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RECHTSPRECHUNG

Pensionäre können mit mehr Geld rechnen

Erfurt.

Auch der so genannte Mindestruhegehaltssatz kann gem. § 14a BeamtVG vorübergehend erhöht werden Das Bundesverwaltungsgericht hat am 23. Juni 2005 einen Beschluss mit dem Aktenzeichen 2 C 25.04 veröffentlicht, wonach auch der Mindestruhegehaltssatz von 35 v. H. gem. § 14 a BeamtVG vorübergehend erhöht werden kann. Polizeivollzugsbeamte im Ruhestand, deren Ruhegehalt zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr auf Antrag erhöht wird, sollten mit Bezug auf das Urteil eine Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge beantragen.

Für aktive Polizeibeamte, die zeitnah in Pension gehen, können damit ebenfalls höhere Pensionsbezüge verbunden sein.

Beamte im Beitrittsgebiet erhalten für DDR-Zeiten bekanntlich keine Pension,wenn sie mindestens 60 Monate Rentenversicherungsbeiträge gezahlt haben. Damit liegt ihr erdientes Ruhegehalt, welches in diesen Fällen erst ab dem 3. November 1990 berechnet wird, unter der sogenannten Mindestversorgung von 65% aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4 oder wenn das günstiger ist von 35% ihrer eigenen Dienstbezüge.

Dieser Zustand wird noch bis 2009 so bleiben, weil dann das erdiente Ruhegehalt die 35-%-Marke übersteigt. Zwischen dem 60.und dem 65. Lebensjahr kann dieser Ruhegehaltssatz auf Antrag vorübergehend um Rentenzeiten erhöht werden. Die Berechnung des Ruhegehaltes erfolgte dabei bisher so, dass nicht die Mindestversorgung um Rentenzeiten erhöht wurde, sondern nur das darunter liegende erdiente Ruhegehalt.

Begründet wurde das damit, dass der Mindestruhegehaltssatz nicht errechnet sondern festgesetzt sei. § 14 a BeamtVG, der die vorübergehende Erhöhung regelt, fordert eine solche Berechnung. Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt festgestellt, dass auch die Mindestversorgung berechnet ist und sich deshalb um Rentenzeiten erhöht werden kann. Den Stein ins Rollen gebracht hatte eine Lehrerin aus Niedersachsen. Sie war Ende 2000 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Zunächst wurde ihr die Mindestversorgung zugesprochen, da sie nur 11,11 Jahre ruhegehaltsfähige Dienstzeiten hatte.

Auf Antrag wurde das Ruhegehalt nun um Rentenzeiten erhöht, wobei dann jedoch nicht mehr das Mindestruhegehalt sondern nur noch das darunter liegende erdiente Ruhegehalt berücksichtigt wurde. Dagegen hat sich die Klägerin erfolgreich gewehrt. Hier einige Passagen aus der Urteilsbegründung des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichtes: „Gemäß § 14 a BeamtVG in der zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin in den Ruhestand am 1. Januar 2001 maßgeblichen Fassung, erhöht sich der nach den sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz um 1 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge für je zwölf Kalendermonate der anrechnungsfähigen Pflichtversicherungszeiten. Der Mindestruhegehaltssatz gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG in Höhe von 35 v.H.ist ebenfalls ein ,nach den sonstigen Vorschriften berechneter Ruhegehaltssatz‘.

Nach geltendem Recht besteht keine Rechtfertigung, diejenigen Beamten, die nur Anspruch auf das sog. amtsabhängige Mindestruhegehalt haben, von der begünstigenden Wirkung des § 14 a BeamtVG teilweise oder ganz auszuschließen. Dem Ruhegehalt, das die Klägerin bezieht, liegt ein ,berechneter Ruhegehaltssatz‘ im Sinne des § 14 a Abs. 1 BeamtVG zugrunde. ,Ruhegehaltssatz‘ ist der nach den §§ 4 ff. BeamtVG (gegebenenfalls auch nach Sondervorschriften) ermittelte individuelle Vom-Hundert-Satz der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, der dem Ruhegehalt zugrunde gelegt wird. Der Ruhegehaltssatz knüpft an die ruhegehaltfähige Dienstzeit, die neben den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen der maßgebende Faktor für die Berechnung des Ruhegehaltes ist (vgl. § 4 Abs. 3 BeamtVG); er kann sich jedoch von der Dienstzeit lösen und abstrakt oder nach zeitunabhängigen Umständen festgelegt sein (vgl. § 36 Abs. 3, § 37 Abs. 1 BeamtVG). ,Ruhegehaltssatz‘ ist auch der in § 14 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 BeamtVG bestimmte Bruchteil der jeweiligen Bemessungsgrundlage.

Insoweit wird ebenfalls ein Vom-Hundert- Satz bezeichnet, aus dem sich das Ruhegehalt ergibt. Nicht nur bei dem das ,erdiente Ruhegehalt‘ betreffenden Ruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 1 BeamtVG, sondern auch bei dem Ruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG handelt es sich um einen ,berechneten‘ Ruhegehaltssatz. Bereits der Wortlaut des § 14 a BeamtVG spricht dafür, dass der individuell ermittelte und festgesetzte Ruhegehaltssatz stets ,berechnet‘ ist,auch wenn er auf der Basis der Vom- Hundert-Sätze des § 14 Abs. 4 BeamtVG gewonnen worden ist.

Der Festsetzung des Ruhegehalts liegt nach § 14 BeamtVG ein mehrfacher Vergleich zugrunde: Zunächst ist das Ruhegehalt gemäß § 14 Abs. 1 BeamtVG auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und dem sich daraus ergebenden Ruhegehaltssatz ,exakt‘ zu berechnen. Sodann ist das amtsbezogene Mindestruhegehalt gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG auf der Grundlage des feststehenden Ruhegehaltssatzes von 35 v. H. zu bestimmen. Da die Bemessungsgrundlagen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 BeamtVG identisch sind, ergibt sich bereits aus einem Vergleich der beiden Ruhegehaltssätze, welcher für die Festsetzung des Ruhegehalts maßgebend sein soll.

Sodann ist das sog.amtsunabhängige Mindestruhegehalt nach § 14 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG zu berechnen. Da diesem eine andere Bemessungsgrundlage zugrunde liegt, wird das Ruhegehalt nach den Vorgaben dieser Bestimmung ausgerechnet.Übersteigt es den zuvor ermittelten Wert, ist der (Ruhegehalts-)Satz in Höhe von 65 v. H. nach dieser Bestimmung der gemäß § 14 a Abs. 1 BeamtVG ,berechnete‘ Ruhegehaltssatz, wobei gemäß der in § 14 a Abs. 1 Nr. 3 BeamtVG bestimmten Obergrenze nur ein geringer Spielraum für eine vorübergehende Erhöhung verbleibt.

Das ,Berechnen‘ nach § 14 a Abs. 1 BeamtVG muss sich dem Wortsinn nach nicht auf die vier Grundrechenarten beschränken, sondern kann auch weitere mathematische Verfahren umfassen. Zu diesen Operationen nach den Regeln der Algebra gehören die von § 14 BeamtVG geforderten Vergleiche mehrerer Zahlenwerte. Der sich dabei ergebende Ruhegehaltssatz ist im Sinne des § 14 a Abs. 1 BeamtVG ebenfalls ,berechnet‘. § 14 a BeamtVG fordert eben nicht, dass das Ruhegehalt ,erdient‘ und ausschließlich nach § 14 Abs. 1 BeamtVG bestimmt ist. Anders als in § 14 Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 1 BeamtVG wird in § 14 a Abs. 1 BeamtVG auf diesen Begriff nicht abgestellt. § 14 a Abs.1 BeamtVG kennt weder den Begriff ,erdient‘ noch enthält die Regelung einen Verweis auf § 14 Abs.1 BeamtVG. Schon diese im Wortlaut des Gesetzes auszumachende Differenzierung spricht für das Auslegungsergebnis. § 14 a BeamtVG greift über das System der Beamtenversorgung hinaus und gleicht versorgungsrechtlich Nachteile aus, die wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen von Ansprüchen aus der Rentenversicherung und aus der Beamtenversorgung für die Zeit eintreten können, während der ein Besoldungsanspruch nicht mehr besteht, die beamtenrechtlichen Versorgungsansprüche wegen der außerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses verbrachten Zeiten einer Erwerbstätigkeit gering sind und die für Invalidität und Alter vorgesehenen Leistungen entsprechend den erworbenen Anwartschaften in der Sozialversicherung noch nicht ausgeschöpft werden können.

Danach soll § 14 a BeamtVG solchen Einbußen entgegenwirken, die durch einen ,Statuswechsel‘ und den dadurch bedingten Wechsel des Systems der Alterssicherung eintreten. Die ,Versorgungslücke‘, die sich aus dem niedrigeren Ruhegehalt und dem vorübergehenden Ausschluss des Beamten von einer gesetzlichen Rente bei vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand ergibt, wird dadurch geschlossen, dass für jeweils zwölf Kalendermonate einer Pflichtversicherung der Ruhegehaltssatz vorübergehend in der Regel bis zum Bezug der Altersrente um einen bestimmten Vom-Hundert- Satz erhöht wird. Allerdings wird der Beamte nicht so gestellt, als hätte er Anspruch auf eine Rente. Er erhält keinen Zuschlag zum Ruhegehalt in Höhe dieses Betrages; vielmehr erfolgt der Ausgleich durch Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach der früheren hier noch maßgebenden Fassung des § 14 a Abs.2 Satz 1 BeamtVG um 1 v.H.für ein Jahr der anrechnungsfähigen Pflichtversicherungszeiten. Die Ausgleichsfunktion der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14 a BeamtVG entfällt nur dann, wenn die Obergrenze des Abs. 2 Satz 2 (70 v. H. nach früherem Recht) überschritten wird.

Eine Untergrenze ist nicht vorgegeben. § 14 a BeamtVG begünstigt auch und gerade diejenigen, die Versorgungsbezüge nach dem Mindestsatz erhalten. Diese Gruppe muss bis zum Erreichen des Renteneintrittsalters ebenfalls auf (Renten-)Bezüge verzichten, die sie nach Erreichen der Altersgrenze neben ihren ungeschmälert weitergezahlten Versorgungsbezügen erhält.Würden diese Beamten auf den nach § 14 Abs. 1 BeamtVG ermittelten Ruhegehaltssatz verwiesen, liefe die Erhöhung nach § 14 a BeamtVG ganz oder teilweise leer. Dies stünde in deutlichem Widerspruch zu der Zielsetzung der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14 a BeamtVG und zu der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Mindestruhegehaltssatzes gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG. Die amtsbezogene Mindestversorgung in Höhe von 35 v. H. der jeweiligen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge gemäß § 5 BeamtVG dient der Sicherstellung einer nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen amtsangemessenen Mindestalimentation. Mit diesem Sinngehalt des § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG wie auch mit der versorgungsrechtlichen Bedeutung des § 14 a BeamtVG ist die Auffassung des Berufungsgerichts unvereinbar, beide Vorschriften dienten ,der Konkretisierung der allgemeinen Fürsorgepflicht des Dienstherrn‘ und es sei ausgeschlossen, ,einen Beamten mit nur sehr geringer aktiver Dienstzeit zweimal fürsorgerechtlich zu begünstigen …‘.

Die Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG ist weder Sozialleistung noch Fürsorgeleistung. Aus dem Alimentationscharakter der Mindestversorgung folgt vielmehr, dass auch sie im Beamtenstatus ,erdient‘ ist.Allerdings setzt sie keine genau bestimmte Dienstzeit voraus, sondern kennzeichnet den geringsten Umfang der Versorgung, wenn wie im Regelfalle die Mindestdienstzeit des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG von fünf Jahren absolviert und nach § 14 Abs. 1 BeamtVG noch keine ruhegehaltfähige Dienstzeit erreicht worden ist, die einen Ruhegehaltssatz von mehr als 35 v. H. ermöglicht. Die amtsbezogene Mindestversorgung folgt unmittelbar aus der Alimentationspflicht des Dienstherrn, die als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums durch Art. 33 Abs.5 GG gewährleistet ist.

Sie bringt die verfassungsrechtlichen Anforderungen der amtsgemäßen sowie der (bedarfs-)- angemessenen Versorgung zur Geltung. Das Gebot, den Mindestruhegehaltssatz des § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG vorübergehend zu erhöhen, gibt den Pflichtversicherungszeiten nach § 14 a BeamtVG in aller Regel auch kein höheres Gewicht als den ruhegehaltfähigen Dienstzeiten gemäß § 6 BeamtVG. Zwar könnte der amtsbezogene Mindestruhegehaltssatz nicht wegen Zeiten nach §§ 6 ff. BeamtVG erhöht werden. Die erheblich abweichende Staffelung der Sätze nach § 14 Abs. 1 BeamtVG und nach § 14 a Abs. 2 BeamtVG hat jedoch zur Konsequenz, dass selbst bei einer deutlich längeren Pflichtversicherungszeit und einer geringeren ruhegehaltfähigen Dienstzeit die Aufstockung des Mindestruhegehaltssatzes gemäß § 14 a BeamtVG allenfalls in besonderen Ausnahmefällen einen Anspruch auf ein höheres Ruhegehalt verleiht, als dies bei einer (fiktiven) Einbeziehung der Zeit nach § 14 a BeamtVG in die ruhegehaltfähige Dienstzeit der Fall wäre.

So würde sich im vorliegenden Verfahren bei einer Pflichtversicherungszeit von 211 Kalendermonaten und einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 11,11 Jahren fiktiv ein Ruhegehaltssatz von 53,8 v. H. ergeben, der immer noch trotz erheblich längerer Pflichtbeitragszeiten höher als das Ruhegehalt bei vorübergehender Erhöhung gemäß § 14 a BeamtVG wäre.“ Soweit die Leipziger Richter. Das Urteil hat neben Beamten, die vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden, insbesondere Folgen für Beamte mit einer vorgezogenen gesetzlichen Altersgrenze, u. a. alle Polizeivollzugsbeamte in den neuen Bundesländern, die bis 2009 pensioniert werden. Inwieweit sich die Leipziger Richter dessen bewusst waren ist nicht bekannt. Die finanziellen Auswirkungen für das Land und für die Beamten sind nicht unerheblich, auch wenn sich das Finanzministerium bisher weigert, das Urteil als allgemeingültig anzuerkennen.

Dort wird die Auffassung vertreten, das Bundesverwaltungsgericht habe einen Einzelfall entschieden, der nicht zu verallgemeinern sei.Es könnte also sein, dass in Thüringen erst wieder gerichtlich festgestellt werden muss, ob das Urteil verbindlich ist oder nicht. In jedem Falle sollten Pensionäre, die aktuell ein nach § 14 a BeamtVG erhöhtes Ruhegehalt beziehen oder nach dem 1. Januar 2003 bezogen haben,einen Antrag auf Neufestsetzung ihres Ruhegehaltes unter Berücksichtigung des o.g. Urteils stellen.Auch Beamte, die davor ein erhöhtes Ruhegehalt bezogen haben, sollten vorsorglich einen solchen Antrag stellen, auch wenn er wegen der besoldungsrechtlichen Verjährungsregelungen nur geringe Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Die Differenz zwischen dem Ruhegehalt nach der bisherigen Berechnung und dem Ruhegehalt nach der Berechnung der Verwaltungsrichter kann im Einzelfall bis zu 300 Euro und mehr pro Monat betragen, dürfte in den meisten Fällen aber deutlich darunter liegen. Betroffene sollten sich mit ihren Kreisgruppen in Verbindung setzen und die notwendigen Schritte absprechen.
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