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GdP aktuell

Offener Brief in Sachen „DEIG“

Kiel.

Innenstaatssekretär Torsten Geerdts hat angekündigt, dass das DistanzElektroImpulsGerät (DEIG) für die Landespolizei in SH eingeführt werden soll. Aufgrund der Ankündigungen und unserer verschiedenen Aktivitäten, die bereits seit 2015 laufen, haben wir der Landespolizeiführung einen offenen Brief geschrieben.

Sehr geehrter Herr Dr. Holleck, sehr geehrter Herr Wilksen, sehr geehrter Herr Bauchrowitz,


seit Jahren arbeitet die GdP an der Fragestellung, ob DEIG (Distanz-ElektroImpulsgerät) eine taktische, rechtliche und verlässliche Ergänzung im Katalog der unmittelbaren Zwangsmittel des Landesverwaltungsgesetzes SH sein kann. Bereits im Jahre 2015 haben wir dazu in unserer Publikation „Deutsche Polizei“ eine Pro- und Contra-Gegenüberstellung veröffentlicht. Der Fachausschuss Schutzpolizei in der GdP hat danach einen auch vom Landesvorstand getragenen Vorschlag entwickelt, in einem Versuch dieses Einsatzmittel im polizeilichen Einzeldienst unter enger Beteiligung von Einsatztrainern, mindestens aber in den Spezialeinheiten, zu testen.

Dazu wurde ein Gespräch mit dem damaligen Landespolizeidirektor Ralf Höhs, seinem Stellvertreter Joachim Gutt und anderen Verantwortlichen aus dem LKA und LPA geführt. Dem seinerzeitigen Vorsitzenden des Landesfachausschusses und jetzigem Stellvertretenden Landesvorsitzenden Sven Neumann wurde am Ende des Austauschs eine klare Absage erteilt. So war im Zusammenhang mit zwei als Beispiel genannten Schusswaffeneinsätzen die Feststellung getroffen worden, dass der Einsatz des DEIG keine Alternativlösung gewesen wäre. Zudem hatte der Leiter LKA 5 erläutert, dass ein Messerangriff aufgrund der Gefährlichkeit eine angemessene Reaktion zur Eigensicherung erfordere und die Schusswaffe in derartigen Situationen eindeutig vorzuziehen sei. Angemerkt wurde seinerzeit auch, dass der DEIG-Einsatz in ein taktisches Konzept eingebunden sein müsse, einer außergewöhnlich intensiven Ausbildung bedürfe und absehbar mehr Probleme und Hindernisse als Vorteile verursache.

Die Vertreter des LPA und des LKA unterstrichen darüber hinaus, dass die Entscheidung zwischen dem DEIG- oder Schusswaffeneinsatz im Einsatzfall eine weitere Belastung für eingesetzte Polizisten bedeuten und die Möglichkeit einer Fehlhandlung sogar erhöht würde. Auf weitere Erfordernisse und Gefahren im Zusammenhang im DEIG-Einsatzfall wurde hingewiesen (Notwendigkeit eines zweiten „Sicherungsbeamten“, Verletzungsrisiken für den Getroffenen etc.). Nicht zuletzt wurde die ablehnende Haltung zur Beschaffung des DEIG auch mit den fehlenden rechtlichen Voraussetzungen begründet. Der Stellvertretende Landespolizeidirektor Joachim Gutt hatte zudem darauf aufmerksam gemacht, dass die posttraumatische Wirkung eines Schusswaffengebrauchs nicht Begründung für die Beschaffung des DEIG sein könne, sondern vielmehr taktische Ansätze wie die Eigensicherung entscheidend sein müssten. Solche seien jedoch nicht erkennbar. Die Polizeiführung mit dem damaligen Landespolizeidirektor und seinem Vertreter machte deutlich, dass die von der GdP zur Diskussion gebrachte Beschaffung des DEIG nicht intensiv weiter verfolgt werde. Auch einem „Probelauf“, bei denen ausgebildete Einsatztrainer im Einzeldienst versuchsweise mit der Elektroschockpistole ausgestattet würden, wurde als „nicht praktikabel“ abgelehnt.

Nach dem Austausch mit der Polizeiführung hat die GdP das Thema „DEIG“ auf Landes- und Bundesebene weiter diskutiert. Letztlich hat der GdPLandesdelegiertentag im November vergangenen Jahres in Bad Bramstedt einen klaren gewerkschaftlichen Auftrag formuliert: „Die GdP in Schleswig-Holstein wird sich für die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen zum Einsatz des DEIG einsetzen. Zunächst sollte in den Spezialeinheiten nach Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen das DEIG als Einsatzmittel getestet werden, um dann über den nächsten Schritt zur Nutzbarkeit im polizeilichen Einzeldienst zu entscheiden.

Zur Lösungsfindung bei Fragestellungen, wie beispielsweise die Entscheidung der Zwangsmittelwahl und die Art und Weise des Trainings, sollte auf die Erfahrungen anderer Bundesländer zurückgegriffen werden.

Die posttraumatischen Folgen von Schusswaffeneinsätzen durch Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Dies gebietet die Ihnen obliegende Fürsorgepflicht!

Folgende Fragestellungen sollten für die GdP in den Pilotläufen geklärt werden:  Wie ist eine zusätzliche Entscheidungsauswahl zwischen Zwangsmitteln trainierbar?  Wie sehen rechtliche Konsequenzen für die Kolleginnen und Kollegen aus, die u.a. in Notwehr die Schusswaffe nutzen, obwohl DEIG als Einsatzmittel zur Verfügung stand?

Es ist zunächst zwingend notwendig, zeitnah die rechtlichen Grundlagen für den DEIG als Einsatzmittel zu schaffen.

Der Landesfachausschussvorsitzende Schutzpolizei der GdP Martin Hansen erinnert in dem Zusammenhang: „Auch der Bürger erwartet von der Polizei ein Einsatzmittel, das für die betroffenen Personen eine weniger schwerwiegende Folge hat.“

Aus der Presse erfahren wir jetzt von einer klaren Positionierung des Innenstaatssekretärs Torsten Geerdts zur Beschaffung und Nutzung dieses Einsatzmittels. Wir bitten die Führung der Landespolizei, die Vorschläge der GdP zu unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen


Torsten Jäger
Landesvorsitzender
Zum offenen Brief als pdf-Datei
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