Zum Inhalt wechseln

„Für eine Anzeige drücken Sie bitte die 1“ 

Erfurt.

Erfurt (mg) Neunhundert Stellen soll die Thüringer Polizei in wenigen Jahren noch verlieren. Die GdP glauben nicht daran, dass die Politiker wirklich wissen, was sie in dem Haushaltsbeschluss bei der Polizei im Detail zusammengestrichen haben. Fakt ist, dass die Polizei ihre Aufgaben schon heute kaum mehr erfüllen kann und neunhundert Stellen entsprächen vergleichbar mehr als alle Polizisten in den Landkreisen Nordthüringens. Die anderen, heute schon genauso geschwächten Dienststellen des Landes müssten diese Aufgaben kompensieren. Das kann nicht gut gehen!

Zum Beispiel sind von den im Landkreises Eichsfeld vor wenigen Jahren noch vorhandenen neun Funkstreifenwagenbesatzungen in drei Dienststellen insgesamt nur noch zwei geblieben und schon bald gibt es nur noch die Garantie für zwei Beamte aber nicht mehr für zwei Funkwagenbesatzungen. Die betreute Fläche bleibt hingegen immer gleich groß. Das kann früher oder später nur in rechtsfreie Räume münden! Schon heute kann man in den vom Standort der Polizeidienststelle weiter entfernten Dörfern bedenkenlos mit nicht zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Mopeds ohne Helm unterwegs sein. Dort kommen die Beamten nur noch selten vorbei und für konzertierte Kontrollen ist längst keine Zeit mehr.

Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern, wo man den Zuständigkeitsbereich noch in Streifenbereiche einteilte, um sich nicht so oft untereinander zu begegnen. Heute jagen wir mit den verbliebenen zwei Wagen im Kreis nur noch der Erledigung der eingehenden Notrufe hinterher. Von fünf eingehenden Notrufen werden zwischenzeitlich häufig vier am Telefon „erledigt“, weil man die anderen gar nicht mehr vor Ort regeln kann und wenn nicht „Blut fließt“, mündet eine Ruhestörung oder Familienstreitigkeit kaum noch in einen polizeilichen Einsatz. Wollen wir das wirklich?

Entgegen den Vorschriften sind die Wachhabenden in den Dienststellen am Wochenende und in der Nacht heute schon regelmäßig allein. Dann bedeutet der Toilettengang einen unbesetzten Notruf.  Würde der alleingelassene Wachhabende einer Dienststelle im guten Glauben einen vermeintlichen Anzeigenerstatter hereinlassen, der ihn anschließend in der Dienststelle an den „Kragen“ geht, gingen wahrscheinlich Stunden ins Land, bis das jemand bemerkt! Rotlichtkontrollen finden durch die Gebietsinspektionen seit Jahren nicht mehr statt und eine planmäßige Zivilstreife ist mit dem Notprogramm der Vollzugsbeamten längst nicht mehr möglich. Die Verwirklichung von Haftbefehlen dauert heute deutlich länger und bei einem Erfolg kann dann die Verbringung im eigenen Dienststellenbestand nicht mehr gewährleistet werden. Man wünschte sich oft auch mehr Zeit für die angemessene Überbringung einer Todesnachricht, aber auch hierfür fehlt nicht nur die Stunde sondern zugleich die Möglichkeit noch einen Beamten auszuwählen.


Die Gewahrsamsordnung ist heute viel stringenter umzusetzen als noch vor wenigen Jahren. Eigentlich bedürfte es eines zusätzlichen Beamten, um allein die vorgegebenen Formalien zu garantieren. Den haben wir aber nur noch selten. Hinzu kommt die Feststellung der Gewahrsamstauglichkeit, für die sich regelmäßig keine Ärzte mehr finden, weil sie entweder dafür nicht ausgebildet sind oder sich als Zahnarzt, Psychiater oder Sozialpädagoge im amtsärztlichen System befinden. Natürlich ist es zu begrüßen, dass auch dieses Problem, welches schon seit Jahren virulent ist, im zuständigen Referat aufgegriffen wurde.

Volksfeste wurden vor wenigen Jahren noch aus dem Bestand der zur Verfügung stehenden Dienstgruppenbesatzungen bestreift. Wenn heute keine Kräfte als Sonderdienste umgeplant werden, kommen die Beamten nur noch zur Anzeigenaufnahme oder auch dann nicht mehr. Heute schon sitzt nur noch ein Beamter auf dem Messwagen, der sich oft nicht nur der Diskussion überzogen reagierender Verkehrsteilnehmer stellen muss, sondern auch sonst Ziel für Repressalien gegen Polizei werden kann. Die Gewalt gegen Polizeibeamte hat nachweislich zugenommen, bis hin dazu, dass man die Beamten bspw. in Berlin mit Benzin übergoss und anzündete.  

… und wie wird die Polizei von Morgen aussehen?! 

Aus zwei Besatzungen werden zwei Beamte. Die überalterte Polizei versieht allein den Streifendienst. Der Leitfaden zur Eigensicherung verliert seine Bedeutung. Der Bürger wird noch länger auf die Polizei warten müssen. Vergleichbar mit Schweden wird ein Kriminalist künftig vielleicht auch hier aus der Hauptstadt mit dem Hubschrauber eingeflogen.

Fehlende Polizeipräsenz führt zur Steigerung der Kriminalität. Schreibkräfte wird es in der Polizei nicht mehr geben. Fußballspiele und ähnliche Events können nicht mehr abgesichert werden. - Finden sie dann noch statt?

Es erfolgt keine Aufnahme mehr von Verkehrsunfällen ohne Verletzte. Die Ahndung von Verkehrsverstößen fährt gegen Null, das Unfallrisiko auf den Straßen hingegen wird unstrittig wieder steigen. Das dörflich abweichende Verkehrsrecht wird zum Gewohnheitsrecht. Eine Verkehrserziehung in Kitas und Grundschulen gibt es nicht mehr.

Die Anzeigenerstattung wird zu einer versicherungsrechtlichen Formsache und eine Verkehrspolizeiinspektion kann man sich wahrscheinlich gar nicht mehr leisten. Die Täterermittlung mutiert weiter zur nackten Vorgangsverwaltung und die verbleibenden Beamten sind restlos überfordert. Überforderung führt zum Verschleiß und zur Erhöhung der Krankenstände.

Viele Polizeigebäude werden bald leer stehende Ruinen sein und von den Anrufbeantwortern ertönt: „Wollen Sie eine Anzeige aufgeben, dann drücken sie bitte jetzt die Eins!“

This link is for the Robots and should not be seen.