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Wozu OPTOPOL wenn es dafür keine Leute gibt?

von Jürgen Schlutter, Landesvorsitzender der GdP Thüringen

Erfurt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach wie vor habe ich große Sorgen um die Zukunft einer funktionsfähigen Thüringer Polizei. Diese Sorge bezieht sich insbesondere auf die personelle Situation. Zurzeit haben wir ca. 6350 Polizeibeamtinnen und -beamte.

Das Projekt OPTOPOL geht aber von einer Planungsgröße von 6460 aus. Das sind jetzt schon ca. 110 Polizeibeamte weniger, als für die Struktur gebraucht werden. Wenn man davon ausgeht, dass es jährlich 120 Neueinstellungen geben wird und wir bei ca. 165 Ruhestandsversetzungen und dann noch ca. 20 bis 30 sonstige Abgänge zu verzeichnen haben, kann man sich auch als schlechter Rechner schnell ausrechnen, wo die Personalzahlen hingehen. Dabei sind nicht einmal die sich in der Altersteilzeit (Ruhephase) befindlichen Kollegen mit eingerechnet. Gerade das Personal ist der Streitpunkt zwischen der GdP und der Polizeiführung.

Es ist für mich vollkommen unverständlich, warum wir mit aller Kraft und Macht eine Strukturveränderung durchboxen wollen, obwohl wir heute schon wissen, dass wir die Leute dafür nicht haben.

Wie schlimm die personelle Situation ist, zeigt das Beispiel der beiden Polizeiinspektionen Gera-Nord und Gera-Süd. Beide Inspektionen sind in einer so gravierenden schlechten personellen Situation, dass diese noch in diesem Jahr zusammengelegt werden müssen, um handlungsfähig zu sein.
Wir alle wissen, dass während OPTOPOL an die Polizeiinspektionen nicht herangegangen werden sollte. Aber das Beispiel Gera zeigt, dass es gar keinen anderen Ausweg gibt. Es wird hier nicht die große personelle Lösung sein, sondern nur eine Linderung der größten Not.
Anhand dieses Beispiels können wir schnell feststellen, wie schwierig die personelle Situation schon heute ist und wie die Zukunft aussieht. Man kann diese Situation nicht „schönrechnen“.

Deshalb ist es für uns als Gewerkschaft nicht nachvollziehbar, dass wir diesen Personalabbau und die damit verbundene unrealistische Strukturveränderung OPTOPOL mittragen sollen. Es ist gerade die Aufgabe von Gewerkschaften, Schwierigkeiten und Probleme aufzuzeigen und dann mit verändern zu helfen. Man kann sich nicht immer zurückziehen auf die Position, es ist kein Geld da und es wird in Zukunft kein Geld da sein und deshalb müssen wir es ertragen, dass wir immer weniger Polizisten werden.

Auch die Argumente, die Bevölkerung und die Geburtenrate sind rückläufig, kann ich nicht gelten lassen. Wer kann uns heute schon sagen, ob alle Straftäter und Rechtsverletzer Thüringen ebenfalls verlassen? Oder, ich bin fest davon überzeugt, dass die Autobahnen und Bundesstraßen eher mehr als weniger Verkehr zu verzeichnen haben, um nur einige Beispiele zu nennen.

Dies und viel mehr Argumente haben wir in den Gesprächen mit dem Innenminister, der Polizeiführung oder den Politikern aller im Landtag vertretenen Parteien immer wieder aufgeführt. Mein Eindruck ist und dies habe ich aus vielen Gesprächen entnommen, dass seitens vieler Politiker/Landtagsabgeordneter mittlerweile erhebliche Zweifel an dem Projekt OPTOPOL bestehen. Dieser Eindruck verstärkt sich noch bei mir, wenn ich feststellen muss, dass selbst in der Landesregierung das so wichtige Thema der Strukturveränderung der Thüringer Polizei in der zweiten Lesung verschoben worden ist.
Geplant war, dass das Thüringer Kabinett die zweite Lesung im März 2007 abschließend bearbeitet und dann noch in die März-Debatte in den Thüringer Landtag einbringt. Die Praxis sieht aber so aus, dass dieses Thema im März nicht besprochen wurde und somit auch nicht in den Landtag kam. Die nächste Landtagsplenarsitzung wird erst Anfang Mai 2007 stattfinden. Das heißt für die Befürworter von OPTOPOL, dass die Planungsgröße Einführung OPTOPOL zum 01. Januar 2008 in ganz, ganz weite Ferne gerückt ist.

Was soll ich nun davon halten? Eines Teils will die Landesregierung Geld sparen und das auch auf Kosten der Polizei, aber andererseits schiebt sie dieses für sie so „wichtige Thema“ vor sich her. Jeder kann sich selbst seinen Reim darauf machen.
In dieser Situation springt ein Gewerkschaftsvorsitzender einer anderen Gewerkschaft auf dieses schlingernde Boot auf und versucht mit kräftigen „Ruderschlägen“ dieses mit zu steuern, obwohl er nicht der Kapitän und ein Großteil der Mannschaft auch nicht auf seiner Seite ist. Für mich vollkommen unverständlich.

Diese zurzeit schwierige Situation - auf der einen Seite das Projekt OPTOPOL auf der anderen Seite der drastische Personalrückgang – müssen wir alle gemeinsam lösen. Dafür sind wir als Gewerkschaft der Polizei immer bereit gewesen und wir haben auch nie gesagt, dass wir gegen Strukturveränderungen sind. Aber wir haben auch immer gesagt, wir wollen dies vernünftig und an den gegebenen objektiven Realitäten festmachen. Dazu müssen aber auch Gespräche zwischen Innenminister und Gewerkschaft der Polizei geführt werden.

Leider ist, aus welchen Gründen auch immer, Funkstille zwischen Innenminister und mir bzw. der Gewerkschaft der Polizei. Im ersten Quartal 2007 gab es nur ein offizielles Gespräch und das war das bei Ministerpräsidenten Dieter Althaus. Obwohl ich mich mehrfach bemüht habe, gab es keine weiteren Gespräche. Der letzte Gesprächstermin wurde seitens des Innenministers abgesagt. So kann man auf Dauer nicht miteinander umgehen, wenn man für die Polizei etwas tun will. Man muss auch miteinander reden können und wollen, wenn man unterschiedlicher Auffassung ist. Gerade das ist es, was beide Seiten aber letztendlich auch die Polizei weiterbringen kann.

Euer Landesvorsitzender
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