
30.06.2025
GZD präsentiert Vorschlag für die Zukunft des Zolls - Kluge Grundidee des Zwei Säulenmodels mutlos konzipiert
Von Christian Lindners (vormaliger Bundesminister der Finanzen) ursprünglicher Idee eines Zwei-Säulen-Modells bleibt nur ein verzwergter Rumpf übrig, der sich auf der Ortsebene in 41 Dienststellen zu einer Säule mit zwei „Stäbchen“ verkürzt.
Von zwei verschiedenartigen Säulen war im Oktober 2024 noch die Rede. Eine Säule für die Aufgaben rund um die Bedürfnisse der Wirtschaft und die Sicherung der Einnahmen und eine weitere zur Erzielung von mehr Innerer Sicherheit und dessen Vollzug. Nun verschlankt sich das Zwei-Säulen-Konzept auf der operativen Ortsebene zu einer Behörde. So sollen zukünftig die finanzverwaltenden „Steuerhäscher“ der Säule „Wirtschaft und Einnahmen“ und die vollzugspolizeilichen „Schurkenjäger“ der Säule „Sicherheit und Vollzug“ in einer gemeinsamen Behördenstruktur und unter einer gemeinsamen Leitung ihren Dienst verrichten. Die Entscheidung, dass es in ein und derselben Ortsbehörde dennoch zwei Säulen gibt, ist Ausdruck der Mutlosigkeit, die zukünftigen Behördenstrukturen wirklich nach den verschiedenartigen Erfordernissen gänzlich unterschiedlicher gesetzlicher Aufgaben getrennt strategisch und strukturell auszurichten.
Kluge Grundidee des Zwei Säulenmodels (Zoll 2030) mutlos konzipiert
Verschiedene Aufgaben verlangen verschiedene Behördenstrukturen
Wirksame Kriminalitätsbekämpfung durch Maßnahmen polizeilicher Gefahrenabwehr und Ermittlungen zur Aufdeckung, Verhütung und Verfolgung von Straftaten - insbesondere im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität - erfordern eine andere Allgemeine Aufbauorganisation (AAO) als die überwiegend verwaltenden Prozesse der Steuererhebung und Prüfung. Die Unterschiede bestehen vor allen Dingen in der zeitlichen und örtlichen Präsenz der Einheiten, in der zeitnahen Verfügbarkeit und Flexibilität des Einsatzes von Ressourcen (zum Beispiel Einsatzmittel, Personal, Daten etc.) und in den für die Bekämpfung von Kriminalität erforderlichen Melde- und Befehlswegen, Lageerfassungen und Lagedarstellungen zur schnellen strategischen Ausrichtung auf sich ständig verändernde Kriminalitätsphänomene.
Wer will schon zugleich „Partner der Wirtschaft“ und „Zollpolizist“ sein?
Die auf der Ortsebene in einer Person gebündelte Verantwortung für die vielfältigen Aufgaben der steuerlichen Einnahmeverwaltung, der Prüfung der Beteiligten und der ggf. nötigen vollzugspolizeilichen Kontrollen und Ermittlungen sowie die Möglichkeit, in bestimmten Fällen sogar darüber zu entscheiden, ob Anklage erhoben wird oder nicht, ist unseres Erachtens problematisch - auch deshalb, weil die Behörde und dessen Leitung dabei ihr Handeln faktisch auch selbst überwacht. Diese Spannweite völlig verschiedener Aufgaben passt unseres Erachtens nicht mehr in die Zeit. Das durchaus ernstzunehmende Prinzip von „Checks and balances“ sollte nicht vor den Toren der Zollbehörden enden.
Klug wären zwei Säulen in getrennten Zollbehörden auf der Ortsebene
In dem Zwei-Säulen-Modell, das die GdP favorisiert, würde der administrative Prozess der steuerlichen Finanzverwaltung mit seinen Bescheiden, Bewilligungen und Prüfungen von den vollzugspolizeilichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Kriminalitätsbekämpfung durch Kontrollen und Ermittlungen bewusst auf der operativen Ebene der Ortsbehörden getrennt. Die Interessenslage einer Leitung, die bewusst auch eng mit der Wirtschaft als deren Partner kooperieren will und muss, weil der Zoll schließlich kein zusätzliches Handelshemmnis sein darf, ist ein andere Interessenslage als die einer Leitung, die mit polizeilichen Mitteln und Methoden Kriminelle verfolgen muss. Diese völlig unterschiedlichen Interessen und Aufgaben in einer Leitungsperson vor Ort zu bündeln, ist nicht wirklich zeitgemäß, klug und zielführend.
Hintergrund:
Am 1. Juli 2025 hat der Lenkungsausschuss der des Projekts Zoll 2030 in Bonn über die zukünftige Struktur der Bundeszollverwaltung entschieden. Ausführliche Informationen sind im MAPZ verfügbar.
Die wesentlichen Punkte dieses ersten Schrittes der Strukturreform im Rahmen des Projekts Zoll 2030:
- Die Generalzolldirektion wird zukünftig auf 4 Direktionen verschlankt ("Zentrale Verwaltung und Bildung", "Wirtschaft und Einnahmen", "Sicherheit und Vollzug" sowie "Digitalisierung, Servicecenter und Zentrales Rechnungswesen".
- Der Lenkungsausschuss strebt zudem die Fusion der Hauptzollämter und der Zollfahndungsämter in gemeinsame Ortsbehörden unter neuem Namen an. Dieser steht noch nicht fest. Insgesamt werden 41 neue Ortsbehörden geschaffen die zwei parallel Fachstränge ("Sicherheit und Vollzug" und "Wirtschaft und Einnahmen") beherbergen. Ein dritter Strang übernimmt übergreifen zu beiden Fachsträngen den Bereich "Allgemeine Verwaltung".
- Hinsichtlich der Umorganisation im Bereich der Zollämter wurden keine Entscheidungen getroffen, da sich dieser Prozess noch in der Anfangsphase befindet. Hier beabsichtigt das Projekt auf Basis einer Nutzwertanalyse einen Vorschlag zur konkreten Zielstruktur der Zollämter zu erarbeiten.
Wie gehts weiter? Aufgrund der umfangreichen Änderungen in der Grundstruktur der Bundeszollverwaltung werden umfangreiche gesetzliche Änderungen notwendig. Nach Informationen aus dem BMF werden dieser voraussichtlich ab dem 1. Oktober 2025 ins parlamentarische Verfahren gebracht. Mit einer konkreten Umsetzung ist -unter Vorbehalt der Zustimmung der parlamentarischen Gremien- frühestens im dritten Quartal des Jahres 2026 zu rechnen.