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Doppelhaushalt 2025/2026 | © GdP SN
GdP SN

30.06.2025

Doppelhaushalt 2025/2026: Sächsische Polizei auf Sparflamme – GdP schlägt Alarm

Innenpolitik Sicherheit

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Sachsen übt scharfe Kritik am aktuellen Doppelhaushalt der Sächsischen Staatsregierung. Das vorgestellte Ergebnis ist nicht nur enttäuschend – die geplanten Kürzungen im Bereich Personal, Technik und Liegenschaften gefährden die Funktionsfähigkeit der Polizei im Freistaat und damit auch die Innere Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in einem besorgniserregenden Ausmaß.

1. Personal: Faktischer Stellenabbau trotz steigender Herausforderungen

Trotz der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Zielmarke von 15.000 Stellen bis zum Ende der Legislatur, ist die aktuelle Entwicklung alarmierend und kommt einen faktischen Stellenabbau gleich. Der vorgesehene Anstieg von 450 auf 475 Auszubildende ist angesichts einer Ausbildungszeit von drei Jahren und einer Abbrecherquote von teils über 20 % weder zum Ausgleich des altersbedingten Ausscheidens noch zur Deckung des tatsächlichen Bedarfs ausreichend.

Jan Krumlovsky, Landesvorsitzender der GdP Sachsen, erklärt dazu: „Wer heute nur symbolisch Nachwuchs ausbildet, wird morgen reale Sicherheitslücken haben. Der Freistaat spielt mit der Inneren Sicherheit – und mit dem Vertrauen der Menschen in den Staat.“

Die GdP fordert die Anwendung einer belastbaren Mikrobedarfsberechnung auf Grundlage der zweiten Fortschreibung des Fachkommissionsberichtes, der einen realen Bedarf von mindestens 16.014 Stellen identifiziert hat.

Denn die aktuelle Personalpolitik steht im eklatanten Widerspruch zu bestehenden Konzeptionen und gesetzlichen Vorgaben:

  • Legalitätsprinzip:
    Die Polizei ist verpflichtet, aller erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Straftaten bei Bekanntwerden zu erforschen. Schon jetzt muss in Einsatzlagen priorisiert werden. Strafverfolgung nach Augenmaß widersprechen dem gesetzlichen Auftrag.
  • Gefahrenerforschung, Prävention und Ersatzvornahme:
    Diese Grundpfeiler der Polizei – z. B. im Bereich präventiver Streifen in Brennpunktvierteln – bleiben zunehmend auf der Strecke. Die Polizei wird reaktiv statt proaktiv, wodurch sich das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung weiter verschlechtert.
  • Einsatztraining:
    Mangels Personalkapazität fällt Einsatztraining oft aus. Das Risiko für Kolleginnen und Kollegen im Einsatz steigt damit erheblich – rechtlich wie physisch. Letztlich wird so auch die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger weiter verringert.
  • Übungsleiter:
    In jeder Dienststelle sind ausgebildete Übungsleiter vorgesehen, um dienstspezifische Trainings- und Fortbildungsmaßnahmen umzusetzen. Ohne ausreichend Personal kann dies nicht gewährleistet werden – die Umsetzung des Konzepts ist damit systematisch unterlaufen.
  • Führungs- und Lagezentrum (FLZ):
    Die ständig besetzten FLZ sind das Herzstück der Einsatzlenkung und -leitung. Ihre Leistungsfähigkeit basiert auf Schichtbesetzungen, die derzeit nicht annähernd eingehalten werden können. Die Folge: längere Reaktionszeiten, mögliche Überforderung der Beamten, gefährdete Einsatzkoordination.
  • Tariflicher Aufwuchs:
    Das Gleichgewicht zwischen Polizeivollzugsdienst (82,5%) und Verwaltungsunterstützung (17,5%) ist gesetzlich und organisatorisch definiert. Der aktuelle Stellenabbau trifft jedoch vor allem auch den Verwaltungsbereich – mit der Folge, dass Polizeibeamtinnen und -beamte zunehmend Verwaltungsaufgaben übernehmen müssen.
  • Verteilung mittlerer (40%) / gehobener (60%) Dienst:
    Diese Strukturvorgabe wird seit Jahren nicht eingehalten. Besonders im gehobenen Dienst besteht ein massiver Personalmangel, der zu strukturellen Lücken im täglichen Dienst führt.
  • Verstoß gegen die Sächsische Arbeitszeitverordnung (SächsAZVO):
    Die angespannte Personallage führt regelmäßig zu Überstunden und Verletzungen der Arbeitszeitvorgaben. Eine dauerhafte Missachtung der SächsAZVO ist die Folge – zulasten der Gesundheit der Bediensteten.
Jan Krumlovsky | © Herzblick Fotografie
Herzblick Fotografie
„Wenn gesetzliche Vorgaben reihenweise ignoriert werden müssen, weil schlicht das Personal fehlt, dann ist das nicht nur politisches Versagen – es ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die täglich den Kopf für diesen Staat hinhalten.“
Jan Krumlovsky

2. Technik: Rückschritt statt Fortschritt

Der Haushalt kürzt an einer Stelle, an der die Polizei sich schon heute kaum behaupten kann: bei der technischen Ausstattung.

Der Beschaffungstitel für Fahrzeuge wurde halbiert.
Die Mittel für Führungs- und Einsatzmittel (FEM) wurden um ein Drittel reduziert.
Der IT-Haushalt wurde um 20 % gekürzt.
Im IT-Bauhaushalt sind neue IT-Ausstattungen für Liegenschaften nicht mehr realisierbar.
Applikationen auf Dienstgeräten mussten mangels Lizenzbudget deinstalliert werden – polizeiliche Anwendungen sind damit faktisch außer Betrieb.


In der Praxis bedeutet das zukünftig: Einsatzfahrzeuge bleiben liegen, Software veraltet, Auswertungen dauern länger – die Polizei fällt gegenüber einem immer besser organisierten polizeilichen Gegenüber technologisch zurück.

 

3. Liegenschaften: Marode Bauten – kein Geld für neue Projekte

Der Haushaltsplan sieht keinerlei Mittel für neue Bauprojekte vor. Kein einziger Euro für neue Bauprojekte, nur bereits begonnene Maßnahmen dürfen abgeschlossen werden. Viele Polizeidienststellen befinden sich in einem teils desolaten Zustand. Die seit Jahrzehnten aufgestaute Sanierungsrückstände werden nur noch größer. Einladend sind diese Gebäude weder für Bürger noch für unsere Kolleginnen und Kollegen – von einem modernen Arbeitsplatz ganz zu schweigen.

„Dienststellen, die im Prinzip nicht mehr betretbar sind, sind kein Aushängeschild, sondern ein Offenbarungseid“, so Krumlovsky.

 

Fazit: Die Innere Sicherheit ist keine Variable für Sparpolitik.

Wer der Polizei nicht die nötigen Mittel zur Verfügung stellt, muss auch den Mut haben zu benennen, welche Aufgaben nicht mehr erfüllt werden können. Es ist kein „Erfolg“, wenn Auszubildende übernommen werden – es ist eine Selbstverständlichkeit, gerade mit Blick auf die notwendige Stellenmehrung. Der Schutz unserer Gesellschaft darf nicht an Haushaltsgrenzen, sondern muss an den realen Sicherheitsbedürfnissen gemessen werden. Der vorgelegte Haushalt stellt die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Polizei. Die GdP Sachsen fordert:

-          Umsetzung des Bedarfs laut Fachkommissionsbericht

-          Vollständige Gegenfinanzierung des Ausbildungsbedarfs

-          Stärkung von Technik, IT und Bau-Infrastruktur

-          Wiederherstellung gesetzlich konformer Arbeitsbedingungen

 

Parlamentarische Farce statt demokratischer Debatte

Die Debatte im Landtag hingegen war eine demokratische Bankrotterklärung: Kein einziger Änderungsantrag – auch nicht zur Polizei – fand Gehör. Die Ablehnung sämtlicher Vorschläge ohne sachliche Auseinandersetzung ist eines demokratischen Parlaments unwürdig. Es entstand der Eindruck, als sei die Sitzung von den Regierungsparteien samt der Linken von vornherein choreografiert worden. Der demokratische Diskurs wurde zur Inszenierung, die bei vielen Beobachtenden Fassungslosigkeit zurückließ.

Die Polizei sichert die Grundlagen für ein funktionierendes Staatswesen – wir erwarten dafür keine Privilegien, aber die nötige Ausstattung.