
02.03.2025
Gedenken an unseren Ehrenvorsitzenden
Heute vor 20 Jahren starb unser Ehrenvorsitzender Karl-Heinz Kienitz im Alter von 83 Jahren.
Erinnerungen an eine außergewöhnliche Persönlichkeit
Karl-Heinz Kienitz war eine der herausragendsten Persönlichkeiten in der Geschichte der schleswig-holsteinischen Landespolizei. Bekanntheit erlangte der charismatische Uniformträger in den 70er- und 80er Jahren als Leiter der Landespolizeischule in Kiebitzhörn.
Vor allem sein Streben nach einer zivilen, bürgernahen Polizei machte ihn zum Vorbild. Und das zu einer noch weithin militaristisch geprägten Polizei in Schleswig-Holstein.
Der ehemalige GdP-Landesgeschäftsführer Karl-Hermann Rehr, der Kienitz 1982 kennenlernte, erinnert sich. „Polizeiführer, die immer noch „das ostelbische Junkertum“ verinnerlicht hatten und verherrlichten, waren ihm ein Gräuel".
Auch als ranghoher Polizeibeamter verstand es der in Pommern geborene und aufgewachsene frühere Leiter der Landespolizeischule, junge Menschen zu eigenständigem Denken anzuhalten und sie für neue Ideen zu begeistern.
Wegen seines besonderen Wissens, seiner kritischen, aufmerksamen Art und seiner humanistischen Einstellung verschaffte er sich hohes Ansehen, auch wegen seines außergewöhnlichen Engagements in unserer Gewerkschaft. Bereits seit Gründung der GdP 1948 war er im Landesbezirk in verschiedenen verantwortlichen Funktionen tätig.
Zehn Jahre, von 1969 bis 1979, war Karl-Heinz Kienitz Landesvorsitzender und wurde beim 21. Delegiertentag 1979 zum Ehrenvorsitzenden auf Landesebene gewählt. Auch diese Funktion hat er verantwortungsvoll nahezu bis zuletzt ausgeübt.
In einer Festschrift anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Landespolizeischule stand über ihn:
„Eine sehr lange Zeit, von September 1972 bis Mai 1981, war der Leitende Polizeidirektor Karl-Heinz Kienitz als Schulleiter tätig. In diesen fast neun Jahren prägte er entscheidend das Bild der Landespolizeischule. Es entstand während dieser Zeit der Neubau, auch der Stab wechselte nach Kiebitzhörn. Er ist ein Mann der ersten Stunde und hat mit Erfolg versucht, die humanistische Bildung zu betonen. Aus Gesprächen mit ihm ist bekannt, dass er zuerst den Menschen und dann die Sache gesehen hatte“.
Haltung im krassen Widerspruch zum elitären Führungsdenken
Karl-Heinz Kienitz Haltung stand im krassen Widerspruch zum elitären Führungsdenken zu dieser Zeit: Junge Dienstanfänger, die in Kiebitzhörn ihre Mittlere Reife nachholten, erinnern sich, dass er es war, der seinerzeit als Leiter der Landespolizeischule auf persönliche Privilegien verzichtete.
So war es bei den täglichen Mahlzeiten für ihn selbstverständlich, sich mit den Wachtmeistern in die Schlange der anstehenden Essensteilnehmer einzureihen und erwartete dies auch vom Stamm- und Lehrpersonal an der Landespolizeischule. Separate Essensräume fürs Führungspersonal, wie es zu dieser Zeit lange auf Hubertushöhe in Eutin gegeben hatte, gab es schon bei Karl-Heinz Kienitz nicht.
Er nahm es auch hin, sich mit seinem zugewandten Menschenbild zu jungen oder nachgeordneten Mitarbeitern nicht nur Freunde zu machen, denn damit schwamm er in der Landespolizei „gegen den Strom“.
Als Karl-Heinz Kienitz dann auch noch seine Vorstellungen bekannt machte, für die jungen Polizisten in der Ausbildung den „Zapfenstreich“ zu beenden, sah er sich erheblichen Widerständen gegenüber. Dass gerade er als Leiter der Landespolizeischule diesen Vorschlag unterbreitete, bescherte ihm fast wöchentlich „Rechtfertigungs-Besuche“ im damaligen Innenministerium. Zu seinem Leidwesen blieben seine Bemühungen erfolglos.
Selbst Dieter Schipper beschrieb Karl-Heinz Kienitz respektvoll:
„Karl-Heinz Kienitz hat die Polizeiausbildung durchlaufen, einschließlich der Abschlüsse für den gehobenen und höheren Dienst. Darüber hinaus hat er an der Pädagogischen Hochschule ein Lehrerstudium absolviert. Er gilt als geistreiche und feinsinnige Führungspersönlichkeit. In der Gewerkschaft der Polizei steigt er zum Landesvorsitzenden in Schleswig-Holstein. Die Entscheidungen der Landespolitik und Landesregierung zum Berufsbild der Polizei begleitet er kritisch. Die nach wie vor zu dominante Ausbildung der Polizei mit militärähnlichen Inhalten mahnt er konsequent an.
Oliver Malchow: Karl-Heinz Kienitz war zurückhaltend und weise
Er habe Karl-Heinz Kienitz während der gemeinsamen Landesvorstandssitzungen kennengelernt, sagt der langjährige Landesvorsitzende und ehemalige Bundesvorsitzende Oliver Malchow. „Er war zurückhaltend, leistete keine besserwisserischen und aufdringlichen Beiträge, war aber hellwach bei den Diskussionen. Ein zurückhaltender und weiser Gewerkschafter, auf den die schleswig-holsteinische GdP stolz blicken konnte, dass er den Vorsitz in längst vergangenen Zeiten innehatte und auch die Polizei über die GdP nach innen demokratisierte.
Torsten Jäger: „Vorbild für alle“
Der GdP-Landesvorsitzende Torsten Jäger: „Wir gedenken Karl-Heinz Kienitz mit größtem Respekt. Mit seiner Persönlichkeit ist er bis heute und auch in Zukunft ein Vorbild für uns alle!“

ERINNERUNGEN EINES POLIZEISCHÜLERS AN KARL-HEINZ KIENITZ
Stefan Knorr hatte im April 1980 als 18-jähriger bei der Landespolizeischule in Kiebitzhörn seine Ausbildung aufgenommen:
Als damaliger Leiter der Landespolizeischule sei Karl-Heinz Kienitz eine Respektperson gewesen. „Zunächst vor allem natürlich wegen seines unglaublichen Dienstgrades“, so Knorr. Der allgemeine Umgang in Kiebitzhörn sei „polizeilich korrekt“ und etwas steif gewesen. „Herr Kienitz war da eine Ausnahme, er hat sich immer sehr zugewandt und freundlich gezeigt. Binnen kürzester Zeit war jedem neuen Anwärter klar, dass er als Leiter der Landespolizeischule keinen festen Platz im Speisesaal hatte, sondern sich bevorzugt an die Tische der neuen Polizisten setzte“, berichtet Stefan Knorr.
Der Leitenden Polizeidirektor habe mit den Berufseinsteigern über alle möglichen, aktuell relevanten Themen gesprochen und gerne Fragen zur Geschichte, Politik oder Geografie gestellt. Wenn am Tisch niemand die Antwort gewusst habe, gab er zu verstehen, dass das ja nicht schlimm sei. „Herr Kienitz suchte sich einen Kollegen aus und gab diesem mit freundlichen Worten zu verstehen, ihn wieder darauf anzusprechen! Das sei dann auch meist innerhalb einer Woche geschehen. „Und obwohl Herr Kienitz praktisch täglich Fragen an uns stellte, wusste er immer genau, wer ihm noch eine Antwort schuldig war. So habe man immer bei Begegnungen auf dem Flur oder im Garten darauf gefasst sein müssen, dass er auf das Thema zurückkam. Wenn man ihm dann auf eine offene Frage habe antworten können, sei in der Regel eine Anschlussfrage gekommen. „Durch diese Erfahrung bemühte sich jeder, nicht nur die eigentliche Frage zu beantworten, sondern zum Thema zu recherchieren, um sich auch weitere Daten und Fakten über berühmte Gebäude, Religion und Sprachen anzueignen und so auf Nachfragen von Herrn Kienitz umfassend Auskunft geben zu können“, so Knorr.
Als die Nachwuchspolizisten erfahren hätten, dass Karl-Heinz Kienitz bei der Übernahme der Leitung der Landespolizeischule als eine seiner ersten Amtshandlungen den bis dato obligatorischen Speiseraum für das Stammpersonal aufgelöst hatte, seien sie sehr beeindruckt gewesen.
„Es war ihm einfach wichtig, seine jungen Polizeianwärter kennen zu lernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen“. So habe sich Karl-Heinz Kienitz wohl bei allen, die in Kiebitzhörn ihre Ausbildung absolviert hätten, mit seiner freundlichen und wertschätzenden Art einen Respekt erlangt, den er allein durch seinen Dienstgrad niemals hätte erlangen können. „Ich kann mich nicht erinnern, in meiner Zeit bei der Polizei einer solch außergewöhnlichen Persönlichkeit wie Herr Kienitz begegnet zu sein“, stellt Stefan Knorr rückblickend fest. TG