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Extremismus misst sich nicht nur an Gewalt

In der Sitzung der Frauengruppe wurde am 19. August 2009 das Thema Extremismus auf die Tagesordnung gesetzt. Nicole Schneider vom Verein „MOBIT“ erläuterte den Teilnehmerinnen in anschaulicher Weise die Problematik. Rechts-/Linksextremismus lässt sich nicht nur an Gewalttaten oder Wahlergebnissen messen. Er begegnet uns im Alltag sehr unterschiedlich.

Zu unterscheiden ist zwischen Einstellungen und Verhalten. Denn nicht jeder rechtsextrem oder linksextrem denkende Mensch fällt zwangsläufig durch sein Verhalten auf. Deshalb sind diese Einstellungsmuster stärker verbreitet, als uns manche Statistiken etwa über rechte oder linke Gewalttaten glauben lassen wollen. Das Spektrum rechtsextremer Weltbilder reicht von der Angst vor allem, was als „fremd“ empfunden wird, bis hin zu rassistischen Morden. Dieser menschenverachtenden Ideologie der Ungleichheit gilt es nachhaltig die Grundlage zu entziehen. Neonazis schlagen nicht nur zu, sie gründen auch Bürgerinitiativen, drängen in Feuerwehren und Vereine, demonstrieren gegen Hartz IV oder treten als Elternsprecher auf. Zunehmend werden sie dadurch als anständige Bürger angesehen, die sich für das Gemeinwohl engagieren. Besonders Mädchen und junge Frauen werden hierzu benutzt.

Das Thema des politischen Extremismus erhitzt immer wieder die Gemüter im Bereich der Politik. Obwohl nach außen hin ein antiextremistischer Konsens vorherrscht, entsteht häufig Streit. Dieser besitzt unterschiedliche Facetten. Kritisieren die einen, der Extremismus werde heruntergespielt, so bemängeln die anderen seine Dämonisierung. Eine weitere „Frontlinie“ verläuft zwischen linksdemokratischen und rechtsdemokratischen Positionen. Für die eine Seite setzt sich die Gesellschaft zu wenig mit dem Rechtsextremismus auseinander, für die Gegenseite zu wenig mit dem Linksextremismus.

Häufig herrscht Unkenntnis über den Sinngehalt des Begriffs Extremismus. Daher scheint es angezeigt, ihn aufzufächern. Auf diese Weise wird deutlich, dass es „den“ Extremismus nicht gibt. Die verschiedenen Ebenen schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich. Es kommt auf die jeweilige Perspektive an: auf die Ziele, die Mittel, den Organisationsgrad, den extremistischen Intensitätsgrad. Jedes extremistische Phänomen kann mithin unterschiedlich eingeordnet werden. Linksextremisten sind häufig intellektuell „beschlagener“ als Rechtsextremisten, die bei den „Modernisierungsverlierern“ vielfach Unterstützung finden. Kommen sie an die Macht und haben sie die Möglichkeit dazu, beseitigen sie wesentliche Bestandteile einer freiheitlichen Ordnung.

Wer Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ausübt, ist ein Extremist; aber nicht jeder, der keine Gewalt anwendet, muss schon ein Anhänger des demokratischen Verfassungsstaates sein. Wer legal agitiert, agiert deswegen noch nicht in Richtung auf legitime Ziele. Der politische Extremismus ist unterschiedlich gut organisiert. Das Spektrum reicht von der terroristischen Struktur über Parteien und lockere Gruppierungen bis zu Einzelpersonen, die in keinem Zusammenhang zu einer Organisation stehen. Die Frage der Gefährlichkeit hängt nicht nur von dem Organisationsgrad ab, sondern auch von weiteren Faktoren zum Beispiel von der Unterstützung, die eine extremistische Gruppierung erfährt. Weniger stark organisiert sind jene Kräfte, von denen politisch motivierte Gewalt ausgeht.

Die linksextremistischen „Autonomen“, die den Staat hassen, richten ihre Aktionen gegen vereinzelte Vertreter oder gegen Symbole des „Systems“ Der Kampf gegen die Kernenergie und gegen den Rechtsextremismus steht dabei im Vordergrund ihres Wirkens. Aus den Reihen der rechtsextremistischen Skinheads – nur ein Teil von ihnen ist so eingestellt – stammen die meisten fremdenfeindlichen Übergriffe, die in der Regel spontan erfolgen, ohne jede Planung.

Schließlich gibt es Einzelpersonen, die für extremistische Umtriebe verantwortlich sind, ob nun gewalttätig oder nicht. Sie sorgen immer wieder einmal für Aufsehen. Denn Rechtsextremismus gedeiht zumeist in Zeiten grundlegenden sozioökonomischen und/oder politischen Wandels, wenn der Verlust von Macht, Privilegien oder Sozialprestige für spezielle soziale Gruppen droht beziehungsweise bereits eingetreten ist, wenn sich einzelne Gruppen oder sogar ganze Völker gegenüber anderen benachteiligt, zurückgesetzt oder bedroht fühlen.

Linke und Rechte Gruppierungen haben das Internet im Laufe der letzten Jahre als hocheffizientes Sprachrohr entdeckt. Der geringe technische Aufwand, überschaubare Kosten und die weltweite Zugriffsmöglichkeit benennen nur einige Gründe, die das Netz für die Verbreitung extremistischen Gedankenguts so reizvoll machen.

Aber wer legt die Hand dafür ins Feuer, dass im Falle schwerer sozioökonomischer und sozialkultureller Konflikte über grundlegende Wertfragen die Stabilität der Demokratien erhalten bleibt? Genau darum geht es uns als Frauengruppe der GdP. Es geht um Aufklärung und Sensibilisierung, da neben der Musik auch die spezielle Kleidung bzw. die in der Kleidung versteckten Codes und Symbole innerhalb der Szenen sowohl aus kommerzieller als auch als identitätsstiftendes Merkmal stetig an Bedeutung gewinnen. Während sich Rechtsextremisten noch vor einigen Jahren vor allem mit besonders martialisch wirkenden Kleidungsstücken ausstaffierten (Springerstiefel, Bomberjacke etc.), die Linksextremisten eher schrill und bunt auftraten, ist es heute selbst für Experten schwer, ausschließlich anhand der Kleidung klare Abgrenzungen zu anderen Jugendszenen auszumachen.

Silvana Weber
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