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TVöD

Modernes Tarifrecht für Bund und Kommunen

Berlin.

Bund, Kommunen und Gewerkschaften haben heute den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst unterzeichnet. Er löst den BAT ab. Hierzu erklärt Bundesinnenminister Otto Schily: "Mit der Unterzeichnung des neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst - TvöD - haben wir unser Ziel erreicht: Die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind auf eine neue, tragfähige Grundlage gestellt. Damit haben die beteiligten Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes erneut eindrucksvoll ihre Reformbereitschaft bewiesen."

Ausgangslage des Neugestaltungsprozesses war ein komplexes, verschachteltes und in vier Jahrzehnten immer unübersichtlicher gewordenes Tarifrecht mit allein für den Bund über 150 Tarifverträgen! Die Unübersichtlichkeit des überkommenen Tarifwerks hat dazu geführt, dass viele Regelungen praktisch nicht mehr anwendbar waren. Oftmals waren die Mitarbeiter der Personalverwaltungen mit dem BAT schlicht überfordert. Dieses Dickicht haben wir durch einen modernen, zeitgemäßen Tarifvertrag ersetzt.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Ziele des Reformprozesses sind erreicht: Stärkung des Leistungsgedankens und Abschaffung des Senioritätsprinzips, mehr Flexibilität, Dienstleistungsorientierung, einheitliche Bedingungen für Arbeiter und Angestellte und nicht zuletzt die Wiederherstellung von Transparenz und Praktikabilität. Es wäre zu begrüßen, wenn die Länder nun unserem Beispiel folgten."

Der TVöD hat die nicht mehr zeitgemäße Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten überwunden und im Wesentlichen einheitliche Beschäftigungsbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes geschaffen.

Den unterschiedlichen Wettbewerbssituationen in den verschiedenen Sparten des öffentlichen Dienstes wird mit passgenauen Regelungen für die Verwaltung, die Krankenhäuser und Pflegeheime, die Sparkassen, die Flughäfen und den Entsorgungsbereich Rechnung getragen.

Die Bezahlung nach Alter und Familienstand wird abgeschafft. Künftig kommt es auf individuelle Leistung und Berufserfahrung an.

Wesentliche Elemente des neuen Bezahlungssystems sind:
    • Die neue Entgelttabelle gilt gleichermaßen für Arbeiterinnen/Arbeiter und Angestellte. Die bislang unterschiedlichen Beträge bei Bund und Kommunen sind vereinheitlicht.
    • Die Tabelle umfasst künftig 15 Entgeltgruppen mit bis zu 6 Stufen. Der automatische Stufenaufstieg nach Lebensalter entfällt. Entscheidend für ein Weiterkommen ist künftig allein Erfahrung und Leistung. Das bedeutet auch, dass bei erheblich unter dem Durchschnitt liegenden Leistungen kein Stufenaufstieg stattfindet.

Bundesinnenminister Otto Schily weiter: "Mit der Abschaffung des Senioritätsprinzips ist eine Besserstellung der Jüngeren verbunden - nach dem Motto `Gebt das Geld den Vätern und nicht den Großvätern!'. Den Beschäftigten steht damit in der Familiengründungsphase künftig mehr Geld zur Verfügung. Mit Blick auf die geburtenschwachen Jahrgänge stärken wir damit zugleich die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes am sich verändernden Arbeitsmarkt.

Es war nicht das Ziel der Reform, die Beschäftigten finanziell schlechter zu stellen. Ebenso klar war aber auch von Anfang an, dass die Umstellung auf das neue System nicht zu Mehrkosten führen darf. Daher sind Teile des heutigen Bezahlungsvolumens - z. B. Teile des Urlaubs- und Weihnachtsgelds - kostenneutral zur Finanzierung der neuen Leistungsbezahlung umgeschichtet worden.

Angemessene Übergangsregelungen sichern allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die gleiche Chance, auf der Grundlage ihres bisherigen Einkommens die Möglichkeiten des neuen Systems zu nutzen.

Ab 2007 führen wir eine zusätzliche variable leistungsorientierte Bezahlung ein. Wir beginnen mit 1 % der Entgeltsumme und wollen schrittweise bis zu 8 % erreichen. Die Arbeitgeber hätten sich einen schnelleren Einstieg gewünscht, aber - ich kann es nur wiederholen - eine kostenneutrale Finanzierung der Reform war angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte unabdingbar. Wichtig ist, dass der Einstieg geschafft ist. Wenn die 8 % erreicht sind, können die Beschäftigten durch herausragende Leistungen bis zu zwei Monatsgehälter zusätzlich erhalten."


Neue Chancen eröffnet der TVöD auch im "Niedriglohnbereich". Die Tarifvertragsparteien haben zur Erhaltung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit insbesondere kommunaler Unternehmen eine neue niedrige Entgeltgruppe für neu einzustellende Beschäftigte eingeführt, die unter dem Niveau der derzeitigen Bezahlung liegt. So besteht die Chance, Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten im öffentlichen Dienst zu behalten und eine rein lohnkostenbedingte Privatisierung zu verhindern.

Die Arbeitszeit beträgt beim Bund in Ost und West künftig einheitlich 39 Stunden/Woche.

Die Arbeitszeitregelungen sind flexibler als bisher gestaltet. Arbeit soll geleistet werden, wenn sie anfällt. Zur bedarfsgerechten Steuerung des Arbeitsanfalls können Schwankungen in der wöchentlichen Arbeitszeit statt wie bisher in 6 Monaten künftig im Zeitraum von bis zu einem Jahr ausgeglichen werden. Überstunden entstehen erst dann, wenn sie bis zum Ende der Folgewoche (bisher innerhalb der gleichen Woche) nicht ausgeglichen werden. Hierdurch werden Belastungen für die öffentliche Haushalte reduziert. Auf der anderen Seite haben Beschäftigte ein höheres Maß an Zeitsouveränität in Zeiten geringerer Arbeitslast. Beibehalten werden die bewährten Instrumente der Arbeitszeitflexibilisierung. Bestehende Gleitzeitsysteme bleiben unberührt. Auch können künftig neue Gleitzeitsysteme oder andere variable Arbeitszeitmodelle wie bisher vereinbart werden.

Die Möglichkeiten des Personalaustauschs wurden ausgebaut, um die Mobilität der Beschäftigten zu steigern. Das früher vielleicht zutreffende Bild der gleichen Tätigkeit am gleichen Ort über ein Berufsleben hinweg gibt es nicht mehr. Höhere Anforderungen an Mobilität und einen flexiblen Personaleinsatz benötigen erweiterte Regelungen. Um dies zu erreichen, ist es möglich, Beschäftigte innerhalb Deutschlands privaten Einrichtungen vorübergehend zur Arbeitsleistung zuzuweisen. Im Fall der Verlagerung von Arbeitsplätzen (z.B. bei Privatisierungen) zu einem Dritten kann der öffentliche Arbeitgeber von der oder dem Beschäftigten die dauerhafte Arbeitsleistung bei dem Dritten verlangen. Dies liegt gleichermaßen im Interesse des Beschäftigten wie des Arbeitgebers.

Durch die fakultative Vergabe von Führungspositionen auf Probe und auf Zeit wird die Führungskultur gestärkt und die Personalentwicklung gefördert.


Schily abschließend: "Das neue Tarifrecht eröffnet qualifizierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neue Perspektiven. Eigenverantwortung, Motivation und Leistungsbereitschaft im öffentlichen Dienst werden gestärkt. Damit trägt das neue Tarifrecht wesentlich dazu bei, Bürgerorientierung, Qualität und Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Aufgabenerfüllung weiter zu verbessern."

Gegenüberstellung neues und altes Tarifrecht des öffentlichen Dienstes

Neu Alt

Ein einheitliches Tarifwerk für alle (TVöD)

Zwei getrennte Tarifwerke für Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter

Passgenaue Regelungen durch Unterteilung des Tarifwerks in 5 Sparten (Verwaltung, Krankenhäuser und Pflegeheime, Sparkassen, Flughäfen und Entsorgung)

unüberschaubare Anzahl von Sonderregelungen für die verschiedenen Bereiche des öffentlichen Dienstes

Arbeitszeit im Bund einheitlich 39 Stunden/Woche

Arbeitszeit Tarifgebiet
West 38,5 Stunden/Woche,
Ost 40 Stunden/Woche

Flexibilisierung der Arbeitszeit:
    • Ausgleichszeitraum für Schwankungen in der regelmäßigen Wochenarbeitszeit bis zu 1 Jahr
    • Ausgleichszeitraum für die Vermeidung von Überstundenzuschlägen bis zu 2 Wochen
    • Bei betrieblicher Vereinbarung können bis zu 45 Stunden / Woche bzw. zwischen 6 und 20 Uhr zuschlagsfrei Überstunden angeordnet werden (Arbeitszeitkorridor / Rahmenzeit)
    • bewährte flexible Arbeitszeitregelungen werden durch das neue Tarifrecht nicht eingeschränkt

Ausgleichszeitraum bis zu 26 Wochen

Enger Zeitrahmen für Überstundenausgleich (max. 1 Woche)
    • 15 Entgeltgruppen in nur einem Tarifvertrag (TVöD)
    • alle Beschäftigten wechseln ins neue System des TVöD (für die Beschäftigten des Bundes vollständige Ablösung des BAT/BAT-O und MTArb/MTArb-O)
    • umfassende tarifliche Überleitungsregelungen unter Wahrung des Besitzstandes (TVÜ Bund)

49 Lohn- und Vergütungsgruppen in verschiedenen Tarifverträgen
    • Schaffung von Konkurrenzfähigkeit durch neue niedrigere Entgeltgruppe
    • zusätzlich Möglichkeit, von Entgelttabelle für an- und ungelernte Tätigkeiten abzuweichen, wenn Outsourcing droht


Outsourcing / Privatisierung einfachster Tätigkeiten
    • Berufserfahrung und individuelle Leistung entscheiden über die Höhe des Entgelts
    • Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes durch verbesserte Bezahlung zu Beginn des Berufslebens


Bezahlung nach Lebensalter (bis zu 15 Stufen)

Aufstieg in eine höhere Entgeltgruppe nur noch funktionsabhängig (nicht nach Zeitablauf)

Bewährungs- und Zeitaufstiege in höhere Lohn- und Vergütungsgruppen (leistungsunabhängig)

Familienstand und Kinderzahl spielen für die Bezahlung keine Rolle mehr

Bezahlung auch in Abhängigkeit von Familienstand und Kinderzahl

Variable Leistungsbezahlung:
Zukünftig bis zu 8 % der Gesamtentgeltsumme des jeweiligen Arbeitgebers als zusätzliche variable leistungsabhängige Vergütung (Start in 2007 mit 1 %)

Keine leistungsabhängigen variablen Bezahlungselemente

Schaffung einer neuen sozial gestaffelten Jahressonderzahlung mit gegenüber bisheriger Regelung abgesenkten Volumen ab 2007; eingespartes Volumen dient der Leistungsbezahlung

Weihnachtsgeld (82,14% West/ 61,60% Ost)

Urlaubsgeld (255,65 € bzw. 332,34 €)

Gesetzliche Entgeltfortzahlung 6 Wochen; danach lediglich Krankengeldzuschuss für bis zu 39 Wochen

Altregelung für rund 60 % der Angestellten im Tarifgebiet West mit Verpflichtung des Arbeitgebers zur vollen Entgeltfortzahlung für ein halbes Jahr

Deutliche Reduzierung der Eingruppierungsmerkmale durch schlanke und praktikable Regelung nach Probeläufen Ende 2006

Unüberschaubare Eingruppierungsvorschriften: ca. 17.000 Eingruppierungsmerkmale

Einführung der Instrumente Führung auf Zeit (bis zu 12 Jahre) und auf Probe (bis zu 2 Jahre)

Nur dauerhafte Übertragung von Führungspositionen möglich

Verbesserung der Mobilität durch Möglichkeiten zum Personalaustausch - insbesondere zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst

Nur begrenzte Beschäftigungsmöglichkeiten bei anderen Einrichtungen



P.S.:
Die am 13. September 2005 unterschriebenen Tarifverträge finden Sie hier!
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