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Tarifrunde 2019

Kein Selbstläufer

von unserem Vertreter in der Bundestarifkommission Ralf Walz für die Februarausgabe der Deutschen Polizei, Landesteil Saarland

Saarbrücken/ Berlin.

Verbesserungen im Gesamtvolumen von 6%, mindestens aber 200 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Darin enthalten: Strukturelle Verbesserungen bei der Eingruppierung wie bei Bund und Kommunen und eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 100 Euro monatlich. Diese gemeinsamen Forderungen haben die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, darunter auch unsere GdP, am 20. Dezember 2018 für die Tarifrunde der Beschäftigten der Länder erhoben. Sicher nicht übertrieben, wenn man bedenkt, dass die Beschäftigten, die bei Bund und Kommunen vergleichbare Tätigkeiten verrichten, bereits jetzt über ein Plus von ca. 2 bis 8 % verfügen, das sich ab April dieses Jahres, wenn die 2.Stufe ihres Tarifabschlusses von 2018 zum Tragen kommt, auf ca. 5 bis zu 12,5 % erhöhen wird. Die unterschiedlichen Werte sind den Veränderungen in der Entgeltstruktur des TVöD geschuldet. Selbstverständlich wird auch die Übernahme des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamte gefordert. Es könnte also ganz einfach sein...

Eine moderate Forderung der Gewerkschaften trifft auf eine immer noch gute Konjunktur, auf sprudelnde Steuereinnahmen und auf einen Arbeitsmarkt, der sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt hat. Die sinkende Zahl von Arbeitslosen und der „Fachkräftemangel“ sind mittlerweile auch im öffentlichen Dienst (öD) nicht mehr wegzudiskutierende Faktoren bei der Generierung von qualifiziertem Personal. Bund und Kommunen haben das schon seit geraumer Zeit erkannt. Nicht so die Verantwortlichen in den Ländern!
Blicken wir zurück auf die Tarifrunde 2017. Neben dem prozentualen Abschluss kam es dort auch zu einer so genannten Prozessvereinbarung, in der die Vertragsparteien vereinbarten, in entsprechenden Arbeitsgruppen nötige Verbesserungen im TV-L und der dazugehörenden Entgeltordnung zu erarbeiten. In der Tarifrunde 2019 sollte dann nur über das verhandelt werden, was da auch hingehört:

Angemessene Lohnerhöhungen!

Was aber macht die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL)?

Zunächst wurden die hoffnungsvoll begonnenen Gespräche einseitig durch die TdL wieder aufgekündigt. Als Grund wurde der Streikaufruf der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) in 2 Universitätskliniken in NRW aufgeführt. Hier ging es um dringend nötigen Personalaufbau. Was das Ganze mit dem TV-L oder gar der Tarifrunde 2019 zu tun hat, wissen wohl nur die Verantwortlichen der TdL, Normalsterblichen fehlt hier die Vorstellungskraft … .

Nach Beendigung der erwähnten Streiks wurden im Oktober 2018 dann doch wieder Gespräche aufgenommen. Wer jetzt, auch angesichts des Zeitdrucks, auf eine konstruktive Haltung der Arbeitgeber hoffte, hat deren Lernfähigkeit dramatisch überschätzt.

Anstatt ihren Beschäftigten das zu geben, was andere im öD längst schon haben, will die TdL zunächst einmal eine dramatische Verschlechterung im Tarifvertrag durchsetzen. Die im § 12 TV-L geregelte Definition des für die Eingruppierung maßgeblichen „Arbeitsvorgangs“ solle so geändert werden, dass es künftig viel schwerer werden sollte, die notwendigen prozentualen Anteile der Tätigkeitsmerkmale zu erfüllen.

Wer jetzt noch glaubt, dass die Vertreter*innen der TdL die Zeichen der Zeit erkannt haben, der glaubt auch, dass es ohne starke Gewerkschaften möglich wäre, seine Rechte als Arbeitnehmer durchzusetzen!

Stufengleicher Aufstieg, Entflechtung der EG 9 mit gleichen Stufenlaufzeiten, realistischere Eingruppierungsnormen im IT-Bereich, Anpassung der Eingruppierung in den technischen Berufen, das sind alles Errungenschaften, die bei Bund und Kommunen, aber auch im einzigen Bundesland, das nicht Mitglied der TdL ist, nämlich Hessen, schon längst angekommen sind.

Ist es da verwunderlich, wenn Beschäftigte der Länder überlegen den Arbeitgeber zu wechseln?

Oder ist es verwunderlich, wenn die Bewerbungssituation, insbesondere bei Stellen, wo hoch qualifiziertes Personal benötigt wird, dort besser ist?



Wenn ihr diese Zeilen lest, sind die Auftaktverhandlungen am 21. Januar 2019 schon gelaufen, und ich wage es vorauszusagen, das dort keine Annährung stattgefunden hat, genauso wie es in der zweiten Runde am 06./07. Februar 2019 zu keinem ernstzunehmenden Angebot der Arbeitgeber kommen wird. Die dritte und wahrscheinlich entscheidende Verhandlungsrunde findet dann am 28. Februar/01. März 2019 statt.

Machen wir uns nichts vor. Die einzige Sprache, die die Arbeitgeber verstehen, ist die Demonstration der Macht der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Wir müssen ihnen zeigen, wie ernst wir es meinen. Mit Demonstrationen und notfalls mit Warnstreiks!

Hier sind wir alle gefordert!

Als Arbeitnehmer*in kann man kein passives Gewerkschaftsmitglied sein. Mitglied einer Gewerkschaft zu sein bedeutet, Solidarität zu zeigen und für ein gemeinsames Ziel zu kämpfen. Das geht nicht immer vom Bürosessel aus!

Und erst Recht für die „Trittbrettfahrer“, die Nichtmitglieder, gilt: Nur wer mithilft, hat auch das moralische Recht, die Erträge zu ernten. Sich zurückzulehnen und die anderen machen zu lassen, zeugt nicht unbedingt von Charakterstärke! Aus diesem Grund haben wir uns auch zu unserer Postkartenaktion entschieden. Während wir Gewerkschaftsmitglieder hoffentlich zahlreich an Demonstrationen und Warnstreiks teilnehmen werden, mögen die „Trittbrettfahrer“ doch bitte die entsprechenden Verzichtserklärungen unterschreiben und an den Arbeitgeber schicken. Das Geld, das in den Länderhaushalten damit eingespart wird, werden die politisch Verantwortlichen sicher gern in anderer Form als Wohltaten an die Beschäftigten weitergeben. Sollte jemand das aber bezweifeln und sich solidarisieren wollen, lassen wir ihr/ihm gerne ein Aufnahmeformular für unsere GdP zukommen!


Ralf Walz, Mitglied der Bundestarifkommission der Gewerkschaft der Polizei; Foto: GdP

Das Startbild: GdP zeigt am 8. Februar 2017 bei der Tarif-Kundgebung vor dem Staatstheater Flagge; Foto: GdP

Auf dieser Sonderseite informieren unsere Tariffachleute über die Hintergründe und den Gang der Auseinandersetzungen um ein gerechtes Tarif- und Besoldungsergebnis 2019.

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