„Zu weit aus dem Fenster gelehnt!“

Man mag es gar nicht glauben, was sich derzeit politisch um die Landespolizei entwickelt. Noch vor wenigen Wochen hat Innenminister Stefan Studt sein Perspektivpapier für die Landespolizei vorgestellt und sich dafür feiern lassen. Dann ruhte still der See und die Landespolizei wartete auf erste Schritte bei der Umsetzung des Papiers. Was dann kam, war indes unerfreulich:
Im Haushaltsentwurf des Finanzministeriums fürs kommende Jahr ist nichts enthalten, was auf Perspektivverbesserungen hinweist.
Kaum zu glauben, aber wahr:
Offenbar hatte sich Innenminister Studt mit der Veröffentlichung seines Perspektivpapiers im Februar zu weit aus dem Fenster gelehnt, dies offenbar noch nicht einmal ansatzweise mit dem Finanzministerium oder mit der Regierung abgestimmt.
Fest steht: Sollte sich daran nichts mehr ändern, dürfte der Innenminister als oberster Chef der Polizei bei den ihm anvertrauten Menschen sein gerade ein wenig erworbenen Vertrauen wieder verspielt haben.
Mit seinen damaligen Aussagen hatte der Minister vor allem vielen Polizistinnen und Polizisten, die seit Jahren im täglichen Streifen- und Einsatzdienst ihre Haut für die Innere Sicherheit zu Markte tragen, große Hoffnungen gemacht, dass sich ihre bislang schlechten beruflichen Karriereperspektiven endlich kurz- und mittelfristig verbessern würden. Sehr verbittert dürften damit nun auch die Beamtinnen und Beamten sein, denen für ihre besonders schwierigen und belastenden Dienstformen und -zeiten Entlastungen und Kompensationsmöglichkeiten in Aussicht gestellt worden waren. Das Einkassieren dieser überfälligen Verbesserungen - „praktisch zwischen Tür und Angel“ - wird gerade sie und damit die gesamte Landespolizei ins Mark treffen.
Nach diesem Verlust von Vertrauen und Ansehen wird der Innenminister, aber auch die rot-grün-blaue Landesregierung nicht zur Tagesordnung übergehen können.
Nein, das kann es nun nicht gewesen sein. Die Angelegenheit ist damit nun zur „Chefsache“ von Ministerpräsident Torsten Albig geworden. Schließlich hat er öffentlich die Rolle der Polizei bei der Flüchtlingswelle gelobt und merkbar erhöhte Beförderungszahlen für die Landespolizei angekündigt. Und außerdem ließ er den Innenminister mit seiner öffentlichen Darstellung des Perspektivpapiers für die Landespolizei gewähren. Ein Indiz, dass er hinter diesen Aussagen stand. Folgerichtig ist Albig der Adressat für den GdP-Brandbrief. In der gegenwärtigen Situation fühlt sich nicht nur die GdP an die Unruhe um Zusammenhang mit dem Wortbruch des damaligen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen erinnert. Der hatte seinerzeit auf dem Delegiertentag 2009 den Bestand des Weihnachts- und Urlaubsgeldes für die Polizei zugesichert und ebenfalls nur wenige Wochen später mit der schwarz-roten Landesregierung die Streichung oder Kürzung dieser Zuwendungen angekündigt und dann auch umgesetzt. Große Protestaktionen der Polizei unter Federführung der GdP sowie „Lange-Nase-Plakate“ mit dem Foto von Ministerpräsident Albig oder seines Innenministers können sich Torsten Albig und die Landesregierung wohl nicht leisten.


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