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Brief des Landesbezirksvorstandes an den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages

Thüringer Beihilfevorschrift

Erfurt.

nach Aussagen der Thüringer Landesregierung liegt Ihnen derzeit der Entwurf einer Thüringer Beihilfevorschrift zur Beratung vor. Die Gewerkschaft der Polizei bittet Sie den vorgeschlagenen Regelungen zum Eigenbehalt der Beihilfeberechtigten nicht zuzustimmen. Die geplante Regelung stellt für ältere und kranke Beamte eine Schlechterstellung gegenüber der bisherigen Regelung dar. Die „Praxisgebühr“ in Höhe von 10 € soll nicht mehr pro Quartal erhoben werden, sondern zukünftig werden für jeden Arztbesuch, jedes Medikament, jede physiotherapeutische Leistung etc. 4 € einbehalten (§ 48 des uns vorliegenden Entwurfes).

Die GdP hat sich bereits bei der Einführung der „Praxisgebühr“ dagegen ausgesprochen.
Anders als bei der gesetzlichen Krankenversicherung verbleibt die „Praxisgebühr“,
die den Beamten von ihren Beihilfeansprüchen abgezogen wird, nicht im System
der Gesundheitsvorsorge und dient damit nicht direkt der Finanzierung des Gesundheitssystems.

Die „Praxisgebühr“ wird den Beamten abgezogen, um sie in gleicher
Weise zu belasten, wie die gesetzlich Versicherten. Sie wird auch in voller Höhe
von der Beihilfe abgezogen, obwohl das Land nur 50 bis 80 % der Aufwendungen
der Beamten und ihrer beihilfeberechtigten Angehörigen erstattet. Die dadurch eingesparten
Gelder gehen aber komplett in den Staatshaushalt. Die privaten Krankenkassen,
bei denen sich der Beamte noch für die 20 bis 50 % versichern muss, die
von der Beihilfe nicht erstattet werden, erhalten von der Praxisgebühr keinen Cent.
Die „Praxisgebühr“ der Beamten stellt damit eine direkte Abgabe zur Finanzierung
der Landeskasse dar.


Nun soll das System geändert werden. Bisher war die „Praxisgebühr“ für ärztliche,
zahnärztliche und physiotherapeutische Leistungen auf max. 30 € im Quartal begrenzt
und es waren für Medikamente die allgemein gültigen Eigenbehalte zu zahlen.
Künftig sollen für jede/jedes/jeden Arzneimittel, Hilfsmittel, Fahrtkosten, häusliche
Pflege, Krankenhausbehandlung, Anschlussheilbehandlung, Sanatoriumsbehandlung,
Heilkur und Arztbesuch jeweils 4 € abgezogen werden. Bei drei Arztbesuchen
im Quartal ist dann künftig schon mehr Eigenbehalt zu zahlen, als die heutige „Praxisgebühr“.
Die geplante Änderung soll laut Begründung des Verordnungsentwurfes kostenneutral
sein. Zudem soll sie den Verwaltungsaufwand bei der Berechnung der Beihilfe
reduzieren. Wie das Finanzministerium zu dieser Aussage kommt, ist den Unterlagen
nicht zu entnehmen.

Die nach dem Gesetz anzuhörenden Spitzenorganisationen der
Gewerkschaften haben im Falle des DGB die Regelung abgelehnt und auf höhere
Eigenbehalte für ältere und kranke Beamte hingewiesen. Für die wird die neue Regelung
teurer. Das ist der Landesregierung auch bekannt.

Die Landesregierung verweist auf die Begrenzung der Kosten durch § 49 des Entwurfes.
Die Grenzen liegen bei zwei Prozent des Jahresbruttoeinkommens bzw. bei
einem Prozent für chronisch Kranke. Das Jahresbruttoeinkommen eines Polizeihauptmeisters
liegt in diesem Jahr bei ca. 39.000 €. Die Belastungsgrenze erreicht er
damit bei Kosten von mehr als 780 €. Er müsste damit 195 der o. g. Leistungen in
Anspruch genommen haben, bevor diese Kappungsgrenze greift. Bei einem Hauptkommissar
A 11 wird die Grenze sogar erst bei rund 235 Leistungen erreicht.

Ein pensionierter Polizeihauptmeister, der derzeit etwa ein Versorgungsniveau von
knapp 60 Prozent seiner letzten Dienstbezüge hat, müsste ebenfalls erst rund 120
Leistungen in Anspruch nehmen, bevor die Kostenbegrenzung greift. Beamte, die
nachts und am Wochenende arbeiten sind sogar noch stärker betroffen, da bei ihnen
die Schichtzuschläge und die Zuschläge für Dienst zu ungünstigen Zeiten zusätzlich
ins Jahresbruttoeinkommen einfließen.

Aus den o. g. Gründen bitten wir Sie, den Verordnungsentwurf kritisch zu prüfen und
die entsprechenden Berechnungen des Finanzministeriums zu hinterfragen. Es mag
sein, dass in der Gesamtschau aller Leistungen Kostenneutralität entsteht. Beamte,
die häufig krank sind, was mit zunehmendem Alter immer wahrscheinlicher wird,
werden durch die geplante Verordnung stärker belastet als bisher. Das ist der Landesregierung
auch bekannt und bewusst. Verhindern Sie bitte eine Schlechterstellung
älterer und kranker Beamter.
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