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Torsten Jäger, Landesvorsitzender der GdP Schleswig-Holstein:

„Die Polizei darf nicht nur Spiegelbild der Gesellschaft sein, sondern muss vielmehr Garant für die Wehrhaftigkeit unserer rechtsstaatlichen Demokratie sein.“

Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage - Polizei ohne Rassismus und mit Courage! Unsere unumstößliche Haltung – egal ob wir Verhalten unserer Mitglieder oder anderer bewerten

Die Gewerkschaft der Polizei steht an jeder Stelle ihres Handelns für den demokratischen Rechtsstaat, das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden, das Vertrauen in unsere Kolleginnen und Kollegen, gegen Rassismus, gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen nicht legitimierte Gewalt, gegen Rechts- und Linkspopulismus und Extremismus. In einer sich polarisierenden Gesellschaft und teilweise auch Medienlandschaft, bei der die Würde des Menschen immer öfter ins Hintertreffen gerät, werden wir uns immer klar für unsere Haltungen und Überzeugungen positionieren! Deshalb gilt unsere Kritik auch denjenigen, die diese Haltung nicht teilen, oder vorübergehend, aus möglicherweise opportunistischen Gründen, ablegen und dabei fundamental unseren Rechtsstaat kritisieren, ablehnen oder gar abschaffen wollen. Ein solches Verhalten von Politik oder anderen macht diejenigen stark, die wir nicht in unseren Parlamenten haben wollen.

Die Zahl der Straftaten gegen Amtsträger ist im vergangenen Jahr merklich gestiegen. Anfeindungen, Beleidigungen und Bedrohungen, die demokratische Politiker oder andere Engagierte aufgrund ihres politischen Engagements, insbesondere gegen Rechtsextremismus und -populismus, erleben mussten, lösen Erschrecken aus (Ermordung des Kassler Regierungspräsident Walter Lübcke ist ein schrecklicher Tiefpunkt in unserem Land). Die Bedrohungen sind leider auch schon bei GdP-Funktionären angekommen. Insofern ist es für die GdP eine Selbstverständlichkeit, eher noch Verpflichtung, diesen engagierten Demokraten den Rücken zu stärken und dabei zu unterstützen, sich weiter gegen die Demokratiefeinde zu positionieren.
Der GdP in Schleswig-Holstein ist es bisher konsequent gelungen, den Kontakt zur AfD zu meiden und damit deren Versuchen, unsere Demokratie für verfassungs- und menschenfeindliche Ziele auszunutzen, entgegenzutreten.
Die Diskussion um den Umgang mit sogenannten Todeslisten ist ein Dilemma, denn wir wollen nicht, dass die perversen Listenersteller ihr Ziel erreichen: eine fundamentale, gesellschaftliche Verunsicherung.
Die gesellschaftliche und mediale Polarisierung führt immer häufiger dazu, dass eine insgesamt gut funktionierende Landespolizei zwischen die Fronten gerät. Das haben unsere Kolleginnen und Kollegen nicht verdient. Sie verdienen vielmehr Vertrauen!

Ich wünsche mir ein starkes Grundvertrauen von Politik, Gesellschaft und Medien in die Sicherheits- und Justizbehörden, ohne dabei auf berechtigte Kontrollfunktionen verzichten zu wollen! Polizisten brauchen dieses Vertrauen, um die Kraft und Überzeugung aufzubringen, sich gegen Rechts- und Linksextremismus und -populismus klar zu positionieren, um für unsere Demokratie, gegen Rassismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und gegen nicht legitimierte Gewalt einzutreten. Es gibt viel Druck bei der Polizei, Überforderung und Erschöpfung. Der Krankenstand ist hoch. Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit der oft überfordernden Komplexität der hoch anfordernden Aufgaben. Viele Beamte sind zornig. Polizisten haben eine Erwartungshaltung an politische Verantwortungsträger. Sie fühlen sich zum Teil auch allein gelassen mit der Problemlage. Vertrauen und Wertschätzung von Politik, Gesellschaft, Medien sind wichtige und notwendige Voraussetzungen zur Stärkung der demokratischen Widerstandskraft einer Landespolizei!

Polizisten treten oft unter Einsatz von Gesundheit und Leben unter allerhöchster Belastung für diesen demokratischen Rechtsstaat ein! Sie werden dabei angegriffen, beleidigt oder gar verletzt. Sie erwarten berechtigt, dass Politik und Justiz diese Arbeit wertschätzen. Die gut ausgebildeten Polizisten arbeiten in demokratischer und rechtsstaatlicher Überzeugung, sie besitzen eine integre Grundhaltung.

Die Polizei agiert unter Inanspruchnahme eines rechtsstaatlich normierten Gewaltmonopols und das sollte sie auch selbstbewusst und in Kenntnis ihres hohen Professionalisierungsstandes tun. Es macht aber auch deutlich, welche wichtige Rolle sie in einer funktionierenden Demokratie innehat. Ein Blick in die Geschichte der Weimarer Republik und die Fehlentwicklungen zum Dritten Reich machen dieses sehr deutlich.

Die politische und ethische Ausbildung in der Landespolizei ist auf einem guten Niveau. Holocaustopfer diskutieren mit Auszubildenden, oder die internationale Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Israel wird durch Auszubildende besucht und die Erlebnisse aufgearbeitet. Amnestie International wird zu sehr offenen und auch kritischen Diskussionsrunden eingeladen. Die Jugendausbildungsvertretung (übrigens zu 100 % GdP) betreibt mit großem Engagement gemeinsam mit der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung das Projekt Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage.

Um auch zukünftig gegen die falschen Versprechungen der Rechtspopulisten gewappnet zu sein, muss es eine Intensivierung und Stärkung der Fortbildungsangebote geben. Dazu könnte die Landespolizei die Zusammenarbeit mit externen Bildungseinrichtungen verstärken. Landesweit sollten in Dienstversammlungen politische Aktualitäten, polizeiliches Tagesgeschehen und historische Erkenntnisse den Polizisten nähergebracht und verknüpft werden! Das muss auch flexibel und spontan durch Nachbereitungen nach herausragenden Einsätzen geschehen! Nennen wir es politische Supervision.

Von 2008 bis 2018 wurden in der Landespolizei 128 Einstellungen von Menschen mit Migrationshintergrund vorgenommen. Dieser Weg sollte konsequent fortgesetzt werden. Es gibt eine Ansprechstelle für LSBTIQ. Schwerbehindertenvertretungen, Dienststellen und Personalräte arbeiten vertraut zusammen.
Wir vermitteln unseren Mitgliedern die Überzeugung, dass populistische Verkürzungen – egal ob von rechts oder links – zwar ein oft genutztes Mittel zur politischen Einflussnahme sind, letztendlich aber schwierigen und komplexen Sachverhalten in keiner Weise gerecht werden können.

Die Gewerkschaft der Polizei ist in ihrem Handeln geprägt von dieser demokratischen Grundhaltung: Wir beteiligen uns aktiv an der Synode des Kirchenkreises Rantzau-Münsterdorf im Zusammenhang mit der Einrichtung der Abschiebhaftanstalt in Glückstadt, wir diskutieren mit dem Flüchtlingsrat, wir diskutieren mit der Kirche über Kirchenasyl und wir bieten Seminare zum Umgang mit Populismus, insbesondere auch Rechtspopulismus. Wir nehmen zum Reformationstag an einem Austausch zum interkonfessionellen Gebet in Kiel teil.

Wir stellen uns an die Seite unseres GdP Kollegen, der von Herrn Höcke gesagt bekommt, „Wenn wir das Sagen haben, bist Du die längste Zeit Polizist gewesen“. Wir stellen uns an die Seite der Polizei in Niedersachsen mit ihrem Programm „Polizeischutz für die Demokratie“ und des Oldenburger Polizeipräsidenten Johann Kühme, der die menschenverachtenden Inhalte und Verlautbarungen der AFD kritisierte und jetzt öffentlich eingeschüchtert werden soll. Die AFD sieht die Neutralitätspflicht von Polizeibeamten verletzt. Ich sehe es genau anders herum, es ist die Pflicht von Polizisten an, egal ob als Behördenleiter, im Ermittlungsdient oder im Streifenwagen, am Pausentisch deutlich gegen menschenverachtende Aussagen Position zu beziehen. Darauf haben wir unseren Eid geschworen. Wir Polizisten, wir Gewerkschafter, wir Personalräte, wir die Jugendausbildungsvertretungen dürfen nicht schweigen! Wir brauchen Courage!

Es geht um die demokratische und rechtsstaatliche Zuverlässigkeit der Polizei, den Erhalt des erarbeiteten Vertrauens in der Bevölkerung!
Wir müssen immer daran denken, was uns die Geschichte lehrt, auch die der Polizei. Wenn die demokratische Zuverlässigkeit der Polizei gefährdet ist, Demokratiefeinde die Verfügungsgewalt durch Regierungsbeteiligung über die Polizei erhalten …. ist Gefahr im Verzug oder gar schon irreparabler Schaden entstanden. Die Polizei ist als Träger des Gewaltmonopols Schalthebel für die Demokratie, aber sie kann belegt durch historische Erkenntnisse aus dem Ende der Weimarer Zeit auch gegen die Demokratie und Menschen verwendet werden. Das historische Trauma der Polizei darf sich nicht wiederholen, ist eben kein „Vogelschiss der Geschichte“, oder wie Herr Dr. Götting, Historiker der Polizeiakademie Niedersachsen, es ausdrückt: „Polizisten als Täter, einen größeren Widerspruch zu einer demokratischen Polizei kann es nicht geben!“ Das heutige hohe Vertrauen der Menschen in die Polizei sei jahrzehntelang durch Professionalisierung im Umgang mit dem Bürger mühsam wiederaufgebaut worden. Wer die demokratische Zuverlässigkeit der Polizei ganz grundsätzlich in Frage stellte, gefährde diese Vertrauensstellung und damit letztendlich die Demokratie. Herr Dr. Götting wird Gastredner einer Kooperationsveranstaltung der PDAFB mit der GdP SH am 21.04.2020 hier in Eutin sein.

Die Polizei darf nicht nur Spiegelbild der Gesellschaft sein, sondern muss vielmehr Garant für die Wehrhaftigkeit unserer rechtsstaatlichen Demokratie sein. Polizei mit Courage!


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Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist die größte Interessenvertretung der Polizeibeschäftigten Deutschlands. Sie engagiert sich für ihre bundesweit über 190.000 Mitglieder, für die Zukunftsfähigkeit der Polizei sowie auf dem Gebiet der Sicherheits- und Gesellschaftspolitik.

Der Landesvorstand

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Nr. 02/2020 - Kiel, 15. Januar 2020
Zur Pressemitteilung als pdf-Datei
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