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elektronischer ver.di-Infobrief Juli 2005

Versorungsänderungsgesetz 2001 und Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz 2005

Berlin.

ver.di informiert in einem elektronischen Infobrief u.a. über die Anhörung zum Versorgungsänderungsgesetz 2001 vor dem Bundesverfassungsgericht und über die Gesetzesinitiative "Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz", welche die Regelung der "Einmalzahlungen" für Beamtinnen und Beamte beinhaltet (und damit auch blockiert).


Bundesverfassungsbericht verhandelte am 29. Juni 2005 Verfassungsbeschwerde zum Versorgungsaenderungsgesetz 2001

Am 29.06.2005 fand die muendliche Verhandlung zu den Verfassungsbeschwerden gegen das Versorgungsaenderungsgesetz 2001 vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe statt. ver.di hatte Ende 2002 gemeinsam mit dem DGB, TRANSNET, GdP und GEW ebenfalls Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz eingelegt. Neben DGB und anderen Einzelgewerkschaften war ver.di durch einen eigenen Prozessbeobachter und Sachverstaendigen vertreten.

Im Kern geht es beim Versorgungsaenderungsgesetz 2001 um die schrittweise Absenkung des Versorgungshoechstsatzes von 75 auf 71,75%. Gegen die Absenkung, die mit weiteren Einschnitten bei der Beamtenversorgung einhergeht, hatten drei Beschwerdefuehrer Verfassungsbeschwerde erhoben, weil ihrer Meinung nach das Versorgungsniveau staerker als das Rentenniveau abgesenkt werde und die Uebertragung nicht wirkungsgleich sei. Ausserdem fehle eine angemessene Uebergangsregelung und die Moeglichkeit fuer Bestandspensionaere, eine ergaenzende Altersvorsorge aufzubauen.

Das Gericht hat eine Grundsatzentscheidung angekuendigt. Es wurden mehrere Sachverstaendige angehoert, die uebereinstimmend feststellten, dass mit dem VersAendG 2001 keine "wirkungsgleiche" Umsetzung der Rentenreform 2001 auf die Versorgungsempfaenger erfolgt ist. Beamtenpensionaere seien uebermaessig in Anspruch genommen und ueberproportional belastet worden. Damit sehen sich ver.di, der DGB und die anderen Einzelgewerkschaften in ihrer Rechtsauffassung bestaetigt, die sie schon im Gesetzgebungsverfahren immer wieder deutlich gemacht hatten.

Ob das BVerfG der Auffassung der Sachverstaendigen folgen wird, liessen die Richter in der muendlichen Verhandlung nicht erkennen. Mit der Verkuendung der Entscheidung ist erst in ein paar Wochen zu rechnen. Das Ergebnis ist auch nach der muendlichen Verhandlung nicht vorhersehbar.

Hier ist
die Presseerklaerung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 50/2005 vom 14.06.2005 abrufbar.









Einmalzahlungen und Regierungsentwurf zum Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz - nicht mehr auf der Agenda?

Das Bundeskabinett hat am 25. Mai 2005 den Entwurf des Versorgungsnachhaltigkeitsgesetzes zusammen mit dem Versorgungsbericht der Bundesregierung beschlossen. Rot-Gruen will vor der Bundestagsneuwahl die vom Bundestag im Sommer 2004 beschlossene Uebertragung des Rentenversicherungsnachhaltig-keitsgesetzes auf die Beamtenversorgung noch umsetzen.

Mit dem Regierungsentwurf soll im Wesentlichen die Wirkung des Nachhaltigkeitsfaktors aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Beamten- und Soldatenversorgung uebertragen und der Hoechstversorgungssatz bis 2010 zusaetzlich auf dann 71,13 %-Punkte gekuerzt werden. Ausserdem will die Bundesregierung den Wegfall der rentenerhoehenden Hochschulausbildungszeiten wirkungsgleich uebertragen, indem ab 2010 maximal nur noch 855 Tage Hochschulzeit als ruhegehaltsfaehige Dienstzeit angerechnet werden koennen. Fuer versorgungsnahe Jahrgaenge ist eine vierjaehrige Uebergangsfrist vorgesehen.

Kurzfristig beschloss das Kabinett am 25. Mai zusammen mit dem Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz auch die Umsetzung der Einkommensverbesserungen 2005 bis 2007 fuer Beamtinnen und Beamten des Bundes entsprechend dem Tarifergebnis TVoeD. Vorgesehen sind Einmalzahlungen in Hoehe von 300 EUR jeweils fuer 2005, 2006 und 2007, zahlbar 2005 in drei Teilbetraegen von jeweils 100 EUR und in 2006 und 2007 in zwei Teilbetraegen von jeweils 150 EUR. Die Laender sollen in einer Oeffnungsklausel ermaechtigt werden, entsprechende Einmalzahlungen fuer ihre Beamten eigenstaendig zu bestimmen. Allerdings sollen Versorgungsempfaenger/innen die Leistung nicht bekommen unter Hinweis auf die diesjaehrige "Nullrunde" der Rentner.

Die Einmalzahlungen sind als sog. Artikelgesetz Bestandteil des Regierungsentwurfes und teilen somit verfahrensrechtlich das Schicksal des Versorgungsnachhaltigkeitsgesetzes. Kommt es in dieser Legislaturperiode nicht mehr zustande, koennen auch die Einmalzahlungen nicht in Kraft treten. Nach unserer Kenntnis wird der Regierungsentwurf in der verbleibenden Zeit bis zur Bundestagsneuwahl nicht mehr die parlamentarische Huerde nehmen.
Er wird - im Paket, also mit den Einmalzahlungen - vermutlich dem Diskontinuitaetsgrundsatz zum Opfer fallen. Dieser besagt, dass nicht erledigte Gesetzesvorhaben mit der Neukonstituierung des Bundestages gegenstandslos werden. Der Gesetzentwurf muesste im naechsten Bundestag also erneut eingebracht werden. Wahrscheinlich wird der Regierungsentwurf mitsamt Einmalzahlungen schon am Widerstand der unionsregierten Laendern im Bundesrat scheitern. Der Bundesrat wird ziemlich wahrscheinlich am 23. September 2005 auf Initiative des Freistaates Bayern - wie schon in erster Lesung am 16. Juni - dem Gesetzpaket insgesamt nicht zustimmen.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ob der Gesetzentwurf jedoch nach einer Bundestagsneuwahl unveraendert wieder eingebracht wird, ist ungewiss.

ver.di bleibt am Ball und fordert Einmalzahlungen fuer Beamte und Versorgungsempfaenger/innen.

ver.di hat auf Grund der aktuellen politischen Lage dem DGB vorgeschlagen, ueber die Fraktionen im Deutschen Bundestag zu versuchen, das Einmalzahlungsgesetz aus dem zustimmungspflichtigen Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz herauszuloesen, damit die Einmalzahlungen "zustimmungsfrei" doch noch vor Ablauf der Legislaturperiode vom Bundestag verabschiedet werden koennen.

Fuer die Beamtinnen und Beamten des Bundes wurde ein erster Anteil der Einmalzahlung in Hoehe von 100 Euro bei den Juli-Monatsbezuegen ausbezahlt. Vorbehaltlich der Zustimmung des Gesetzgebers.

Wir erwarten von der Politik, das sie das Tarifergebnis im oeffentlichen Dienst fuer Einkommensverbesserungen auf die Beamtinnen und Beamten in allen Gebietskoerperschaften uebertragen.

Darueber hinaus fordern wir, dass auch Versorgungsempfaenger/innen die Einmalzahlung bekommen.
Die Bundesregierung will mit Blick auf die diesjaehrige Nullrunde bei den Rentnern den Versorgungsempfaengern die Einmalzahlungen verweigern. Im Klartext gesprochen heisst das, die Versorgungsbezuege werden 2005, 2006 und 2007 nicht angepasst. Richtig ist, dass auch die Rentner in den kommenden Jahren nach Expertenaussagen mit Nullrunden rechnen muessen. Anders als den Rentnern steht den Versorgungsempfaengern jedoch keine gesetzliche Niveausicherungsklausel zur Seite, die "Minusanpassungen" verhindert. Ihnen drohen angesichts der ohnehin auf Grund des Versorgungsaenderungsgesetzes 2001 abgesenkten Versorgungsbezuege reale Einbussen bei den Pensionen - selbst ohne Beruecksichtigung der sonstigen Belastungen durch hoehere Beitraege zur Krankenversicherung, Zuzahlungen etc. Immer mehr Pensionaere werden auf das Mindestversorgungsniveau gedrueckt, wovon gerade der einfache und mittlere Dienst betroffen sein wird.

Wenn Pensionen kuenftig nicht mehr an die Einkommensentwicklung der Besoldungsempfaenger, sondern an die Rentenentwicklung gekoppelt werden sollten, ist dies verfassungsrechtlich bedenklich. Obwohl das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung aus 2003 grundsaetzlich eine Abkoppelung der Ruhestandsbeamten von der Gewaehrung der Einmalzahlungen mit Blick auf die soziale Symmetrie in den Alterssicherungssystemen erlaubt hat, sind die verfassungsrechtlichen Grenzen nicht abschliessend geklaert und ausgelotet. ver.di laesst die juristischen Fragen derzeit naeher pruefen.

Vorrangig gilt es zunaechst aber, die Einmalzahlungen ueberhaupt durchzusetzen.
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