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Innere Sicherheit ist Sache der Polizei!

Erfurt.

Unter der Überschrift „Amtshilfe durch Bundeswehr“ will die CDU/CSU- und SPD-geführte Bundesregierung den Artikel 35 des Grundgesetzes ändern. Was heißt das im Klartext?

Wenn der Artikel 35 des GG geändert wird, besteht die Möglichkeit, die Bundeswehr auch im Innern unseres Landes einzusetzen. Also, hoheitliche Aufgaben, welche bisher immer von der Polizei durchgeführt wurden und für welche sie ausgebildet sind, gesetzlich wahrzunehmen. Schon seit Jahren wird dieses Thema von den verschiedensten Bundesregierungen und Politikern diskutiert.

Nun ist man „soweit“, den Vorstoß in den Deutschen Bundestag zur Grundsatzänderung zu wagen. Man kann nur hoffen, dass die Abgeordneten wissen, über was sie abstimmen und welche Konsequenz das haben kann. Warum will die Bundesregierung das Grundgesetz ändern? Das kann doch nur bedeuten, dass man der Auffassung ist, dass die Polizei nicht mehr in der Lage ist, die innere Sicherheit zu gewährleisten bzw. zu garantieren. Aber gerade die Polizei ist es doch, die von den Bundesund Landespolitikern immer wieder gelobt wird, welch gute und hervorragende
Arbeit sie leistet.

Natürlich wird der Sparwahn der Bundes- und Landesregierung auf den inneren Sektor von der Polizei nicht so einfach weggesteckt. Alle wissen, dass durch immer weniger Neueinstellungen die Polizei personell geschwächt wird, dass der Alterskegel sich negativ entwickelt, dass immer neue Betätigungsfelder (wie Internetkriminalität und Terrorismus) hinzukommen. Bisher hat die Polizei diese Herausforderung noch immer gemeistert. Meiner Auffassung nach sollten die Politiker darüber nachdenken, Finanzen für eine modern ausgerüstete, gut ausgebildete Polizei zur Verfügung zu stellen, um auch weiterhin ihren Aufgaben gerecht zu werden sowie die innere Sicherheit für unsere Bürger zu gewährleisten. Mir ist klar, dass die Bundeswehr im Einsatz nach innen sicher billiger ist. Kann sie aber den Aufgaben zur inneren Sicherheit gerecht werden, wo Polizeibeamte jahrelang die Schulbank gedrückt haben und auch über die praktischen Erfahrungen verfügen?

Polizeibeamte werden zwei bis drei Jahre ausgebildet und müssen sich einer „Prüfungstortur“ unterziehen. Wenn sie sich in den gehobenen Dienst bzw. höheren Dienst weiterqualifizieren wollen, müssen sie im Vorfeld viele praktische Hürden bewältigen, um für die Ausbildung zugelassen zu werden. Dann werden sie wiederum drei bzw. zwei (h. D.) Jahre ausgebildet. Danach müssen sie sich wiederum einer Prüfung unterziehen. Haben sie dies alles überstanden, müssen sie sich in der Praxis bewähren. Um es auf einen Nenner zu bringen, die theoretischen Kenntnisse und die praktischen Erfahrungen spielen eine wichtige Rolle für alle Polizeibeamten im Einsatz.

Und nun wollen Politiker, dass Bundeswehrangehörige Polizeiaufgaben ohne die o. a. Polizeiausbildung wahrnehmen dürfen. Man spricht zwar, dass die Polizei nach wie vor ihre speziellen Aufgaben durchführen dürfen, aber für spezielle „gesetzlich ausgewählte“ Fälle soll eben dann die Bundeswehr eingesetzt werden können. Wo ist dann die Grenze bei Polizeieinsätzen für die Bundeswehr. Niemand hat etwas dagegen, wenn bei Katastropheneinsätzen u. Ä. die Bundeswehr zum Einsatz kommt, aber polizeiliche Aufgaben, also für die innere Sicherheit, ist nun mal die Polizei zuständig und die Bundeswehr ist für den Schutz nach außen zuständig. Das macht meines Erachtens einen demokratischen Rechtsstaat aus, wenn es eine klare Trennung auf diesem Gebiet gibt.

Das Gegenteil passiert, wenn die Trennung nicht klar definiert ist. Der Jenaer Politologe Dr. Markus Lang sieht Bundeswehreinsätze im Innern ebenfalls sehr skeptisch. Der Aufstand in Ungarn 1956, der Prager Frühling 1968 oder der Einsatz der chinesischen Armee auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989, um nur einige zu nennen, sind Beispiele, die zeigen, was passiert, wenn Militär zum Schutz der inneren Sicherheit eingesetzt wird. Dies betont er in einem Interview vom 11. 10. 2008 in der OTZ.

Auch in Thüringen haben Politiker über dieses Thema in der Öffentlichkeit diskutiert und sich für den Einsatz der Bundeswehr in innere Angelegenheiten ausgesprochen. Statt zu überlegen, wie sie die Polizei materiell und technisch bes - tens ausrüsten können, gehen sie den Weg des geringsten Widerstandes und sprechen sich für den Einsatz der Bundeswehr aus. Sollte es trotz aller Warnungen zu der Änderung des Artikels 35 des Grundgesetzes kommen, wird sich wohl auch das Bundesverfassungsgericht noch damit befassen dürfen. Man kann nur hoffen und wünschen, dass die hohen Richter sich analog des Luftsicherheitsgesetzes ablehnend entscheiden.
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