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Christine Unrath als Polizeipfarrerin verabschiedet

Eine „tolle Frau“ verlässt die Polizei

Ein Bericht von Wilfried Pukallus für die Deutsche Polizei

St. Arnual.

Am 15. Juli 2003 wurde Christine Unrath als Nachfolgerin von Volker Junge in Ihr Amt als Ev. Polizeiseelsorgerin eingeführt.

Nach fast genau elf Jahren wechselt sie nach St. Wendel.

Mit einem sehr würdevollen Gottesdienst wurde Christine Unrath am 23. Juli 2014 aus ihrem Amt als Polizeiseelsorgerin verabschiedet. Die Stiftskirche war brechend voll, viele waren in Uniform gekommen. Etliche der über 300 Gottesdienstbesucher mussten stehen, da viele in dieser großen altehrwürdigen Kirche keinen Sitzplatz mehr fanden. Prominent besetzt und weit gereist war die Besucherschar. Zum Ende des Gottesdienstes gab Christine Unrath vier aus Nordrhein-Westfalen angereisten Polizeiseelsorgern ihre Polizeiseelsorgestola zur Aufbewahrung für ihren Nachfolger / ihre Nachfolgerin. Ihre Uniformjacke hängte sie symbolisch „an den Nagel“ und äußerte die Hoffnung, dass diese dem Menschen, der ihr im Amt nachfolgt, auch passen wird.

Nach dem Gottesdienst gab es eine lange Liste von Menschen, die sich bei Christine für Ihre segensreiche Arbeit bedanken wollten. Als erste ergriff Innenministerin Monika Bachmann das Wort, ging auf viele gute gemeinsame Begegnungen aber auch schwierige Situationen ein. Mit „Und dann haben wir gemeinsam geweint.“ machte sie deutlich, dass man seine Gefühle nicht immer im Griff haben muss. Landespolizeipräsident Norbert Rupp sprach dann von einem herben Verlust, war Christine Unrath, unabhängig von Hierarchieebenen, überall gefragt und beliebt. Da Christine Unrath auch als Lehrerin verabschiedet wurde, fand auch der Schulleiter der Marienschule nur lobende Worte und schloss mit der Bemerkung, dass Christine Unrath eine tolle Frau sei. Auch die weiteren Redner gingen auf das unermüdliche positive Wirken von Christine Unrath ein, wobei die Frage aufkam, wie der von ihr so bezeichnete beste Ehemann das alles aushält. Dabei ging es zum einen um das viele Lob für seine Frau, aber auch die Tatsache, dass bei Christine die zweimal 50 %-Stellen immer zweimal 120 % Arbeitseinsatz waren. Aber wir wissen alle, dass Christine Unrath auch immer bescheiden war, ihr hätte auch viel weniger oder nur ein kurzes Lob gereicht. Wie meinte sie, als sie 2010 zur „Saarlands Beste“ gewählt wurde: „Für Menschen in allen Lebenslagen da zu sein ist für mich selbstverständlich – sowohl ehrenamtlich als auch beruflich.“ Aber bei ihrem Abschied musste es gesagt werden, sie hatte es einfach verdient. Nach einer sehr persönlichen Ansprache spielte Wilfried Pukallus zum Abschluss das Lied „Niemals geht man so ganz“, was auf Christine Unrath in besonderer Art und Weise zutrifft. Vieles wird bleiben, vieles wird sie auf ihrem weiteren Weg begleiten – und ihre Frage, ob sie denn weiter ehrenamtlich bei der Polizeiseelsorge mitmachen dürfe, haben wir natürlich mit ja beantwortet.

Nach einem anschließenden gemeinsamen Zusammensein im Gemeindehaus hat uns Christine noch Fragen beantwortet:

"Was war das schönste Erlebnis in den elf Jahren?"
Das ist wirklich schwer zu beantworten, weil es so viele herausragende Erfahrungen gab: Aber dazu gehören ganz vorne: der Gottesdienst in Gorleben am 9. November 2003 (mein 1. "Spontangottesdienst" mit der EHu), überhaupt die verschiedenen Gottesdienste wie im Advent oder das Gedenken an die Verstorbenen, dann die Radwallfahrten, bei denen ich immer mal wieder "helfende Hände" erlebte, wenn es mal steil bergauf ging (wobei mir bis heute ein Rätsel ist, wie sich dabei Polizisten noch locker unterhalten können, während ich nur denken konnte: treten und durchhalten), besonders kostbar wurde mir innerhalb der Polizeiorganisation dieses gemeinsame in Freud und Leid füreinander Einstehen und versuchen, schwere Erfahrungen, wie der tragische Tod einer geschätzten Kollegin oder die von Verletzungen an Leib und Seele von anderen Kollegen und Kolleginnen in Ausübung des Dienstes mitzutragen.

"Wie würdest Du einen Interessenten motivieren sich auf diese Stelle zu bewerben und was würdest Du ihm oder ihr mit auf den Weg geben?"
Es ist eine der interessantesten, herausfordernsten und sinnvollsten Stellen, die es in der Kirche z.Zt. gibt: Männer und Frauen zu begleiten, die in Ausübung ihres Berufes und zur Sicherheit unserer Gesellschaft bereit sein müssen, im schlimmsten Fall ihre Gesundheit oder sogar ihr Leben zu riskieren. Mit ihnen immer wieder dahin zu schauen, was dabei eben nicht an der Uniform oder der Fachkompetenz abprallt und was sie sozusagen mit nach Hause nehmen, was ihnen unter die Haut geht - um sie durch die berufsethische Reflexion und durch seelsorgliche Nähe zu unterstützen, solche Erfahrungen verarbeiten zu können. Und zu erleben, wie offen und gastfreundlich wir "kirchliche Fremdlinge" in der Regel in der Polizeiorganisation empfangen werden. Kennenlernen, wie "Polizei denkt und arbeitet", nicht nur die Abläufe und die Sprache verstehen lernen, sondern auch erkennen, was es heißt, im Berufsalltag immer wieder Grenzerfahrungen machen zu müssen und in "Abgründe" unserer Gesellschaft zu blicken, die von Verelendung, Gewaltbereitschaft, zerbrochenen Beziehungen und immer wieder schier Unfassbarem erzählen. Kirche sollte dahin gehen, wo Menschen einen solchen Dienst leisten, um zu lernen und zu verstehen, um Vertrauen aufzubauen, um kritisch zu reflektieren und um da zu sein, wenn die Sorge um die Seele nötig wird.


"Was ist nach elf Jahren Deine Botschaft an die Polizei und was willst Du uns für die Zukunft noch mit auf den weiteren Weg geben?"
Danke, dass ich diese elf Jahre mit euch und Ihnen erleben durfte!!! - Und: Das kostbarste und wertvollste Gut innerhalb der Polizeiorganisation sind die Menschen!!! Im Landespolizeipräsidenten, in der Tarifbeschäftigten, im Polizeioberkommissar, der Kriminalbeamtin - begegnet uns immer ein Mensch. Achtet auf die euch anvertrauten Mitarbeiter/innen, auf den Kollegen, die Kollegin, und achtet auf euch selbst. Dafür möchte ich Ihnen und euch für die beruflichen, aber auch privaten, zukünftigen Wege den Segenswunsch Dietrich Bonhoeffers mitgeben: "Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag. "


Fotos: GdP

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