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"Immer wieder die gleiche Diskussion"

Erfurt.

Erfurt. (tlz) Techno-Festival an der Bleilochtalsperre, Heavy-Metal-Konzert in Bad Berka, ein Bürgerfest gegen Rechts in Weimar und das Hainleite-Radrennen. Die Polizei war am Wochenende im Großeinsatz und hatte die Veranstaltungen offenbar unter Kontrolle. Aber aus Sicht des SPD-Landtagsabgeordneten Heiko Gentzel pfeifen die unterbesetzten Staatsdiener aus dem letzten Loch.

Der Innenexperte ist häufiger im Gespräch mit Polizisten und kennt ihre Klagen. "Die Motivation ist im Keller", weil die Beamten in den vergangenen Jahren "geschröpft wurden bis zum Gehtnichtmehr", sagt Gentzel.

Der Parlamentarier stärkt damit dem Chef der Thüringer Gewerkschaft der Polizei, Jürgen Schlutter, den Rücken. Aus Sicht des Arbeitnehmervertreters klafft ein eklatantes Loch von 300 Beamten zwischen Soll- und Ist-Stärke der Polizei im Freistaat. Die zurzeit etwa 6500 Polizisten seien nicht ausreichend.

Gentzel sieht in Anbetracht dieser Zahlen die Landesregierung gefordert. Immerhin plant Innenminister Karl Heinz Gasser (CDU) mit seiner Polizeireform Optopol schlankere Strukturen, bei denen mehr als 400 Stellen abgebaut werden sollen. Und das könne auch nicht von den 120 Polizeianwärtern, die bis 2009 jährlich eingestellt werden sollen, aufgefangen werden. Außerdem, gibt Gentzel zu bedenken, müsse Gasser in seinem Geschäftsbereich dem Haushaltsplan zufolge weitere 1100 Stellen abbauen. "Da muss man sich schon fragen, wohin die Reise geht", so der Abgeordnete.

Im Innenministerium nimmt man die Kritik sehr gelassen. "Es ist nicht neu, dass die Gewerkschaft im Sommer fordert, mehr Polizisten einzustellen", sagt Ministeriumssprecher Michael Koch. Das sei nun mal die Jahreszeit, in der sich die Veranstaltungen häuften und Polizisten häufiger Dienste schieben müssten. Aber auch diese Spitzen seien mit der jetzigen Personalstärke zu bewältigen Und der Personalabbau durch Optopol betreffe nur Verwaltungsposten, würde sich also auf der Straße gar nicht bemerkbar machen.

Zudem gebe es für wirkliche Engpässe Abkommen mit anderen Bundesländern wie Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Hessen, um Beamte gegenseitig anfordern zu können. "Die ersten 24 Stunden eines solchen Jobs werden sogar kostenfrei unterstützt", sagt Koch. Auch die vermeintlichen Beschwerden über zu viele Wochenenddienste lässt er nicht gelten. Wer zur Polizei gehe, der wisse, dass er auch am Wochenende ran müsse, ist Koch überzeugt.

Gentzel indes sieht einen weiteren Aspekt, der ihm bislang zu kurz gekommen ist: Wenn der Geburtenknick richtig zum Tragen kommt, müsse der Beruf des Polizisten mit anderen Jobs konkurrieren. Doch wenn die Stimmung und damit das Image weiter sinke, wolle am Ende kaum noch einer Polizist werden, außer vielleicht die, die nichts anderes bekommen haben. "Aber", gibt Gentzel zu bedenken, "bei der Polizei brauchen wir die Besten."

Quelle: 14.08.2006   Von Elmar Otto

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