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Jugendkriminalität kein Thema mehr?

von Jürgen Schlutter, Landesvorsitzender der GdP Thüringen

Eines der Wahlkampfthemen in den letzten Wochen war die Jugendkriminalität. Politiker von Bund und Ländern (besonders Ministerpräsident Koch in Hessen), die jahrelang ihre Augen vor der steigenden Jugendkriminalität verschlossen hatten, plädieren nun für Strafverschärfung im Jugendstrafrecht.


Das ist für mich blanker Populismus und soll nur von den politischen „Vollzugsdefiziten“ und eigenen Versäumnissen ablenken. Die Wahlen sind vorbei und haben für den Einzelnen nicht den erhofften Erfolg gebracht; und schon reden Politiker kaum noch über das Thema Jugendkriminalität.
Ich bin der Auffassung, dass wir keine Strafverschärfung brauchen. Wir sollten vielmehr die Gesetze (Strafrahmen) ausschöpfen und schneller durch die Justiz reagieren, um damit die erzieherische Wirkung zu erhöhen. Ich behaupte, dass dieses Thema als gesamtgesellschaftliches Problem gesehen werden muss und man nicht einfach nach Ende der Wahlen zur Tagesordnung übergehen kann.
Denn Fakt ist eins, hier möchte ich Konrad Freiberg, GdP-Bundesvorsitzender, zitieren: „Bildung und Integration wurden vernachlässigt und im Polizeibereich in den letzten Jahren 10.000 Stellen gekürzt. Gerade die besondere aufwendige Arbeit mit Intensivtätern kam dadurch zu kurz. Auch der Justizbereich musste massive Kürzungen hinnehmen. Solchen fatalen Entwicklungen, jetzt beispielsweise mit Erziehungscamps entgegenwirken zu wollen, zeugt von einer fatalen Ignoranz der politisch Verantwortlichen.“ Sie seien, so Freiberg, in ihrer politischen Welt einfach zu weit entfernt vom Alltag derer, die durch Pöbeleien, Verschmutzung, Vandalismus und letztlich Gewalt deutliche Einbußen ihrer Lebensqualität feststellen müssen.

Auch wenn in Thüringen gegenüber dem Bund und den meisten anderen Ländern die Jugendkriminalität seit 2003 rückläufig ist, darf uns das die Augen nicht von der Wichtigkeit dieses Themas verschließen lassen. Hier die Entwicklung im Freistaat Thüringen:
Kinder

2003 3830 Tatverdächtige
2006 2224 Tatverdächtige

Jugendliche

2003 10.372 Tatverdächtige
2006 7.720 Tatverdächtige

Heranwachsende

2003 8.504 Tatverdächtige
2006 7.758 Tatverdächtige

Wollen wir diese positive Entwicklung erhalten und verbessern, ist es von Wichtigkeit, dass wir in den nachfolgend aufgeführten Bereichen noch intensiver und konstruktiver die politische Arbeit entwickeln, wobei die Polizei einen wesentlichen Anteil zu bringen hat:
      bessere Bildungs- und Ausbildungschancen für alle Jugendlichen
      Verbesserung und Bereitstellung von finanziellen Mitteln für Freizeitangebote
      ausreichend Personal für die Polizei, um gerade auf dem Gebiet polizeiliche Prävention und Strafverfolgung gerüstet zu sein
      schnellere Aufklärung durch Staatsanwaltschaft und Polizei und schneller Anklage, damit die Strafe der Tat auf dem Fuße folgt
      gemeinsames Handeln von Schule, Elternhaus, Justiz und Polizei

Gerade das Modellprojekt „Jugendstation“ der PD Gera zeigt, wie man erfolgreich in Zusammenarbeit Polizei, Justiz und Jugendgerichtshilfe straffälligen Jugendlichen begegnen kann. Dieses Modell, welches auch bundesweit Anerkennung findet, sollte in allen Polizeidirektionen eingeführt werden.

Auch die Politik hat sich zu diesem Modellprojekt positiv geäußert. Was jetzt hier fehlt, ist, dass diese Jugendstation mit Dienstposten organisatorisch unterlegt wird.
Ich bin der Auffassung, dass dieses Thema nicht mit drei Sätzen abgehandelt werden kann und wir innerhalb Thüringens innerhalb der Polizei noch genügend Handlungsbedarf und Spielraum haben. Deshalb ist es erforderlich, dass das Land, die Kommunen, die Parteien, die Verbände, die Polizei, Gewerkschaften und Personalräte gemeinsam handeln und das Thema weiter entwickeln. Wir als Gewerkschaft der Polizei werden uns auf alle Fälle mit einbringen. Denn zu wichtig ist dieses Thema.

Euer Landesvorsitzender
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