Tarifrunde 2019
Kein Selbstläufer
von unserem Vertreter in der Bundestarifkommission Ralf Walz für die Februarausgabe der Deutschen Polizei, Landesteil Saarland
Blicken wir zurück auf die Tarifrunde 2017. Neben dem prozentualen Abschluss kam es dort auch zu einer so genannten Prozessvereinbarung, in der die Vertragsparteien vereinbarten, in entsprechenden Arbeitsgruppen nötige Verbesserungen im TV-L und der dazugehörenden Entgeltordnung zu erarbeiten. In der Tarifrunde 2019 sollte dann nur über das verhandelt werden, was da auch hingehört:
Angemessene Lohnerhöhungen!
Was aber macht die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL)?
Zunächst wurden die hoffnungsvoll begonnenen Gespräche einseitig durch die TdL wieder aufgekündigt. Als Grund wurde der Streikaufruf der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) in 2 Universitätskliniken in NRW aufgeführt. Hier ging es um dringend nötigen Personalaufbau. Was das Ganze mit dem TV-L oder gar der Tarifrunde 2019 zu tun hat, wissen wohl nur die Verantwortlichen der TdL, Normalsterblichen fehlt hier die Vorstellungskraft … .
Nach Beendigung der erwähnten Streiks wurden im Oktober 2018 dann doch wieder Gespräche aufgenommen. Wer jetzt, auch angesichts des Zeitdrucks, auf eine konstruktive Haltung der Arbeitgeber hoffte, hat deren Lernfähigkeit dramatisch überschätzt.
Anstatt ihren Beschäftigten das zu geben, was andere im öD längst schon haben, will die TdL zunächst einmal eine dramatische Verschlechterung im Tarifvertrag durchsetzen. Die im § 12 TV-L geregelte Definition des für die Eingruppierung maßgeblichen „Arbeitsvorgangs“ solle so geändert werden, dass es künftig viel schwerer werden sollte, die notwendigen prozentualen Anteile der Tätigkeitsmerkmale zu erfüllen.
Wer jetzt noch glaubt, dass die Vertreter*innen der TdL die Zeichen der Zeit erkannt haben, der glaubt auch, dass es ohne starke Gewerkschaften möglich wäre, seine Rechte als Arbeitnehmer durchzusetzen!
Stufengleicher Aufstieg, Entflechtung der EG 9 mit gleichen Stufenlaufzeiten, realistischere Eingruppierungsnormen im IT-Bereich, Anpassung der Eingruppierung in den technischen Berufen, das sind alles Errungenschaften, die bei Bund und Kommunen, aber auch im einzigen Bundesland, das nicht Mitglied der TdL ist, nämlich Hessen, schon längst angekommen sind.
Ist es da verwunderlich, wenn Beschäftigte der Länder überlegen den Arbeitgeber zu wechseln?
Oder ist es verwunderlich, wenn die Bewerbungssituation, insbesondere bei Stellen, wo hoch qualifiziertes Personal benötigt wird, dort besser ist?
Wenn ihr diese Zeilen lest, sind die Auftaktverhandlungen am 21. Januar 2019 schon gelaufen, und ich wage es vorauszusagen, das dort keine Annährung stattgefunden hat, genauso wie es in der zweiten Runde am 06./07. Februar 2019 zu keinem ernstzunehmenden Angebot der Arbeitgeber kommen wird. Die dritte und wahrscheinlich entscheidende Verhandlungsrunde findet dann am 28. Februar/01. März 2019 statt.
Machen wir uns nichts vor. Die einzige Sprache, die die Arbeitgeber verstehen, ist die Demonstration der Macht der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Wir müssen ihnen zeigen, wie ernst wir es meinen. Mit Demonstrationen und notfalls mit Warnstreiks!
Hier sind wir alle gefordert!
Als Arbeitnehmer*in kann man kein passives Gewerkschaftsmitglied sein. Mitglied einer Gewerkschaft zu sein bedeutet, Solidarität zu zeigen und für ein gemeinsames Ziel zu kämpfen. Das geht nicht immer vom Bürosessel aus!
Und erst Recht für die „Trittbrettfahrer“, die Nichtmitglieder, gilt: Nur wer mithilft, hat auch das moralische Recht, die Erträge zu ernten. Sich zurückzulehnen und die anderen machen zu lassen, zeugt nicht unbedingt von Charakterstärke! Aus diesem Grund haben wir uns auch zu unserer Postkartenaktion entschieden. Während wir Gewerkschaftsmitglieder hoffentlich zahlreich an Demonstrationen und Warnstreiks teilnehmen werden, mögen die „Trittbrettfahrer“ doch bitte die entsprechenden Verzichtserklärungen unterschreiben und an den Arbeitgeber schicken. Das Geld, das in den Länderhaushalten damit eingespart wird, werden die politisch Verantwortlichen sicher gern in anderer Form als Wohltaten an die Beschäftigten weitergeben. Sollte jemand das aber bezweifeln und sich solidarisieren wollen, lassen wir ihr/ihm gerne ein Aufnahmeformular für unsere GdP zukommen!
Ralf Walz, Mitglied der Bundestarifkommission der Gewerkschaft der Polizei; Foto: GdP
Das Startbild: GdP zeigt am 8. Februar 2017 bei der Tarif-Kundgebung vor dem Staatstheater Flagge; Foto: GdP