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Antrag auf den Bundeskongreß

Erfurt.

vom 13. bis 16. November 2006 findet in Berlin der 23. ordentliche Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei statt. Die Delegierten werden einen neuen geschäftsführenden Bundesvorstand wählen und eine Vielzahl von Anträgen bearbeiten. Darunter befindet sich nur ein Antrag der GdP Thüringen, doch der hat es in sich. Der Thüringer Antrag beschäftigt sich mit der DDR-Vergangenheit.

Der Bundesvorstand soll sich dafür einsetzen, dass die Überprüfung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nach dem Stasi-Unterlagengesetz nicht über den 27. Dezember 2006 hinaus verlängert wird, dass alle derzeitigen tariflichen und gesetzlichen Einschränkungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst wegen ihrer früheren Tätigkeit für Staatsorgane der DDR aufgehoben werden und das die Rolle und Stellung der Volkspolizei im Staatsapparat der DDR verstärkt erforscht wird.

Nun höre ich schon wieder diejenigen, die uns wegen eines solchen Antrages in die Nähe der PDS rücken möchten oder gar Stasifreunde in uns sehen.
Damit hat unser Antrag aber nichts zu tun. Thüringen hat die Überprüfung seiner öffentlichen Bediensteten am intensivsten von allen neuen Bundesländern betrieben und wir als GdP haben unseren Beitrag dazu geleistet. In der Personalüberprüfungskommission der Polizei saß bekanntlich auch ein Vertreter der GdP. Ende 2006, nach 15 Jahren, dürften nun Erkenntnisse aus den Stasi-Unterlagen den Betroffenen nicht mehr zur Last gelegt werden.

Das halten wir für mehr als gerechtfertigt. Mit diesem Teil des Antrages geht es uns um diejenigen, die heute Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sind. Sie haben im Einzelfall beim Wachregiment gedient oder eine Verpflichtungserklärung zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit der Stasi unterschrieben. Mehrfache Überprüfungen haben keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine tatsächliche inoffizielle Zusammenarbeit stattgefunden hat. Sie haben zu Beginn ihrer Tätigkeit für den Freistaat Thüringen ihre Kontakte zur Stasi offen angegeben. In mehr als 16 Jahren Arbeit im öffentlichen Dienst des Freistaates Thüringen haben die Betroffenen unter Beweis gestellt, dass sie zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland stehen.

Wie lange sollen diese Kolleginnen und Kollegen noch mit StasiÜberprüfungen und damit der Gefahr für ihre berufliche Existenz bedroht werden?

Der zweite Teil des Antrages zielt auf den gleichen Personenkreis ab. Diejenigen, die hauptamtlich oder inoffiziell bei der Stasi registriert waren und trotzdem im Dienst der Thüringer Polizei bleiben durften, waren dadurch in den letzten 15 Jahren in ihrer beruflichen Entwicklung bereits stark eingeschränkt. Sie wurden zum Teil wesentlich später oder gar nicht ins Beamtenverhältnis berufen. Angestellte im Polizeivollzugsdienst waren und sind bis heute Polizisten zweiter Klasse. Sie dürfen nicht mal eine Amtsbezeichnung führen. Schulterstücke drücken die Vergütungsgruppe aus, aus der sie bezahlt werden. Führungsfunktionen werden ihnen verwehrt oder nur übertragen, wenn wirklich kein Beamter mehr zur Verfügung steht. Sie arbeiten fünf Jahre länger als ihre beamteten Kollegen und wegen der Sozialabgaben ist ihr Nettoeinkommen deutlich niedriger als bei Beamten.

Diese und weitere Einschränkungen sind nicht länger gerechtfertigt.

Die Betroffenen sind Teil der Thüringer Polizei und haben sich als solcher bewährt. Deshalb ist es hohe Zeit, dass auch bei diesen Kolleginnen und Kollegen nur noch Eignung, Befähigung und fachliche Leistung zählt und nichts anderes. Noch mal zur Erinnerung, die hauptamtliche oder inoffizielle Zusammenarbeit der Betroffenen war von so untergeordneter Bedeutung, dass sie nach den strengen Maßstäben der Thüringer Polizei im Dienst verbleiben durften. Dafür sind 15 Jahre nach Auffassung der GdP mehr als genug. Der letzte Teil des Antrages beschäftigt sich mit der Rolle und Stellung der Volkspolizei im Machtapparat der DDR. Historiker bemängeln zu Recht, dass weder in der Bundesrepublik noch in der DDR die Nazidiktatur aufgearbeitet wurde. Gleiches gilt jetzt für die DDR. Inzwischen haben die Menschen schon wieder vieles vergessen, was 1989 zur friedlichen Revolution in der DDR geführt hat. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand verklärt sich das Bild der DDR bereits wieder. Das Gleiche trifft für die Volkspolizei der DDR zu. Unterschwellig ist aber ein ehemaliger Angehöriger der Volkspolizei, der heute Polizeibeamter des Freistaates Thüringen ist, mit einem Makel behaftet. Das liegt vor allem daran, dass niemand nichts Genaues nicht weiß.

Es ist deshalb an der Zeit, dass die Volkspolizei wissenschaftlich unter die Lupe genommen wird und von unabhängiger Seite dargestellt wird, welche Aufgabe die Volkspolizei im Staatsapparat der DDR zu erfüllen hatte, wie sie gegen Andersdenkende eingesetzt wurde und was am ehemaligen Selbstbild als Freund und Helfer des Bürgers dran ist. Es reicht nicht aus, einen Mangel nur zu beklagen, man muss auch etwas dagegen tun. Von großem Übel ist es aber, wenn staatlich nichts getan wird, um diesen Teil der DDR-Geschichte auszuarbeiten, man damit Hobby-Forschern das Feld überlässt, deren Arbeit dann aber schmäht und diskreditiert. So geschehen mit den Forschungsergebnissen unseres Kollegen Gerhard Mörke aus Schleiz.

Wenn man schon nichts Eigenes zustande bringt, dann sollte man wenigstens nicht die Arbeit anderer geringschätzen.

Wir haben den Antrag in diesem Sinne begründet und an den Bundeskongress gerichtet. Im Rahmen der Antragsberatung hat er inzwischen auch die erste Hürde genommen. Wir gehen deshalb davon aus, dass der Antrag als Maßnahme zur weiteren Herstellung der deutschen Einheit bei den Delegierten aus der gesamten Bundesrepublik auch die erforderliche Mehrheit erhält.
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