicher Kritik, als er sich zunächst entschieden hatte, während der heiklen Einsatztage in Lübeck an einer Reserveübung in Kiel teilzunehmen. Nach einer kontroversen Diskussion im Landtag hatte sich Stefan Studt besonnen und verbrachte die Lübecker Einsatztage dann doch an der Seite „seiner Polizei“. Und auch Studts Reaktion in den LN auf die „Hilferufe“ der Leiter der Polizeidirektionen Kiel und Lübeck zur Arbeitsbelastung und der personellen Probleme in der Landespolizei spricht Bände und passt ins Bild („ich hoffe und erwarte, dass unsere Führungskräfte meine Sichtweise teilen“).

Nachgefragt

DP-Landesredakteur Thomas Gründemann befragte kürzlich den schleswig-holsteinischen Innenminister:

1. Herr Minister, Sie sind nun rund acht Monate im Amt. Haben Sie das Gefühl, jetzt auch bei den Menschen in der Landespolizei „angekommen“ zu sein? Hat sich ihr Bild von der Polizei verändert?
Studt: Kommt man im Leben jemals irgendwo an? Oder ist man nicht vielmehr immer unterwegs? Ich habe mich für das Unterwegssein entschieden, weil ich nicht stehen bleiben möchte, während sich die Menschen und die Verhältnisse, in denen sie leben und arbeiten, ständig verändern. Deshalb bin ich, wenn immer es meine Termine zulassen, in den Dienststellen vor Ort oder ganz konkret „auf Nachtstreife“ wie zuletzt in Kiel oder in Kürze in Rendsburg, bei der Wasserschutzpolizei oder im Landeskriminalamt, um nur einige Stationen aus jüngster Vergangenheit zu nennen. Dabei will ich ohne Begleitung von Medien authentische Eindrücke sammeln. Im unmittelbaren Gespräch mit den Beamtinnen und Beamten stelle ich dann fest, dass sich mein Bild von der Landespolizei eher verfestigt: Das Bild einer insgesamt gut aufgestellten und schlagkräftigen Organisation mit motivierten und professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

2. Nachdem Sie „überredet“ worden sind, als Innenminister während des G7-Außenministertreffens in Lübeck persönlich zu erscheinen, hatten Sie während des Einsatzes Kontakt zu den eingesetzten Polizistinnen und Polizisten. Welche Eindrücke haben Sie dabei gewonnen?
Studt: Ich bin dankbar für Ihre Frage, gibt Sie mir doch die gute Gelegenheit zur Klarstellung: Von Beginn der Befassung mit diesem Großereignis an war klar und terminlich abgestimmt, dass ich in den entscheidenden Stunden vor und während des Einsatzes in Lübeck sein werde. Dies ist selbstverständlich – dazu brauche ich weder die Medien noch die Opposition im Landtag. Dass es nun heißt, ich hätte dazu ‚überredet‘ werden müssen, gehört zu jenen Legendenbildungen, gegen die man sich leider oft erfolglos wehrt. Sei’s drum! An den ‚heißen Tagen‘ und danach, an denen ich vor Ort war, habe ich viele Gespräche mit der Einsatzleitung und Beamtinnen und Beamten an ihren Einsatzorten in der Innenstadt und im Containerdorf geführt. Dass der Einsatz exzellent vorbereitet war, das wusste ich ja bereits. Dass der Einsatz aber auch schulbuchmäßig abgelaufen ist und die Stimmung in der Truppe gut war, das habe ich dann erst bei meinen Besuchen in Lübeck erleben dürfen. Hochachtung an alle Kolleginnen und Kollegen: Sie haben einen hervorragenden Job gemacht.

3. Bei den Kolleginnen und Kolleginnen in der Landespolizei stößt es auf, dass Sie stets und ständig die Polizei mit der Steuerverwaltung vergleichen. Und das vor allem, wenn es um Einschränkungen, Einschnitte und Belastungen bei der Polizei geht. Ist es nicht ein Vergleich von Äpfeln und Birnen?
Studt: Nun übertreiben Sie aber ein wenig! Ich vergleiche die Polizei doch nicht ständig mit der Steuerverwaltung. Unsere Landespolizei ist Teil der großen ‚Familie Landesverwaltung‘. Ich habe in dieser Familie Verantwortung für die Steuerverwaltung getragen und zuletzt als Chef der Staatskanzlei für die Grundsätze der Personalsteuerung insgesamt. Wenn ich dann tatsächlich die Polizei mit anderen Verwaltungsbereichen des Landes wie z.B. Steuer oder Justiz vergleiche, dann tue ich das nicht, weil ich der Meinung wäre, alle Bereiche der Landesverwaltung ließen sich auf eine Stufe stellen. Mir geht es vielmehr darum, aufzuzeigen, dass es neben der Polizei noch eine Reihe anderer Verwaltungszweige gibt, die einschneidende Veränderungen erfahren mussten, und deren Beschäftigte stark belastet sind und vor wachsenden Herausforderungen und Erwartungen stehen. Ich relativiere - im Sinne von beschönigen - damit nicht die Lage in der Polizei, aber ich stelle die Polizei ins Verhältnis zu anderen Verwaltungen und stelle dabei fest, dass die Polizei in dem schwierigen Umstrukturierungsprozess nicht allein dasteht. Das halte ich für legitim und nicht für einen Vergleich von Äpfeln und Birnen. Nicht zuletzt ist positive Folge eines Vergleiches der verschiedenen Verwaltungen und ihrer unterschiedlichen Entwicklungen auch der Strukturausgleich im Bereich der Beförderungen, der der Landespolizei seit 2013 maßgeblich zu Gute kommt.

4. In einem Kommentar zum Versammlungsfreiheitsgesetz kritisiert Peter Höver (SHZ), dass Sie als Innenminister im Zusammenhang mit der generellen Abschaffung von Kontrollstellen zum Schutz von Versammlungen die Polizei nicht unterstützt haben. Wörtlich stellt er fest: „Doch der Mann will erkennbar lieber aufs Neue bei „seiner“ Polizei anecken, bei der Studt eh längst untendurch
ist, als bei der Koalition“. Wie bewerten Sie diese Feststellung Hövers? Ist das nicht ein vernichtendes Urteil für einen Innenminister? Oder liegt Peter Höver richtig?
Studt: Peter Höver hat selbstverständlich immer Recht! Aber im Ernst: Dass ich als neuer Innenminister, der gemeinsam mit der Polizeiführung aktiv Verantwortung für den an anderer Stelle vereinbarten Personalabbau übernimmt, nicht mit offenen Armen empfangen werde, war mir von Beginn an klar. Ich bin aber ganz sicher, dass wir unter Berücksichtigung der schwierigen Rahmenbedingungen mit dem im Dezember 2014 vorgelegten Konzept den richtigen Weg eingeschlagen haben. Die Wirkungen werden nach innen so moderat wie irgend möglich und nach außen in den allermeisten Bereichen so gut wie gar nicht sichtbar werden. Ich lade Sie gerne ein,
dass wir uns dies Ende 2016 nach den ersten Umsetzungsschritten gemeinsam ansehen und bewerten. Bei den Überlegungen zum neuen Versammlungsrecht habe ich mich nicht durch die Überlegung leiten lassen, bei wem ich lieber anecken möchte, bei der Polizei oder der Koalition. Diese Art, rein taktisch zu denken, ist nicht meine Art, an Sachfragen heranzugehen. Ich habe den Verzicht auf Kontrollstellen nicht kritisiert, weil ich davon überzeugt bin, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, die auch dem Schutz der Versammlungen und der Teilnehmenden an diesen Versammlungen dienen, tragen. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, werde ich in Abstimmung mit den Experten der Landespolizei entsprechende Änderungsvorschläge vorlegen, denn kein Gesetz ist in Stein gemeißelt.

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