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Übernahme von Auszubildenden der Berliner Polizei als Angestellte im Polizeivollzugsdienst

Berlin.

Folgenden Brief hat der stellv. Landesvorsitzende der GdP an den Innensenator geschrieben:

Sehr geehrter Herr Dr. Körting,

der Polizeipräsident hat auf Ihre Weisung den Auszubildenden der Berliner Polizei schriftlich angeboten, sie als Angestellte im Polizeivollzugsdienst auf 2/3 Stellen nach den Vergütungsgruppen VIb und VIII BAT zu übernehmen.

Wir fordern Sie auf, diese Weisung unverzüglich zurückzunehmen und anzuordnen, dass alle Auszubildenden auf der Grundlage geltenden Laufbahnrechts nach Verabschiedung des Haushalts als Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamte im mittleren und gehobenen Dienst übernommen werden.

Der Senat und das Abgeordnetenhaus von Berlin haben im Dezember 1994 und im Januar 1995 beschlossen, die zweigeteilte Laufbahn in der Schutzpolizei umzusetzen. In der Begründung dieser Beschlüsse wurde umfassend dargelegt, dass die Anforderungen an den Polizeiberuf und die Qualität der Arbeit im täglichen Polizeidienst nur von gut ausgebildeten Vollzugsbeamtinnen und –beamten bewältigt werden können.

Diese Beschlüsse wurden nach jahrelangen Verhandlungen mit den zuständigen Innensenatoren und den Sicherheitsexperten der Mehrheitsfraktionen von CDU und SPD mit uns gefasst. Mit entscheidend dafür war das Gutachten der Unternehmensberatung Kienbaum (Kienbaum-Gutachten), in dem festgestellt wurde:

Voraussetzung für die Anforderungen des täglichen Polizeidienstes ist grundsätzlich eine Ausbildung für den gehobenen und höheren Polizeivollzugsdienst.

Das war auch Bestandteil der Begründung der schon genannten Beschlüsse von Senat und Abgeordnetenhaus.

Der damalige Polizeipräsident, Herr Hagen Saberschinsky, hat danach eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der Fachleute einen Vorschlag über Veränderungen der Arbeitsabläufe im Polizeivollzugsdienst erarbeiten sollten.

Das Berliner Modell (BMo) war „geboren.“

Auch für dieses Modell stand das Kienbaum-Gutachten „Pate.“ Wesentlicher Bestandteil des BMo war die Sachbearbeitung durch die Schutzpolizeibeamtinnen und –beamten.

Wir haben trotz der erkennbaren Schwierigkeiten bei der Einführung des BMo und des Widerstandes von Teilen der Betroffenen die Einführung offensiv verteidigt.

Wir haben darauf vertraut, dass die Politik in dieser Stadt auch in diesem Fall ihre erneute Zusicherung einhält, mit der Umsetzung des BMo auch die zweigeteilte Laufbahn im „Gleichschritt“ zu realisieren.

Was Sie jetzt getan haben, sehr geehrter Herr Dr. Körting, gefährdet unsere Zusammenarbeit nachhaltig. Die GdP hat seit ihrer Gründung nach 1945 immer den Grundsatz beachtet, mit den politisch Verantwortlichen konstruktiv zusammenzuarbeiten, da wir uns unserer Verantwortung für das Gemeinwohl immer bewusst waren.

Ein Eckpfeiler dieses Grundsatzes ist die Verlässlichkeit von Politik, die Sie jetzt endgültig verspielen.

Wir appellieren an Sie, bedenken Sie bei allem, was Sie tun, das Ende. Sie werden uns bei Ihrer Politik und die des Senats zum Erhalt des sozialen Friedens in der Stadt noch brauchen.

Sollten Sie Ihre und die Unzuverlässigkeit des Senats im Hinblick auf gemeinsame Vereinbarungen jetzt unter Beweis stellen, indem Sie diese Entscheidung nicht zurücknehmen, werden Sie erleben, dass Ihre Beschäftigten in der Polizei das endgültig als einseitige Aufkündigung des Dienst- und Treueverhältnisses werten. Sie lassen sich ihren Beruf nicht in dieser Form von Ihnen „herunterziehen.“

Was Sie vorhaben, ist ein Systemwechsel. Die Beamtinnen und Beamten wissen, dass das der Weg hin zur Discount- und Billigpolizei ist. Sie vertrauen Ihnen nicht mehr und sind der festen Überzeugung, das ist keine einmalige Aktion, das ist Ihre Vorstellung davon, von wem und wie künftig innere Sicherheit gewährleistet werden soll.

Wir waren uns in Deutschland bisher einig, dass die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in den Kernbereichen Justiz, Polizei und Verteidigung ein besonderes Treueverhältnis erfordert. Für Deutschland gilt, dass Eingriffe in die Grundrechte der Bürger nur derjenige ausüben darf, der in einem besonderen Treueverhältnis zum Staat steht.

Darüber hinaus unterstellen wir Ihnen, dass Sie diese Entscheidung nur getroffen haben, weil Sie die öffentliche Reaktion fürchten, wenn Sie rund 900 Auszubildende der Polizei in die Arbeitslosigkeit entlassen, weil andere Bundesländer ebenfalls nicht mehr bzw. nur noch ihre eigenen Auszubildenden übernehmen.
Sie fürchten auch die öffentliche Reaktion, weil Sie begründen müssten, warum Sie in diesem von Krisen geschüttelten Bundesland 90 Mio. Euro Ausbildungskosten in den Sand setzen.
Sie fürchten, dass die Öffentlichkeit zum wiederholten Mal zur Kenntnis nimmt, dass Sie und dieser Senat mit Geld nicht umgehen können, beispielhaft und aktuell wäre das Tempodrom zu nennen.
Sie fürchten, dass die Öffentlichkeit zum wiederholten Mal zur Kenntnis nimmt, dass Menschen in der Stadt ihren Arbeitsplatz verlieren oder gar nicht erst besetzen können, weil Sie damit ihre finanziellen Unregelmäßigkeiten ausgleichen.



Ihnen liegt derzeit ein Konzept der Polizeibehörde vor, mit dem gemäß Ihrer politischen Vorgabe 992 Stellen in so genannten Verwaltungsbereichen gestrichen werden sollen. Sie wissen, dass die Verwaltung der Polizei auf Grund schon vorgenommener Einsparungen „am Limit“ arbeitet. In diesem Konzept müssen deshalb im vollzugsnahen Bereich Stellen gestrichen werden, die Aufgaben fallen aber nicht weg.

Damit brechen Sie zum wiederholten Mal ein Wahlversprechen und handeln entgegen der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und PDS.

Diese Aufgaben müssten dann künftig von Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamten wahrgenommen werden. Das wird auf Grund der Personalsituation in den Abschnitten nicht funktionieren. Sie werden deshalb zur Umsetzung Ihrer Kürzungsvorgaben durch Finanzsenator Sarrazin, die Sie ständig widerstandslos hinnehmen, diese Auszubildenden, die dann ggf. als Angestellte tätig sind, entlassen bzw. in den Überhang und damit in den Stellenpool schicken.

Das alles verbinden Sie wie es scheint mit der Hoffnung, dass es uns auf Grund Ihrer Winkelzüge nicht gelingt, diese Probleme öffentlich werden zu lassen.

Sie sollten sich nicht täuschen.

Ihrer kurzfristigen Antwort sehen wir mit Interesse entgegen. Die Zeit drängt.

Hochachtungsvoll



Detlef Rieffenstahl
Landesbezirksvorsitzender (V)
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