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Presseinformation

Gutachten bestätigt: Neues Gesetz macht Justizvollzugsbeamte krank!

Kiel.

Die anhaltende gewerkschaftliche Kritik an den Neuerungen des Landesstrafvoll-zugsgesetzes (LStVollzG) wurde nun auch schriftlich bestätigt: Die geänderten ganztägigen Aufschlusszeiten nach dem LStVollzG machen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter krank.

Wie der GdP Regionalgruppe Justizvollzug bekannt wurde, liegt dem Justizministerium (MJEVG) eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung für Bedienstete des Allgemeinen Vollzugsdienstes im Bereich Lärm vor. Das Gutachten der Fachkraft für Arbeitssicherheit (FaSi) kommt nach einer zweimonatigen Lärmmessung auf verschiedenen Stationen / Ebenen sowie unter unterschiedlichen Bedingungen in der JVA Neumünster zu dem Ergebnis, dass die Messwerte in den meisten Fällen den zulässigen Lärmpegel nach der ASR A 3.7 überschreiten.

„Unsere Kolleginnen und Kollegen klagen seit längerem vermehrt über Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit, erhöhten Blutdruck, massive Erschöpfung und teilweise sogar Tinnitus. Eine Ursache dieser gesundheitlichen Folgen könnte der nun festgestellte erhöhte Lärmpegel sein“, beklagt der GdP Regionalgruppenvorsitzende Thorsten Schwarzstock.
„Insbesondere während der Zeiten des Spätdienstes sowie am Wochenende, wenn sich überwiegend alle Gefangenen auf den Vollzugsabteilungen befinden, treten aufgrund der gesetzlich vorgegebenen Aufschlussgewährung die Überschreitungen des zulässigen Lärmpegels auf.“

Aus Sicht der FaSi besteht Handlungsbedarf! Um die Gesundheit unserer Kolleginnen und Kolleginnen spürbar besser zu schützen, müssen schnell wirksame Mittel und Maßnahmen gefunden werden. Bauliche Maßnahmen (z. B. Schalldämmung pp.) sind jedoch langwierig und in verschiedenen Vollzugsanstalten schwierig umsetzbar. Der Einsatz von Gehörschutz ist nicht praktikabel, da bestimmte akustische Signale / Geräusche weiterhin zwingend wahrgenommen werden müssen.
Die GdP Regionalgruppe Justizvollzug favorisiert daher, auch aufgrund schnellerer Umsetzbarkeit, organisatorische Maßnahmen wie beispielsweise:
  • Modifizierung der §§ 12, 13 LStVollzG (Aufenthalt außerhalb der Nachtzeit / Einschluss),
  • ausschließlich wechselseitiger bzw. eingeschränkt zu gewährender Aufschluss
  • Änderung des Erlasses zur Festlegung der Nachtzeit

Wie reagiert das Justizministerium auf die nun vorliegende Gefährdungsbeurteilung? Wiederum mit Ignoranz? Oder vielleicht endlich mit der Schaffung geeigneter baulicher, organisatorischer und personeller Voraussetzungen?
„Bisher war aus gewerkschaftlicher Sicht leider wenig bis kein Interesse des Justizministeriums an der aktuellen Situation der Bediensteten im Strafvollzug festzustellen. Auf eine öffentliche Gefährdungsanzeige der GdP an die zuständige Ministerin im August 2019 erfolgte bis heute keine Reaktion aus dem MJEVG“, so Schwarzstock weiter. „Seit 2015 weist die GdP Regionalgruppe Justizvollzug regelmäßig darauf hin, dass durch das LStVollzG gesetzliche Vorgaben geschaffen werden, ohne dass die baulichen, organisatorischen und personellen Voraussetzungen vorliegen. Diese Kritik wird jetzt bestätigt.“

Trotz dünner Personaldecke dürfen Politik und Justizministerium nichts unver-sucht lassen, um bei den problematischen täglichen Dienstabläufen sowie der Überlastung insgesamt Abhilfe zu schaffen. Die Verschlechterung der täglichen Arbeitsbedingungen, u. a. verursacht durch geänderte Aufschlusszeitenzeiten, hat die Arbeitsbewältigungfähigkeit (ABF) der Bediensteten zusätzlich gefährdet und die Krankenstände weiterhin hochgehalten.
Gesundheit ist Führungsverantwortung!

Zur Erinnerung:
Im September 2015 wurde das Ergebnis einer durch das Justizministerium in Auftrag gegebenen und durch die CAU Kiel durchgeführten landesweiten Mitarbeiterbefragung im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagement veröffentlicht.
Im Mittel der großen Vollzugsanstalten waren bereits zu dem Zeitpunkt bei 46 % der Bediensteten die Arbeitsanforderungen einerseits und die persönliche Arbeits- / Leistungsfähigkeit andererseits dauerhaft nicht mehr in der notwendigen Balance, die ABF daher ernsthaft gefährdet. In einer „gut aufgestellten“ Organisation liegt dieser Anteil bei höchstens 15-20 %. Beschäftigte mit gefährdeter ABF sind signifikant häufiger auch Burnoutgefährdet.
Es wurde dringender Handlungsbedarf zur Stärkung bzw. Wiederherstellung der ABF dieser Bediensteten gesehen, präventiv wirksame Maßnahmen sollten ergriffen werden. Denn die Arbeitssituation sollte so gestaltet sein, dass sich die ABF der Mitarbeiter*innen mit dem Dienstalter nicht etwa durch die Arbeit „verbraucht“, sondern dass sie gestärkt wird und erhalten bleibt.

Der Vorstand
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