24.11.2025
Mitgliederinformation der GdP Thüringen
Unsere Kernforderungen zur Organisationsüberprüfung der Thüringer Polizei
Liebe Mitglieder der GdP Thüringen,
wir begrüßen die angekündigte Überprüfung der Aufbau- und Ablauforganisation, da sie die Chance bietet, bestehende Strukturen weiterzuentwickeln und den Dienstalltag nachhaltig zu verbessern. Entscheidend ist für uns jedoch, dass dieser Prozess eng an den tatsächlichen Anforderungen der Beschäftigten und der operativen Praxis ausgerichtet wird.
Auf dieser Grundlage hat unsere Arbeitsgruppe „Thüringer Polizei zukunftssicher gestalten“ zentrale Leitlinien erarbeitet, die im Reformprozess verbindlich berücksichtigt werden sollten.
1. Soziale Verträglichkeit sicherstellen – HEALTH-Studie verbindlich einbeziehen
Die HEALTH-Studie liefert klare Erkenntnisse zu Belastungen, Gesundheitsrisiken und strukturellen Schwachstellen. Diese Ergebnisse sind als Grundlage jeder Organisationsveränderung zu verwenden.
Reformschritte haben:
- einer Überlastung konsequent entgegenzuwirken,
- zumutbare und klare Übergangsregelungen festzulegen,
- strukturelle Härten zu vermeiden,
- erkennbar zu Entlastungen und besseren Arbeitsbedingungen beizutragen.
Eine Organisationsreform steht und fällt mit der Frage, ob sie die Kolleginnen und Kollegen stärkt – nicht zusätzlich belastet.
2. Personalführung wieder vor Ort verankern
Führung braucht Nähe. Entscheidungen über Personal, Dienstgestaltung und Fürsorge haben im unmittelbaren Umfeld des operativen Dienstes stattzufinden.
Wir verlangen:
- eine Rückführung der Personalführung an die operativen Ebenen,
- verlässliche Ansprechbarkeit von Führungskräften,
- kürzere und klare Entscheidungswege.
Ohne ortsnahe Personalführung lässt sich weder Motivation noch Führungskontinuität sicherstellen.
3. Standorte erhalten – Präsenz und Bürgernähe verlässlich gewährleisten
Ein Rückzug aus der Fläche kommt nicht in Frage. Standortschließungen würden Erreichbarkeit
verschlechtern, Einsatzzeiten verlängern und die Präsenz in der Fläche schwächen.
Unsere Position ist eindeutig:
- Standorte sind flächendeckend zu erhalten,
- Präsenz im ländlichen Raum ist dauerhaft sicherzustellen,
- organisatorische Stabilität ist als Beitrag zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu betrachten.
Polizei bleibt nur dann bürgernah, wenn sie sichtbar, schnell erreichbar und regional verankert ist.
4. Vor Strukturveränderungen sind Abläufe gründlich zu analysieren
Wer Strukturen verändert, ohne vorher Prozesse zu verstehen, verschiebt Probleme, statt sie zu
lösen.
Daher fordern wir:
- eine vollständige Analyse von Abläufen, Verantwortlichkeiten und Schnittstellen,
- transparente Darstellung bestehender Reibungspunkte,
- eine klare Priorisierung: Prozesse zuerst – Strukturen danach.
Eine Reform auf falscher Grundlage führt zwangsläufig zu neuen Schwierigkeiten. Das gilt es zu vermeiden.
5. Tarifbereich stärken – vollzugsfremde Aufgaben klar übertragen
Viele Aufgaben sind fachlich nicht dem Vollzug zuzuordnen. Diese Tätigkeiten sind eindeutig zu
benennen und in den Tarifbereich zu überführen.
Dazu gehört:
- klare Definition vollzugsfremder Aufgaben,
- strukturelle Verankerung dieser Aufgaben im Tarifbereich,
- verbindliche Absicherung der erforderlichen Haushaltsmittel und Eingruppierungen.
Das schafft Entlastung im Vollzug und stärkt die Wertigkeit der Tarifbeschäftigten.
6. Untere Behördenebene konsequent stärken
Die praktische Polizeiarbeit findet auf der unteren Ebene statt – dort entsteht die Leistungsfähigkeit
der gesamten Organisation.
Daher benötigt diese Ebene:
- weniger administrative Hürden,
- klare Zuständigkeiten,
- verlässliche Schnittstellen und
- die Ressourcen, die ihrem tatsächlichen Auftrag entsprechen.
Eine Reform, die die Basis schwächt, wäre fachlich wie organisatorisch untragbar.
7. ODP-Strukturen flexibler gestalten, aber mit klaren Leitplanken
Organisations- und Dienstpostenpläne sind an reale Bedarfe anzupassen. Flexibilität ist notwendig,
darf aber nicht zu Unsicherheiten führen.
Wichtig ist:
- planstellenorientierte Steuerung verbindlich auszubauen,
- Flexibilität verantwortungsbewusst auszugestalten,
- Transparenz bei Veränderungen zu gewährleisten.
8. Personal belastungsorientiert verteilen – Funktionsfähigkeit erhalten
Belastungen unterscheiden sich deutlich zwischen Regionen und Aufgabenbereichen. Eine gerechte
und funktionale Personalverteilung erfordert daher einen klaren Maßstab:
- Orientierung an tatsächlichen Belastungen, Fallzahlen und Aufgaben,
- Weiterentwicklung bestehender Belastungsanalysen,
- transparente Kriterien für Personalentscheidungen.
Nur so bleibt die Thüringer Polizei als Flächenorganisation dauerhaft funktionsfähig.
9. Aufgaben der LPD klar definieren und nach Bedarf schärfen
Die Zentralstellenfunktion der LPD ist fachlich differenziert zu prüfen. Es geht nicht um ein „mehr“
oder „weniger“, sondern um ein richtig.
Zu klären ist:
- wo Zentralisierung echte Entlastung schafft,
- wo sie Doppelstrukturen erzeugt oder neue Belastungen verursacht,
- wie zentrale Aufgaben klar und nachvollziehbar zuzuordnen sind.
Ziel ist eine LPD, die die Gesamtorganisation stärkt.
10. Neue Aufgabenfelder frühzeitig abbilden
Digitalisierung, Cybercrime und komplexe Ermittlungsformen gewinnen stark an Bedeutung. Die
Organisation hat diese Entwicklungen aktiv aufzugreifen.
Daher sind:
- neue Aufgaben systematisch zu identifizieren,
- Zuständigkeiten klar festzulegen,
- Kompetenzen personell und strukturell abzusichern.
Eine moderne Polizei lebt davon, Entwicklungen nicht nur zu verfolgen, sondern ihnen
vorauszugehen.
11. IuK-Technik konsequent an der Basis orientieren
Technik darf nicht hemmen, sondern hat zu unterstützen. Die Perspektive der Anwenderinnen und
Anwender ist dafür unerlässlich.
Wir verlangen:
- praxisnahe, verlässliche und intuitiv nutzbare Systeme,
- spürbare Entlastung durch Technik statt zusätzlicher Belastung,
- engere Verzahnung zwischen Nutzenden und Systementwicklern.
Abschließender Hinweis - Diese Leitlinien bilden unseren aktuellen Arbeitsstand und die Grundlage für unsere weitere Beteiligung am Reformprozess. Wir werden den Prozess aufmerksam begleiten und unsere fachlichen Einschätzungen fortlaufend einbringen. Über neue Entwicklungen und Ergebnisse halten wir euch auf dem Laufenden.
